Wehe, wenn Stevens lobt
Stellen Sie sich vor, Sie hätten mal wieder alles für die Firma gegeben. Die Familie und den Hund vernachlässigt, dafür den Börsenwert ihres Unternehmens mit genialen Schachzügen auf ein Rekordhoch getrieben. Kommentar Ihres Chefs beim Teammeeting: Wofür haben wir den Maier denn? Ein klarer Fall für ein halbjähriges GrundlagenSeminar über Mitarbeiterführung.
Es fiele einem auch noch der ein oder andere Vorgesetzte ein, den man dort gerne verschwinden sähe. Als Ersten aber Huub Stevens. Der Holländer, der Spieler, Journalisten und Holzklötze unterschiedslos behandelt, gefällt sich in der Rolle des Scharfrichters. Den Auftritt seines Torhüters Oliver Baumann, der beim 1:1 der TSG Hoffenheim gegen Leverkusen das Spiel seines Lebens geliefert hat, kommentiert er im Stile eines Sprachcomputers: „Der hat die Handschuhe an, dann muss er die Bälle halten.“
Andere hätten sich dem Tausendsassa im Hoffenheimer Kasten beeindruckt zu Füßen geworfen, was die Leverkusener aus Verzweiflung getan haben. Stevens aber setzt, in der Tradition alter Viehtreiber wie Ernst Happel, Werner Lorant und John Wayne, auch im neuen Jahr auf den hingeraunzten Befehl. Der Knurrer von Kerkrade hat seine schlechte Laune über die Winterpause gerettet. Ob das Hoffenheim vor dem Abstieg bewahrt, ist ungewiss. Bislang haben die Kraichgauer eher verstört auf das Trainerbellen reagiert. Fürs Erste sind sie den letzten Tabellenplatz los, weil sich Hannover 96 hinter sie gedrängt hat. Der Wechseleffekt mit Thomas Schaaf für Michael Frontzeck hat dort nicht gezündet. Die Niedersachsen marschieren entschlossen in Richtung zweiter Liga.
Überhaupt hat sich zum ersten Rückrundenstart viel fortgesetzt, was die Klubs zur Hinrunde begonnen haben. Der FC Ingolstadt gewinnt seine Spiele weiter 1:0. Auch Darmstadt gewinnt. Auswärts sogar lieber als zu Hause. Zwei widerspenstige Aufsteiger, die ihr karges Dasein im Kreise der Großmächtigen leidenschaftlich verteidigen. Kontinuität auch beim FC Augsburg, der mit dem 0:0 in Berlin seine Form über die Winterpause gehalten hat.
Und beim FC Bayern? Alles beim Alten. Die Münchner gewinnen ihre Spiele und verlieren ihre Spieler. Beim 2:1 in Hamburg traf es Jérôme Boateng. Die Roten können die meisten ihrer Akteure annähernd gleichwertig ersetzen – Boateng dagegen nicht. Für die Meisterfrage ist das belanglos. Die Schale holen sie auch ohne den Abwehrstrategen. Für die Champions League könnte sein Ausfall entscheidend sein.
Was Stevens und John Wayne dem verletzten Boateng zuknurren würden? Reiß dich zusammen. Wir kämpfen bis zum letzten Blutstropfen. Einer muss die Komantschen aufhalten.
TENNIS Australian Open Eurosport, 7/1 Uhr