Habe nur ich ein Absatzproblem?
Am gepflegten Schuh erkennt man den Charakter. Das hat mich schon mein Opa gelehrt. Putzen ist daher Pflicht. Abgelaufene Absätze gehen gar nicht. Nur, wie schaffen es manche Frauen, gerade in diesen splittreichen Tagen mit hohen Absätzen durch die Stadt zu kommen? Mir ein Rätsel! Ich balanciere auf Zehenspitzen, versuche den Steinchen so gut es geht auszuweichen und habe bei Terminen, bei denen mir mein Auftreten besonders wichtig ist, in der Regel ein zweites Paar dabei. Doch gerade im Konzert und Theater fällt mir auf, wie Damen erhobenen Hauptes und mit hohem Schuh von draußen kommend an mir vorbeistolzieren, während ich noch beschäftigt bin, mein Schuhwerk möglichst unbemerkt zu verstauen. Respekt! Da kann ich nicht mithalten.
Zumal ich ein generelles Absatzproblem habe: Bei mir sehen die Schuhe nach kürzester Zeit aus als hätte ich sie schon über Jahre strapaziert, als liefe ich ausschließlich auf Kieswegen. Mittlerweile frage ich mich natürlich auch, ob ich vielleicht zu fest auftrete, zu schnell oder gar ganz und gar falsch laufe? Und wie kann es überhaupt sein, dass es viele Frauen über Stunden in hohen Schuhen aushalten, ohne in Tränen des Schmerzes auszubrechen? Noch so ein Rätsel für mich.
Jetzt werden Sie zu Recht denken: Soll sie doch einfach in bequeme Treter wechseln. Da kann sie festen Schrittes marschieren. Die Absätze sind splittabweisender und winterhärter. Stimmt alles. Aber schöner ist eben das andere Fußkleid, das elegante, das mit hohen Absätzen. Hohe Schuhe erheben einen ein wenig. Sie machen in der Regel einen schöneren Fuß. Und es heißt doch: Schönheit muss leiden. Noch so ein Spruch meiner Kindheit. Stammt nicht von meinem Großvater. Aber der Spruch erklärt, warum ich weiter Splitt verabscheue, gelegentliche Druckgefühle ertrage, stets ein bequemes Reservepaar im Auto habe und froh bin, dass es noch Schuster gibt.