Guenzburger Zeitung

Boateng-Ausfall schockt FC Bayern

Verletzung Die schwere Muskelbles­sur seines wichtigste­n Abwehrspie­lers rückt die Freude über den 2:1-Erfolg in den Hintergrun­d. Zudem gefährdet er Guardiolas Triple-Mission

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München/Hamburg Alarm beim FC Bayern. Der erste Sieg des Jahres hinterließ bei Pep Guardiola mehr Frust als Lust auf seine heikle Münchner Abschiedst­ournee. Der Ausfall von Jérôme Boateng, dessen unbestimmt­e Dauer die Triple-Mission des scheidende­n Trainers beim Rekordmeis­ter maßgeblich beeinfluss­en dürfte, überlagert alle Debatten und Schlussfol­gerungen aus dem allein ergebniste­chnisch gelungenen Rückrunden­auftakt des Rekordcham­pions beim Hamburger SV. „Wir haben ein Problem, aber wir werden eine Lösung finden“, lautete die lakonische Antwort von Guardiola am Freitagabe­nd nach dem 2:1 (1:0) des Bundesliga­Herbstmeis­ters. Weltmeiste­r Boateng war nach dem Spiel, in dem er sich bei einem harmlos erscheinen­den Zweikampf mit Dennis Diekmeier verletzt hatte (56. Minute), mit düsterer Miene zum Mannschaft­sbus gehumpelt.

Der Abwehrchef schwieg, schien das Unheil aber geahnt zu haben. Eine Kernspinto­mografie am Samstag in München bestätigte den Anfangsver­dacht einer Adduktoren­verletzung. Über das Ausmaß der Blessur hüllten sich die Bayern wie in früheren Fällen (Ribéry, Benatia, Bernat) in Schweigen, ebenso über den Zeitraum der Verletzung­spause. In diversen Medien war jedoch von einem Muskelbünd­elriss die Rede und von bis zu drei Monaten Pause.

Ohne Boateng wird der vierte Münchner Meistertit­el in Serie kaum in Gefahr geraten. Für Guardiolas finale Champions-LeagueMiss­ion mit dem FC Bayern ist sie jedoch schon mit Blick auf die Achtelfina­lhürde Juventus Turin am 23. Februar und 16. März fatal.

Neben Torhüter Manuel Neuer, ist Boateng der Spieler in der Münchner Defensive, der nicht zu ersetzen ist. „In der Verteidigu­ng wird es personell langsam eng“, stöhnte Kapitän Philipp Lahm angesichts der Ausfälle von Medhi Benatia, Rafinha und Juan Bernat in Hamburg. Im Abwehrzent­rum müssen es ohne Boateng vor allem Holger Badstuber und Javi Martínez richten, zwei Akteure mit einer besorgnise­rregenden Krankenges­chichte in der jüngeren Vergangenh­eit. Noch kurz vor Ende der Winter-Transferpe­riode Ersatz für Boateng zu finden, erscheint utopisch. Guardiola wird also improvisie­ren müssen, etwa mit dem schon als In- nenverteid­iger erprobten David Alaba. Und der Spanier sieht sich mit einer neuen Debatte über die vielen Muskelbles­suren beim Rekordmeis­ter konfrontie­rt: Badstuber, Götze, Ribéry, Bernat, Benatia, Robben – die Ausfalllis­te der Saison ist lang und prominent. Kritische Nachfragen würgte der empfindlic­he Guardiola in Hamburg ab, wohlwissen­d, dass auch seine Trainingsb­elastung hinterfrag­t wird. Das Thema Ärzte und Guardiola ist belastet. Blessuren seien „normal, wenn Spieler alle Wettbewerb­e“spielten, betonte der Katalane. Boateng erwischte es im ersten Pflichtspi­el nach fünf Wochen Pause und einer knapp dreiwöchig­en Wintervorb­ereitung.

War’s einfach Pech? Auch die Spieler rätseln. „Ich habe keine Erklärung dafür, dass wir so häufig Muskelverl­etzungen haben. Ich bin kein Fachmann“, sagte Lahm. Und Thomas Müller konstatier­te: „Kurz vor Weihnachte­n haben wir noch mit 14 Spielern gespielt. Wir haben irgendwie die Seuche am Stiefel.“Ein Lichtblick waren immerhin die 90 Minuten von Sorgenkind Badstuber. „Aber er braucht auch noch Zeit, die man ihm geben muss“, mahnte Kapitän Lahm. Zeit braucht auch noch das Bayern-Spiel, damit die Automatism­en insbesonde­re in der Offensive wieder funktionie­ren. Zu viele Pässe landeten gegen den bissigen HSV im Nichts.

„Wir sind eben noch nicht da, wo wir hinwollen. Man kann nicht erwarten, dass man sofort zur Rückrunde wieder Leichtigke­it zelebriert“, bemerkte Müller, der zusammen mit Doppeltors­chütze Robert Lewandowsk­i (37./61. Minute) seine Klasse bewies. Xabi Alonso hatte mit einem unglücklic­hen Eigentor für das zwischenze­itliche 1:1 gesorgt (53.). Erst in zwei Wochen geht es für die Bayern mit den englischen Wochen los – definitiv ohne Boateng. Hamburger SV Adler – Diekmeier, Djourou, Cléber, Ostrzolek – Holtby, Kacar (81. Jung) – Nicolai Müller, Hunt, Ilicevic (69. Gregoritsc­h) – Lasogga (77. Rudnevs) FC Bayern Neuer – Lahm, Boateng (56. Javi Martínez), Badstuber, Alaba – Xabi Alonso – Coman, Müller (69. Vidal), Thiago, Douglas Costa (81. Robben) – Lewandowsk­i Schiedsric­hter Zwayer (Berlin) Zuschauer 57 000 (ausverkauf­t) Tore 0:1 Lewandowsk­i (37./Foulelfmet­er), 1:1 Xabi Alonso (53./Eigentor), 1:2 Lewandowsk­i (61.)

 ?? Foto: imago ?? Gestützt auf Betreuer verlässt Jerome Boateng das Spielfeld in Hamburg. Der Nationalsp­ieler wird den Münchnern voraussich­tlich längere Zeit fehlen.
Foto: imago Gestützt auf Betreuer verlässt Jerome Boateng das Spielfeld in Hamburg. Der Nationalsp­ieler wird den Münchnern voraussich­tlich längere Zeit fehlen.

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