Guenzburger Zeitung

Burschen angeln sich Ruderboot

Prozess Ein „saublöder Diebstahl“bringt einen 16-Jährigen und einen 19-Jährigen vor Gericht

- VON WOLFGANG KAHLER

Diese Art von Gesetzesüb­ertretung ließe sich wohl problemlos als Schnapside­e einstufen, obwohl nicht mal Alkohol im Spiel war. Zwei junge Männer klauen ein Ruderboot, juristisch eindeutig als Diebstahl klassifizi­ert. Die Quittung bekamen sie jetzt vom Jugendrich­ter.

Da saßen sie nun auf der Anklageban­k in der Verhandlun­g beim Günzburger Amtsgerich­t: Ein erst 16-jähriger Schüler und dessen knapp 19-jähriger Kumpel, beide aus dem südlichen Landkreis. Einen Verteidige­r haben die beiden nicht mitgebrach­t. Der Vorwurf, der ihnen von der Staatsanwä­ltin gemacht wird, hört sich an wie aus einer Episode aus Ludwig Thomas Lausbubens­treichen. Im Mai vergangene­n Jahres, den genauen Termin hat die Strafverfo­lgungsbehö­rde nicht ermitteln können, hat das Duo an einem Fischweihe­r bei Thannhause­n lange Finger gemacht: Sie klauten ein Ruderboot im Wert von 200 Euro. Der Angelkahn wurde abtranspor­tiert zu einem in der Nachbarsch­aft angesiedel­ten Weiher. Bei der Aufklärung des Diebstahls half Kommissar Zufall: Ein Beamter der Polizei Krumbach ist passionier­ter Angler. Als er an dem Weiher nahe seines Angelrevie­rs vorbeikam, entdeckte er das Fischerboo­t auf der Wiese – und erkannte es als Eigentum eines Vereinsmit­gliedes.

Der Ältere der beiden Angeklagte­n räumte den Diebstahl ein: „Es stimmt so“. „Bei der Polizei hatten sie die Tat noch abgestritt­en“, stellte Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle fest. Er las den Männern kurz aber heftig die Leviten: „Was sollte eigentlich diese auf gut Deutsch saublöde Aktion, was habt’ ihr euch dabei gedacht?“Es stelle sich die Frage, wofür das Boot sein sollte – wenn man fischen gehen will, gehe es auch ohne, meinte der Richter.

Der ältere Angeklagte versucht gerade, seinen Angelschei­n zu machen. Er hat eine Ausbildung in der Lebensmitt­elbranche absolviert, verdient mit 1300 Euro nicht gerade schlecht. Weil er noch im Elternhaus wohnt, liefert er monatlich 300 Euro ab und weitere 200 Euro gehen für die Finanzieru­ng eines Autos drauf, das er noch sieben Jahre abstottern muss: „Da müssen sie aufpassen, dass sie das Auto nicht gegen den Baum setzen“, stellte Richter Henle trocken fest. Der mitangekla­gte Jugendlich­e geht aufs Gymnasium. Nach der Schule will er eine Ausbildung in der Metallbran­che machen. Eine vernünftig­e Ausbildung sei entscheide­nd für den gesamten künftigen Lebensweg, machte ihm Richter Henle nachdrückl­ich klar. Bisher waren beide noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Nicht zuletzt aus diesem Grund und weil sie geständig waren, regte der Jugendrich­ter die vorläufige Einstellun­g des Verfahrens an. Aber nicht völlig ohne Konsequenz­en: Der knapp 19-Jährige muss eine Geldauflag­e von 300 Euro zahlen, der Jüngere 30 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Erst wenn diese Auflagen erfüllt sind, ist die juristisch­e Aufarbeitu­ng des „saublöden“Diebstahls endgültig erledigt. „Ich hoffe, es ist das letzte Mal, dass so etwas passiert“, gab Richter Henle den beiden jungen Leuten mit auf den Weg.

 ?? Symbolfoto: Nadine Bradl ?? Im Mai vergangene­n Jahres klauten zwei Jugendlich­e an einem Fischweihe­r bei Thannhause­n ein Ruderboot im Wert von 200 Euro. Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle las ih nen beim Prozess die Leviten.
Symbolfoto: Nadine Bradl Im Mai vergangene­n Jahres klauten zwei Jugendlich­e an einem Fischweihe­r bei Thannhause­n ein Ruderboot im Wert von 200 Euro. Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle las ih nen beim Prozess die Leviten.

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