Guenzburger Zeitung

Die Krux mit dem Eis-Kratzen

Sicherheit Bei Minusgrade­n kämpfen Autobesitz­er regelmäßig mit Eis und Schnee auf ihren Scheiben. Wie sich freie Sicht schaffen lässt und was Fahrer im Winter noch beachten müssen

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Eine zentimeter­hohe Schneedeck­e und darunter eine hartnäckig­e Eisschicht: Autobesitz­er, die ihren Wagen im Winter draußen parken, kommen um langwierig­es Kratzen häufig nicht umhin. Denn wer seine Fahrt nur mit einem kleinen Guckloch startet, riskiert eine Geldstrafe. Allerdings sollte man nicht einfach wild draufloskr­atzen – und auch von Hausmittel­n wie heißem Wasser oder einer Wärmflasch­e raten Experten dringend ab.

Vincenzo Lucà vom TÜV Süd empfiehlt, „Eis einfach so gut wie möglich zu vermeiden“. Das gehe am einfachste­n mit einer Abdeckplan­e aus dem Baumarkt. Der Schutz wird über die Frontschei­be gelegt. „So muss man schon mal eine Scheibe weniger freikratze­n“, sagt Lucà. Für den Rest des Autos „hilft dann aber wohl oder übel nur noch Handarbeit“, ergänzt Johannes Boos vom ADAC.

Dabei sei vor allem das richtige Werkzeug wichtig. Boos empfiehlt einen Eiskratzer aus stabilem Kunststoff, der im Idealfall drei Kanten hat: Eine grobe, um eine dicke Eisschicht aufzurauen, eine flache, um das gelockerte Eis von der Scheibe zu schieben und eine Gummilippe, mit der sich der Wasserfilm entfernen lässt. Nicht verwenden sollten Autobesitz­er Metallkrat­zer oder gar Spachtel, fügt Lucà hinzu. Von improvisie­rten Enteisern wie Parkscheib­en, Scheckkart­en oder CDs halten beide Experten aber nichts – zu groß sei die Gefahr kleiner Risse.

Aus diesem Grund warnt Boos auch davor, mit dem Eiskratzer wild auf der Scheibe hin- und herzureibe­n. Denn dabei würden die Autobesitz­er die Schmutzpar­tikel nur auf der Fläche verteilen. Auf der Scheibe habe das „den gleichen Effekt wie Schmirgelp­apier“. Stattdesse­n sollte man seiner Ansicht nach immer im flachen Winkel kratzen, mit einem leichten Druck und am besten von oben nach unten oder von außen nach innen.

Hilfreich ist es nach Boos Einschätzu­ng auch, beim Abstellen des Autos noch einmal die Scheibenwa­schanlage zu betätigen. Denn eine saubere Scheibe verkratze beim Enteisen nicht so schnell wie eine verschmutz­te. Das hat nach Ansicht

Guckloch Wer nur ein kleines Loch freikratzt, muss im Ernstfall zehn Euro Bußgeld zahlen.

Autodach Wenn das Autodach nicht von Schnee befreit wird, kann das schnell 25 Euro kosten.

Laufender Motor Wer das Auto warmlaufen lässt, riskiert eine Strafe von zehn Euro.

Kennzeiche­n Ein eingeschne­ites Kennzeiche­n kann ein Bußgeld von fünf Euro nach sich ziehen.

Licht Wer bei Schnee ohne Licht fährt, muss bis zu 35 Euro berappen. des Experten noch einen weiteren Vorteil: Das frische Frostschut­zmittel in den Düsen bewirkt, dass sie eisfrei bleiben.

Wer morgens wenig Zeit habe, könne auf Enteisungs­spray zurückgrei­fen, erläutert TÜV-Experte Lucà. Dadurch taue die Eisschicht schneller auf und könne dann leichter entfernt werden. Das Spray sollte allerdings keinesfall­s verwendet werden, um eine von innen vereiste Scheibe zu behandeln. Denn an der frischen Luft seien die Dämpfe zwar unbedenkli­ch, im Innenraum des Autos könnten sie Lucà zufolge aber gesundheit­sschädlich sein.

Damit die Scheibe nicht von innen gefriert, „muss die Feuchtigke­it aus dem Auto raus“, betont Boos vom ADAC. Das sei im Winter, wenn Kleidung und Schuhe regelmäßig nass werden, allerdings

Reifen Ist ein Autofahrer bei Glatteis oder Schnee ohne Winterreif­en unterwegs, riskiert er ein Bußgeld von 60 Euro und einen Punkt. Baut er einen Unfall, erhöht sich die Strafe auf 120 Euro und einen Punkt.

Tempo Für Raser kann es bei Schneefall teuer werden. Wer nicht weiter als 50 Meter sehen kann und dennoch zu schnell fährt, zahlt Strafen zwischen 80 und 680 Euro. Außerdem kann das bis zu zwei Punkten und drei Monaten Fahrverbot führen. (Quelle: Bußgeldkat­alog 2016) schwierig. Eine Möglichkei­t sei, die Fußmatten durch Gummimatte­n zu ersetzen – und diese dann regelmäßig zum Trocknen aus dem Auto zu nehmen. Wer die Möglichkei­t hat, sollte außerdem sein Auto regelmäßig in der Garage abstellen und „gut durchtrock­nen lassen“. Da die Eisschicht an der Innenseite der Scheibe meist dünn sei, könnten Autobesitz­er sie auch schmelzen lassen, indem sie die Heizung aufdrehen, sagt Vincenzo Lucà. Der Luftstrom sollte dabei voll auf die Windschutz­scheibe gerichtet sein.

Das gilt nicht nur im Winter. Auch im Herbst beschlagen die Scheiben häufig von innen. Um den feinen Wassertrop­fen zu Leibe zu rücken, empfiehlt der TÜV Nord, beim Heizen auch die Lüftungsdü­sen in der Mittelkons­ole völlig zu verschließ­en. Es könne auch helfen, die Klimaanlag­e zusätzlich anzuschalt­en.

Um Feuchtigke­it im Auto von vorneherei­n zu verhindern, sollte man nach Einschätzu­ng der Experten regelmäßig die Lüftungssc­hlitze im Motorraum oder im Kofferraum überprüfen und gegebenenf­alls von nassem Laub befreien. Alte Dichtungen an Türen, Schiebedac­h oder Fenstern könnten Autofahrer außerdem mit Talkum-Puder oder Silikonöle­n einreiben. Wenn die Scheibe während der Fahrt plötzlich beschlägt, hilft dem TÜV Nord zufolge aber nur eines: Rechts ranfahren und das Fenster mit einem speziellen Schwamm wieder sauberwisc­hen.

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Ein stabiler Kratzer aus Kunststoff, die Finger mit einem dicken Handschuh geschützt: So rücken Autobesitz­er der Eisschicht auf ihren Scheiben am besten zu Leibe. Von Hausmittel­n wie kochendem Wasser oder einer Wärmflasch­e raten Experten ab.
Foto: Patrick Pleul, dpa Ein stabiler Kratzer aus Kunststoff, die Finger mit einem dicken Handschuh geschützt: So rücken Autobesitz­er der Eisschicht auf ihren Scheiben am besten zu Leibe. Von Hausmittel­n wie kochendem Wasser oder einer Wärmflasch­e raten Experten ab.

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