Bitte einmal Seelenwäsche
Maria Vesperbild ist ein Fall für die Juristen – nicht, weil rund um die Wallfahrt im Landkreissüden illegale Vorgänge zu beklagen wären. Vielmehr hat sie es unverhofft in den Prüfungsstoff für angehende Rechtsanwälte geschafft: Am Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsvergleichung der Universität Marburg an der Lahn wurde kürzlich eine Klausur geschrieben, in der es um einen gläubigen Autofahrer geht, der ein wenig Pech hat und anschließend juristischen Rat braucht. Die Aufgabe lautete: Ein gewisser Anton fährt eine ziemlich dreckige Karre. „Sein Audi A3 bedarf also dringend einer gründlichen Wäsche, ehe es zur Autosegnung ins schwäbische ,Maria Vesperbild’ (Wallfahrtsort nahe Augsburg) geht.“So steht es wörtlich im Prüfungstext. Er fährt in „Willis Waschsalon“, wo sein Blechle nicht nur schamponiert, sondern auch ramponiert wird. Besagter Willi hatte seine Anlage nicht richtig eingestellt, wie sich herausstellte. Und so streitet er denn mit Anton um die Reparaturkosten. Die angehenden Rechtsbeistände sollten in der Klausur ihren Sachverstand bemühen und alle juristischen Aspekte des Falles beleuchten.
Wie die Sache ausging, tut hier nichts zur Selbigen. Bemerkenswert findet die Wallfahrtsdirektion vielmehr, dass nun 300 Jurastudenten im hessischen Landkreis Limburg-Weilburg unverhofft von Maria Vesperbild hörten. Das wollte jetzt die Wallfahrtsdirektion in Form einer Pressemitteilung der geneigten Öffentlichkeit kundtun, um die Freude über diesen Casus zu teilen. Launig angepriesen wird in dem Text noch auf folgendes kirchliches Dienstleistungsangebot: „Wir haben in Maria Vesperbild fünf Beichtstühle, und in diesem Waschsalon wird nichts verbogen und zerkratzt.“
Das hört man als Gläubiger natürlich gerne, zeigt es doch, dass der Besuch des Beichtstuhls zumindest keine körperlichen Versehrungen nach sich zieht. Allerdings sollte mancher Sünder gewahr sein, dass ihm ordentlich der Kopf gewaschen wird. Vermutlich geht der fromme Dienstleistungsgedanke in Vesperbild nicht so weit, künftig die Beichtstühle mit dem Hinweisschild „Seelenwaschanlage“zu versehen und zudem eine BußPreistabelle anzubringen, wie sie im Autowaschgewerbe üblich ist. Garantien für einen (Seelen-)Reinigungserfolg gibt es auch nicht. Der lässt sich nicht juristisch einklagen. Wer den will, muss dran glauben.