Vorsichtige Zuversicht in Davos
Wie die Teilnehmer die globalen Krisen sehen
Davos Alle Jahre wieder hat in Davos ein Kalauer Konjunktur: Das Problem mit Prognosen bestehe darin, dass sie die Zukunft betreffen. Das war auch beim 46. Weltwirtschaftsforum (WEF) zu hören – ehe fast alles aufgezählt wurde, was 2016 passieren könnte: eine noch stärkere Verlangsamung des chinesischen Wachstums, kollabierende Ölpreise, Terroranschläge, die Eskalation bewaffneter Konflikte samt Verschärfung der Flüchtlingskrise, der „Brexit“, also der Ausstieg Großbritanniens aus der EU, und das Wechselkurschaos durch eine konkurrierende Währungspolitik der Zentralbanken.
„Willkommen in der Krisenökonomie, wo der Tumult regiert“, titelte passenderweise das Wall Street Journal in einer WEF-Sonderbeilage. Und nicht wenige stimmten in den Chor der Pessimisten ein. Die Zuversicht der Konzernlenker sei Ende 2015 gegenüber 2014 gesunken, konstatierte die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) prophezeite einen Anstieg der globalen Arbeitslosigkeit.
Da überraschte, dass ausgerechnet der „Prophet des Untergangs“, der US-Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini, besänftigend wirkte. Immerhin hatte er die Finanzkrise von 2008 vorhergesagt, was ihm den Spitznamen Dr. Doom eintrug (etwa: Dr. Unheil). Nein, sagte Roubini auf eine Interviewfrage des Business Insider, 2016 werde kein neues 2008. „Ich erwarte keine globale Rezession oder finanzielle Krise.“Eine gewisse Beunruhigung hinsichtlich der weltwirtschaftlichen Entwicklung kann Roubini zwar nachvollziehen. Eine „harte Landung“sei aber nicht zu befürchten, sagt der Experte. China werde den nötigen Umbau von einer exportorientierten zu einer auf Konsum und Binnennachfrage basierenden Volkswirtschaft schaffen.
Ähnlich äußerte sich die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde. China könne einen „kontrollierten Übergang“meistern. Es gebe gute Gründe für Optimismus. Das sah US-Außenminister John Kerry ähnlich. Er warb in einer bewegenden Rede für Zuversicht: Der Klimavertrag von Paris und der Deal mit dem Iran – das seien große Erfolge.
Viel Beifall gab es für die Haltung des neuen kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau. Er sieht in Flüchtlingen gar die „Zukunft meines Landes“. Doch nahezu alle europäischen Spitzenpolitiker, die sich in Davos auf eine Debattenbühne stellten, hatten eine andere Botschaft: Der Zustrom von Flüchtlingen müsse gebremst und deutlich verringert werden. (dpa)