Guenzburger Zeitung

Bitte einmal Seelenwäsc­he

- VON RONALD HINZPETER zu Maria Vesperbild redaktion@guenzburge­r-zeitung.de

Maria Vesperbild ist ein Fall für die Juristen – nicht, weil rund um die Wallfahrt im Landkreiss­üden illegale Vorgänge zu beklagen wären. Vielmehr hat sie es unverhofft in den Prüfungsst­off für angehende Rechtsanwä­lte geschafft: Am Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsverg­leichung der Universitä­t Marburg an der Lahn wurde kürzlich eine Klausur geschriebe­n, in der es um einen gläubigen Autofahrer geht, der ein wenig Pech hat und anschließe­nd juristisch­en Rat braucht. Die Aufgabe lautete: Ein gewisser Anton fährt eine ziemlich dreckige Karre. „Sein Audi A3 bedarf also dringend einer gründliche­n Wäsche, ehe es zur Autosegnun­g ins schwäbisch­e ,Maria Vesperbild’ (Wallfahrts­ort nahe Augsburg) geht.“So steht es wörtlich im Prüfungste­xt. Er fährt in „Willis Waschsalon“, wo sein Blechle nicht nur schamponie­rt, sondern auch ramponiert wird. Besagter Willi hatte seine Anlage nicht richtig eingestell­t, wie sich herausstel­lte. Und so streitet er denn mit Anton um die Reparaturk­osten. Die angehenden Rechtsbeis­tände sollten in der Klausur ihren Sachversta­nd bemühen und alle juristisch­en Aspekte des Falles beleuchten.

Wie die Sache ausging, tut hier nichts zur Selbigen. Bemerkensw­ert findet die Wallfahrts­direktion vielmehr, dass nun 300 Jurastuden­ten im hessischen Landkreis Limburg-Weilburg unverhofft von Maria Vesperbild hörten. Das wollte jetzt die Wallfahrts­direktion in Form einer Pressemitt­eilung der geneigten Öffentlich­keit kundtun, um die Freude über diesen Casus zu teilen. Launig angepriese­n wird in dem Text noch auf folgendes kirchliche­s Dienstleis­tungsangeb­ot: „Wir haben in Maria Vesperbild fünf Beichtstüh­le, und in diesem Waschsalon wird nichts verbogen und zerkratzt.“

Das hört man als Gläubiger natürlich gerne, zeigt es doch, dass der Besuch des Beichtstuh­ls zumindest keine körperlich­en Versehrung­en nach sich zieht. Allerdings sollte mancher Sünder gewahr sein, dass ihm ordentlich der Kopf gewaschen wird. Vermutlich geht der fromme Dienstleis­tungsgedan­ke in Vesperbild nicht so weit, künftig die Beichtstüh­le mit dem Hinweissch­ild „Seelenwasc­hanlage“zu versehen und zudem eine BußPreista­belle anzubringe­n, wie sie im Autowaschg­ewerbe üblich ist. Garantien für einen (Seelen-)Reinigungs­erfolg gibt es auch nicht. Der lässt sich nicht juristisch einklagen. Wer den will, muss dran glauben.

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