Iran sucht die Öffnung nach Westen
Diplomatie Präsident Hassan Ruhani reist nach Italien und Frankreich. Die wirtschaftlichen Kontakte sollen neu belebt werden. Gleichzeitig wollen die Mullahs ihr Verhältnis zum Christentum normalisieren
Teheran/Rom/Paris Nach mehr als zehn Jahren Isolierung und Abgrenzung suchen Europa und der Iran nach partnerschaftlichen Wegen in die Zukunft. Dazu kommt mit Hassan Ruhani erstmals nach mehr als zehn Jahren ein iranischer Präsident nach Italien (Montag und Dienstag) und Frankreich (Mittwoch und Donnerstag). Höhepunkt der Reise ist ein Treffen mit Papst Franziskus im Vatikan. Ansichten und Ausblicke der Beteiligten:
Iran Die Europa-Reise Ruhanis ist für den Iran von enormer Bedeutung. Es geht dem Land mehr als nur um neue Geschäfte nach dem Atomabkommen und der Aufhebung der Sanktionen. Der Gottesstaat sucht nach einer neuen internationalen Rolle und möchte sein Ansehen aufbessern. Teheran will nicht mehr als Bedrohung, sondern als neuer potenzieller Partner des Westens angesehen werden. „Diese Reise ist ein Neubeginn, in vielen Belangen“, sagt Ruhani. Die neue Zusammenarbeit sei eine Win-winStrategie für alle Beteiligten. Besonders mit Blick auf die Terrorgefahr in der Region, von der auch Europa mit der Flüchtlingskrise betroffen sei.
Italien Rom knüpft politisch und wirtschaftlich hohe Erwartungen an den zweitägigen Besuch Ruhanis. Das zeigt ein italienisch-iranisches Wirtschaftsforum am Dienstag, an dem mehrere hundert Unternehmer beider Länder teilnehmen. Bereits im vergangenen Jahr war eine Delegation italienischer Politiker mit – unter anderem – Vertretern des Industriekonzerns Finmeccanica und des Energiekonzerns Eni nach Teheran gereist. „Ich bin überzeugt, dass wir bald positive Nachrichten im Hinblick auf eine Rückkehr Enis in den Iran hören werden“, sagte Irans Botschafter Jahanbakhsh Mozaffari. Das Unternehmen und Italien seien in einer „privilegierten Position“.
Vatikan Am Dienstag empfängt Papst Franziskus Ruhani zu einer Privat-Audienz. Der Argentinier hatte sich bereits mehrfach zum Atomabkommen geäußert und es als „bedeutende internationale Vereinbarung“gelobt, gleichzeitig aber gefordert, es müsse „für alle Staaten eine wirkliche Verpflichtung darstellen“. Ruhani selbst will – wie sein Amtsvorgänger Mohammed Chatami zuletzt 1999 – für den Dialog der Kulturen und Religionen werben. Der schiitische Iran sendet dem sunnitischen Erzfeind SaudiArabien damit eine Botschaft: Der Iran hat keine Differenzen mit den Christen. Für Franziskus ist es das erste Treffen mit Ruhani; iranische Präsidenten waren in der Vergangenheit aber schon mehrmals im Vatikan zu Gast.
Frankreich Paris möchte nach Einschätzung aus dem Élysée, dass der Iran als „verlässlicher Partner“künftig „eine konstruktive Rolle in der Region spielt“. Vom Besuch Ruhanis in Paris erhofft sich die französische Regierung perspektivisch eine völlige Normalisierung der Beziehungen. Neben den politischen Gesprächen heißt das auch: Geschäfte. Es soll um Energie gehen, um Automobile und die Erneuerung der maroden iranischen Flugzeugbestände. Europas Flugzeugbauer Airbus etwa kann mit einem fetten Auftrag rechnen: Der Iran will 114 Flugzeuge kaufen. „Die zwischenmenschliche Ebene ist gut“, heißt es in Paris. Bei Diplomaten gilt der Iran aber auch als schwieriger Verhandlungspartner: „Es ist kompliziert – jeden Tag, zu jedem Thema. Man muss extrem wachsam sein.“(dpa)