Mehr Leben für die Iller
Umweltschutz Bei Legau im Unterallgäu werden auf Kosten der Europäischen Union tausende Tonnen Kies in den Fluss gebaggert. Was sich Umweltschützer und Forscher davon erhoffen
6000 Kubikmeter Kies werden bei Legau (Unterallgäu) in die Iller gebaggert. So soll unterhalb des Wasserkraftwerks ein neuer Lebensraum für Fische und Kleinlebewesen entstehen. Dieses Vorhaben ist Teil der Iller-Renaturierung und eines europäischen Förderprogramms namens ISOBEL. Insgesamt werden dafür 1,8 Millionen Euro ausgegeben.
Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf machte sich gestern vor Ort ein Bild von dem Projekt. Die Renaturierung der Iller und deren naturnahe Gestaltung nannte sie „einen Garanten für hohe Lebensqualität in der Region“. Es gehe um die „nachhaltige Verbesserung der Lebensräume für Mensch und Natur“. Partner des Projekts sind unter anderem die Universität Augsburg, der Fischereiverband Schwaben und die Bayerischen Elektrizitätswerke, die an der Iller zwischen Altusried und Lautrach fünf LaufwasserKraftwerke betreiben.
Diese Kraftwerke, die pro Jahr Strom für 34000 Haushalte erzeugen, wurden vor über 60 Jahren gebaut. Die Folge des Aufstaus: Es kam zu einer biologischen Verarmung des Flusses, denn der natürliche Geschiebetransport des Flusses wurde durch die Stauwehre durchbrochen. Damit gingen auch Lebensräume von Kleinlebewesen und Fischen – beispielsweise von sogenannten Kieslaichern – verloren. Zu den Kieslaichern, die ihre Eier im Geröll und unter Steinen ablegen, gehören unter anderem die Äsche und die Bachforelle. Doch durch Begradigung und Ausbau der Flüsse in ganz Europa verloren sie Lebensräume, so wie in der Iller.
Hier setzt im Unterallgäu das Projekt „Flussraum Iller“an. An der Staustufe bei Legau wurde ein Steg über den Fluss gebaut, das Ufer ist naturnah gestaltet worden. Die Aufweitungen bieten neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Fische können die Staumauer über eine Fischtreppe umgehen, die wie ein kleiner Wildbach angelegt wurde. Eine rund 20 Meter hohe Aussichtsplattform ermöglicht den Landrat Hans-Joachim Weirather. Beim Besuch der Ministerin wurde der Beitrag der Bayerischen Elektrizitätswerke hervorgehoben.
Vom jetzigen Forschungsprojekt erhofft man sich Erkenntnisse über die Veränderung des Geröllgeschiebes im Fluss, über die Folgen von Uferaufweitungen und Verlandungen. Auch geht es um Erkenntnisse über die natürlich gestalteten FischWanderhilfen. So wurde im vergangenen Jahr in Kraftwerksnähe ein innovatives Fischzählbecken mit Hebevorrichtung angelegt. Alle durchwandernden Fische von mehr als 20 Zentimetern werden dort registriert und gekennzeichnet. Anhand dieser Tätowierung kann beim späteren Fang eines Fisches nachvollzogen werden, wie er gewandert ist. Derzeit sind in der Iller zehn Prozent aller Fische auf diese Weise registriert. Tendenz: steigend.