Vergessen Sie die Vernunft, tanzen Sie lieber
Was für eine Liebe! Sie bringt Vater und Sohn dazu, der Vernunft einfach „einen Arschtritt“zu verpassen und dafür ein wunderbar exzentrisches, ja paradiesisches Dasein fernab gesellschaftlicher Zwänge zu führen. Beide erzählen uns in dem ergreifenden Roman „Warten auf Bojangles“von ihrem faszinierenden Familienleben, das sich sowohl in einer geräumigen Wohnung als auch in einem spanischen Schloss abspielt und zu dem auch ein zutraulicher Jungfernkranich namens Taugenichts gehört. Sie lassen uns viel mitlachen – aber auch weinen. Alles dreht sich um die ebenso liebenswürdige wie verrückte Ehefrau und Mutter, die von ihrem fürsorglichen Mann Georges alle paar Tage einen neuen Vornamen bekommt.
Denn sie hasst nichts so sehr wie Langeweile. Und sie liebt nichts so sehr wie Cocktails – und tanzen. „Mister Bojangles“ist ihre Musik. Der traurig-schöne Song von Nina Simone begleitet sie durch ihr Leben. Dass diese schillernde Schönheit ihre Schritte stets am Rande eines tiefen Abgrunds macht, wird schnell klar. Die Dämonen in ihrem Kopf lassen sich auf Dauer nicht von den lustigsten Lügengeschichten, den prächtigsten Partys, den temperamentvollsten Tänzen vertreiben.
Dem Franzosen Olivier Bourdeaut ist ein außergewöhnliches und hervorragendes Debüt gelungen. Die Sprache poetisch, der Aufbau spannend. Es ist ein Fest der Fantasie, ein Appell gegen Resignation und ein bemerkenswertes Plädoyer für die Liebe. Daniela Hungbaur