Ansichten einer Nonne
Interview Janina Hartwig ist als Schwester Hanna der Fernsehliebling in der Kultserie „Um Himmels Willen“. Sie erzählt von ihrer Einstellung zu Gott und Genuss, zum Paradies und zur Beichte. Und von ihrem Film-Partner Fritz Wepper
Was gibt es denn Neues in der Kultserie „Um Himmels Willen“? Hartwig: Na ja – das Prinzip ist immer dasselbe und das muss auch so bleiben. Wöller will wieder mal das Kloster haben, weil er eine Superidee hat, um seine Gemeinde Kaltenthal zu beglücken. Schwester Hanna versucht alles, um das zu verhindern. Sie überschreitet diesmal richtig ihre Kompetenzen und bekommt mächtig Ärger mit der Mutter Oberin. So etwas zu spielen, macht mir besonders Spaß.
Sie sagen, das ist immer dasselbe Grundprinzip. Warum hat die Serie trotzdem so unglaublichen Erfolg? Hartwig: Ich bin selber überrascht, dass den Autoren angesichts dieser Grundkonstellation immer wieder etwas Unterhaltsames einfällt.
Macht das Spaß, so lange ein und dieselbe Rolle zu spielen? Hartwig: Ich bin jetzt tatsächlich schon zehn Jahre dabei, aber ich habe selten eine Rolle gehabt, die so viel Möglichkeiten bietet – trotz des einschränkenden Kostüms. Das ist eine Herausforderung, wenn man als Schauspielerin nur die Körpersprache und das Gesicht zur Verfügung hat. Da lässt sich nicht mit einem sexy Kostüm nachhelfen, um Effekte zu erzielen. Es gibt nur Gestik und Mimik. Es wäre dumm, so eine Rolle aufzugeben.
Werden Sie auf der Straße schon als Schwester Hanna angesprochen? Hartwig: Na klar. Das tun die Leute gerne. Das ist aber auch bei anderen Kollegen so. Wenn einer einen Arzt spielt, glauben auch manche, dass er medizinisch Bescheid wissen muss. Aber wir sind Schauspieler. Wenn ich einen Mörder spiele, muss ich niemanden umgebracht haben, um ihn ordentlich darzustellen.
Wie viel Schwester Hanna steckt in Ihnen? Sind Sie auch so aufgedreht fröhlich und freundlich? Hartwig: Ach, Hanna ist ja gar nicht immer fröhlich und freundlich. Die kann auch anders – wenn sie nicht mehr weiter weiß oder wenn sie ihre Kompetenzen überschreitet. Hanna hat durch ihren Glauben eine unglaubliche Zuversicht. Und das ist es wohl, was die Zuschauer so an ihr mögen. Egal was passiert, sie ist immer der Meinung: Das wird schon einen Sinn haben. Bei Hanna ist das Glas immer halb voll und nicht halb leer.
Wie ist Fritz Wepper, also Bürgermeister Wöller, privat? Ein Münchner Stenz? Ein eitler, in die Jahre gekommener Gockel? Oder ein netter, erstaunlich umgänglicher Typ? Hartwig (lacht): Da werde ich mich auf keine der Aussagen festlegen. Ich habe mit Fritz einen Kollegen, dem ich sehr dankbar bin. Als ich nämlich vor zehn Jahren in diese Rolle geschlüpft bin, hatte ich ein schweres Erbe zu schultern: Ich musste nach dem Abgang von Jutta Speidel die Quoten halten. Das war nicht leicht. Fritz war damals unglaublich kollegial und hat mich sofort auf Augenhöhe angenommen. Es macht mir unglaublich viel Spaß, mit ihm zu spielen.
Warum das? Hartwig: Wir haben einen ähnlichen Humor. Und Komödie zu machen ist richtig schwer. Aber Fritz und ich verstehen uns blind. Einer von uns gibt etwas vor, der andere setzt noch eins drauf und so ergänzen wir uns. In guten Momenten schaffen wir zwischen den Zeilen etwas, was nicht geschrieben werden kann. Das sind unsere Sternstunden. Also: Fritz und ich, wir pflegen eine kollegiale Freundschaft.
Die Frage ist Ihnen wahrscheinlich auch schon oft gestellt worden ... Hartwig: Wie halten Sie es mit der Religion?
Genau. Hartwig: Als Kind der DDR gehöre ich keiner Konfession an. Trotzdem glaube ich, dass es zwischen Himmel und Erde Dinge gibt, die wir uns nicht mit menschlichem Verstand erklären können. Ich nenne es Schicksal oder Energie. Alles, was wir tun, setzt Energie frei. Und das kommt auch irgendwann auf uns zurück – im Guten, wie im Schlechten.
Aber Wiederauferstehung, Himmel, Paradies sind eher nicht so Ihre Welt? Hartwig: Ich lebe im Hier und Jetzt und versuche, dies so intensiv wie möglich zu tun. Wer ist für Sie Jesus? Gottes Sohn? Der größte jemals lebende Sozialrevolutionär? Oder ein jüdischer Wanderprediger? Hartwig: Er war all das. Er ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Das bestimmt unsere Kultur und unsere Werte – egal, ob wir gläubig, ungläubig oder Agnostiker sind.
Kennen Sie einen anderen Glauben, der besser ist als der christliche? Hartwig: Nein. Ich finde, jeder Glaube hat seine Berechtigung, wenn er die anderen respektiert und toleriert. Nichts ist schlimmer als Intoleranz.
Sie leben mit einem Münchner Sternekoch zusammen. Spielt Essen seitdem für Sie eine andere Rolle? Hartwig: Ich war schon immer ein Genussmensch. Aber ich habe jetzt viel gelernt über Essen, Weine und so weiter. Das ist sehr bereichernd.
Was essen Sie am liebsten? Hartwig: Der Lammbraten meiner Mutter mit Klößen und grünen Bohnen. Den krieg ich immer, wenn ich nach Hause komme.
Wie sollte man genießen? Hartwig: Wie man das Leben immer genießen sollte, im Augenblick. Also: Wenn ich esse, versuche ich, mit allen Sinnen beim Essen zu sein. Wenn ich durch den Wald jogge, stopfe ich mir keine Kopfhörer in die Ohren, sondern versuche, die Geräusche des Waldes aufzunehmen. Das Verlangsamen ist in unserer Zeit aber ganz schön anstrengend.
Haben Sie ein Hobby? Hartwig: Ich brauche viel Bewegung, mache Yoga, damit ich mich in meinem Körper wohlfühle. Wenn meine Nerven zu flattern anfangen, gehe ich in den Wald. Der ist glücklicherweise um die Ecke. Ansonsten beschäftige ich mich gerne mit Kunst und Kultur.
Sie leben seit Jahren in München. Was gefällt Ihnen hier so, dass Sie Bayern Ihrer Geburtsstadt Berlin vorziehen? Hartwig: Man kann in München toll leben, allerdings benötigt man das nötige Kleingeld, denn München ist teuer. Aber ich liebe die Berge oder die Nähe zu Italien – das ist grandios. Es gab nie eine Notwendigkeit, woanders hinzuziehen.
Interview: Josef Karg
Geboren Janina Hartwig wurde in Ostberlin geboren.
Karriere Mit 17 wurde sie an der renommierten Ernst-BuschSchauspielschule aufgenommen und war zehn Jahre lang das Küken im Ensemble des Dresdner Staatsschauspiels. Nach der Wende knüpfte sie nahtlos an ihre Erfolge an. Richtig bekannt wurde sie mit ihrer Rolle als Anwältin in „Aus heiterem Himmel“und nun als Schwester Hanna in „Um Himmels Willen (jeden Dienstag, 20.15 Uhr, ARD).
Privat Anfang der 1990er war Hartwig mit dem Schauspieler Miroslav Nemec liiert und hat mit ihm eine Tochter, 23. Ihr Sohn, 8, stammt aus ihrer Ehe mit einem Cellisten. Derzeit ist sie mit einem Sternekoch zusammen und lebt mit ihm und ihrem Sohn in München.
Serie „Um Himmels Willen“läuft seit 2002 dienstags ab 20.15 Uhr im Ersten. Vergangene Woche wurde die erste von 13 Folgen der 15. Staffel ausgestrahlt. (jok)