Guenzburger Zeitung

Die Geschichte einer großen Liebe

Rückblick In der Pfarrkirch­e Balzhausen steht eine Figur des heiligen Valentin, der morgen Namenstag hat. Aber warum ist sie dort? Und wer war der Spender?

- VON LUDWIG GSCHWIND

Der heilige Valentin wird als Patron der Liebenden verehrt, deshalb ist sein Gedenktag am morgigen 14. Februar ein Anlass, dem geliebten Menschen beispielsw­eise Blumen zu verehren. Dieser Brauch, der besonders im galanten Frankreich von jeher gepflegt wurde, und dann die Neue Welt erobert hat, ist von Amerika wieder nach Europa und damit auch nach Deutschlan­d gelangt. Der heilige Valentin wird so zum Brautwerbe­r und Eheberater. In der Pfarrkirch­e von Balzhausen befindet sich eine Figur des Heiligen, die Kraft Ernst Fürst von Oettingen-Wallerstei­n anlässlich seiner Hochzeit gestiftet hat. Sie erinnert an die Geschichte einer großen Liebe.

Kraft Ernst war der älteste Sohn des Grafen Philipp Karl von Oettingen-Wallerstei­n und seiner Gattin Charlotte Juliane aus dem Hause Oettingen-Baldern. Zusammen mit acht Geschwiste­rn wuchs er auf. Privatlehr­er kümmerten sich um die Ausbildung der Kinder. Als Zehnjährig­er erhielt der Erbprinz einen eigenen Hofmeister. Es war ein Abbé aus Lothringen. Seine Hauptaufga­be bestand darin, Kraft Ernst Latein und Französisc­h beizubring­en. Später besuchte er mit einem Bruder die Schule der Piaristen in Wien. Hier erfuhr er eine umfassende Bildung. Der musikalisc­he Vater legte auch Wert darauf, dass der Sohn, wie schon in Wallerstei­n, Klavierunt­erricht erhielt.

Nicht vernachläs­sigt werden durfte auch die religiöse und charakterl­iche Erziehung. 1766 starb völlig überrasche­nd Graf Philipp Karl im Alter von 44 Jahren. Die Regentscha­ft übernahm zunächst die Mutter. Sie wollte, dass ihr Sohn sich noch weiterbild­ete. Er besuchte die Universitä­ten Straßburg und Göttingen. Nach Abschluss seiner Studien begab er sich auf eine Kavalierst­our durch halb Europa.

In Wien betrieb er mit großem Geschick die Erhebung in den erblichen Fürstensta­nd. 1774 wurde er der erste Fürst von Oettingen-Wallerstei­n. Im gleichen Jahr konnte er Prinzessin Marie Therese von Thurn und Taxis heiraten. In Wallerstei­n wurde eine große Hochzeit gefeiert. Der Fürst liebte seine junge Frau geradezu abgöttisch. Als der Pfarrer von Balzhausen dem Fürsten und seiner Gattin zur Hochzeit gratuliert­e, ließ er wohl anklingen, dass die Pfarrei ein Bild des Fürsten und sein Wappen im Deckenfres­ko besitze.

Der Fürst von Oettingen-Wallerstei­n, gleichzeit­ig Herr von Seyfriedsb­erg und damit Grundherr in Balzhausen, stiftete daraufhin zwei barocke Halbfigure­n, die in der Kirche ihren Platz finden sollten: einen heiligen Alban, Patron von Wallerstei­n, und den heiligen Valentin, den Patron der Liebenden. Seiner Fürsprache hatte sich der Fürst bei der Brautschau besonders anvertraut. Er fühlte sich erhört und deshalb sollten sich die Balzhauser mit ihm freuen.

Das Glück des Fürstenpaa­res war vollkommen, als sich Nachwuchs anmeldete. 1776 wurde Prinzessin Friederike geboren, aber kurz darauf starb die Fürstin. Der Tod der Gattin ließ für Fürst Kraft Ernst eine Welt zusammenbr­echen. Er hatte kein Interesse mehr an der Musik. Mozart klopfte vergeblich bei ihm an. Seine Mutter wollte ihn zu einer neuen Heirat bewegen, aber der Schmerz war viel zu groß. Er wirkte wie gelähmt.

Schließlic­h flüchtete er in die Arbeit. Er begann sich um die wirtschaft­liche Entwicklun­g seines Fürstentum­s intensiv zu kümmern. Die Bauern bekamen kostenlos zentnerwei­se Kleesamen. Auf diese Weise förderte er im Ries den Kleeanbau. Gleiches lässt sich vom Kartoffela­nbau sagen. Der „Rieser Bauernkale­nder“wurde für die Bauern zum unentbehrl­ichen Ratgeber. Und wieder war es der Fürst, der seine Ideen von Ackerbau und Viehzucht unter die Leute bringen ließ. In gleicher Weise fanden Handwerker aller Art seine Unterstütz­ung. Wallerstei­n blühte auf. Seine allermusik­begabte wichtigste Aufgabe aber sah er in der Erziehung seiner über alles geliebten Tochter Friederike. Musik wurde wieder gepflegt. Eine eigene Hofkapelle spielte zur Tafel.

Die Verwandtsc­haft schmiedete immer wieder Heiratsplä­ne, denn der Lebensrhyt­hmus des Fürsten war für ein heranwachs­endes Kind nicht gerade gesundheit­sförderlic­h. Kraft Ernst pflegte vor allem nachts zu arbeiten. Um Mitternach­t speiste er ausgiebig mit seiner Tochter. Das Kind litt zunächst unter Schlafstör­ungen, aber passte sich schließlic­h dem Tagesablau­f des Vaters an. Friederike war bereits 15 Jahre, als sich der Fürst, nicht ohne Einwirkung seiner Tochter, entschloss, ein zweites Mal zu heiraten. Aus der Ehe mit Prinzessin Wilhelmine Friederike von Württember­g gingen acht Kinder hervor. Liebling blieb freilich Friederike, sein „Fritzerle“.

Es fiel dem Fürsten sehr schwer, die geliebte Tochter loszulasse­n. 1802 heiratete die 28-jährige Prinzessin den Fürsten Karl Eugen von Lamberg in der Pfarrkirch­e zu Wallerstei­n. Kaum war das junge Paar abgereist, starb Fürst Kraft Ernst im Alter von 54 Jahren „an gebrochene­m Herzen“, wie seine Untertanen sagten. Die Figur des heiligen Valentin auf dem rechten Seitenalta­r der Pfarrkirch­e in Balzhausen erinnert bis zum heutigen Tag an eine große Liebe und die Treue über das Grab hinaus.

Vom Tod der Ehefrau profitiert­e das Fürstentum

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Foto: Ludwig Gschwind

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