Burschen angeln sich Ruderboot
Prozess Ein „saublöder Diebstahl“bringt einen 16-Jährigen und einen 19-Jährigen vor Gericht
Diese Art von Gesetzesübertretung ließe sich wohl problemlos als Schnapsidee einstufen, obwohl nicht mal Alkohol im Spiel war. Zwei junge Männer klauen ein Ruderboot, juristisch eindeutig als Diebstahl klassifiziert. Die Quittung bekamen sie jetzt vom Jugendrichter.
Da saßen sie nun auf der Anklagebank in der Verhandlung beim Günzburger Amtsgericht: Ein erst 16-jähriger Schüler und dessen knapp 19-jähriger Kumpel, beide aus dem südlichen Landkreis. Einen Verteidiger haben die beiden nicht mitgebracht. Der Vorwurf, der ihnen von der Staatsanwältin gemacht wird, hört sich an wie aus einer Episode aus Ludwig Thomas Lausbubenstreichen. Im Mai vergangenen Jahres, den genauen Termin hat die Strafverfolgungsbehörde nicht ermitteln können, hat das Duo an einem Fischweiher bei Thannhausen lange Finger gemacht: Sie klauten ein Ruderboot im Wert von 200 Euro. Der Angelkahn wurde abtransportiert zu einem in der Nachbarschaft angesiedelten Weiher. Bei der Aufklärung des Diebstahls half Kommissar Zufall: Ein Beamter der Polizei Krumbach ist passionierter Angler. Als er an dem Weiher nahe seines Angelreviers vorbeikam, entdeckte er das Fischerboot auf der Wiese – und erkannte es als Eigentum eines Vereinsmitgliedes.
Der Ältere der beiden Angeklagten räumte den Diebstahl ein: „Es stimmt so“. „Bei der Polizei hatten sie die Tat noch abgestritten“, stellte Amtsgerichtsdirektor Walter Henle fest. Er las den Männern kurz aber heftig die Leviten: „Was sollte eigentlich diese auf gut Deutsch saublöde Aktion, was habt’ ihr euch dabei gedacht?“Es stelle sich die Frage, wofür das Boot sein sollte – wenn man fischen gehen will, gehe es auch ohne, meinte der Richter.
Der ältere Angeklagte versucht gerade, seinen Angelschein zu machen. Er hat eine Ausbildung in der Lebensmittelbranche absolviert, verdient mit 1300 Euro nicht gerade schlecht. Weil er noch im Elternhaus wohnt, liefert er monatlich 300 Euro ab und weitere 200 Euro gehen für die Finanzierung eines Autos drauf, das er noch sieben Jahre abstottern muss: „Da müssen sie aufpassen, dass sie das Auto nicht gegen den Baum setzen“, stellte Richter Henle trocken fest. Der mitangeklagte Jugendliche geht aufs Gymnasium. Nach der Schule will er eine Ausbildung in der Metallbranche machen. Eine vernünftige Ausbildung sei entscheidend für den gesamten künftigen Lebensweg, machte ihm Richter Henle nachdrücklich klar. Bisher waren beide noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Nicht zuletzt aus diesem Grund und weil sie geständig waren, regte der Jugendrichter die vorläufige Einstellung des Verfahrens an. Aber nicht völlig ohne Konsequenzen: Der knapp 19-Jährige muss eine Geldauflage von 300 Euro zahlen, der Jüngere 30 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Erst wenn diese Auflagen erfüllt sind, ist die juristische Aufarbeitung des „saublöden“Diebstahls endgültig erledigt. „Ich hoffe, es ist das letzte Mal, dass so etwas passiert“, gab Richter Henle den beiden jungen Leuten mit auf den Weg.