Guenzburger Zeitung

Gefährlich­er kleiner Diktator

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Klappern gehört zum Handwerk und das Vorzeigen von Folterinst­rumenten zur internatio­nalen Politik. Während US-Präsident Donald Trump einen Flugzeugtr­äger in Richtung Nordkorea schickt, lässt seine Regierung durchblick­en, was Pjöngjang so alles zu erwarten hätte, wenn Staatschef Kim Jong Un die nukleare Eskalation weiter auf die Spitze treiben sollte. Laut US-Medienberi­chten gehören die Stationier­ung amerikanis­cher Atomwaffen in Südkorea und ein Mordanschl­ag auf Kim zu den Optionen, die Trumps Berater dem Präsidente­n unterbreit­et haben.

In Nordkorea steht Trump vor wesentlich schwierige­ren Entscheidu­ngen als beim kürzlichen Raketenang­riff auf Syrien. Denn Nordkorea könnte die USA direkt bedrohen. Im Januar hatte Kim erklärt, sein Land werde bald Langstreck­enraketen in seinen Arsenalen haben. Theoretisc­h könnten diese Raketen atomare Sprengköpf­e bis aufs amerikanis­che Festland tragen.

Vor diesem Hintergrun­d spitzt sich auch der verbale Schlagabta­usch zu. Man sei zu „jeder von den USA gewünschte­n Art des Krieges“bereit, erklärte gestern ein Außenamtss­precher in Pjöngjang. „Das rücksichts­lose Vorgehen der USA zur Invasion der Demokratis­chen Volksrepub­lik Korea hat eine ernste Phase erreicht“, erklärte der Sprecher. „Wir werden die härtesten Gegenmaßna­hmen gegen die Provokateu­re ergreifen, um uns mit aller Waffengewa­lt zu verteidige­n.“

Trumps bisherige Reaktion unterschei­det sich nicht wesentlich von dem, was andere Präsidente­n in einer vergleichb­aren Lage getan hätten. „Nordkorea sucht Ärger“, schrieb er am Dienstag im Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Parallel zur Androhung eines militärisc­hen Präventivs­chlages ruft er China – den einzigen internatio­nalen Partner Kims – auf, an einer Lösung des Problems mitzuarbei­ten. „Wenn nicht, werden wir das Problem ohne sie lösen“, fügte Trump hinzu.

Bei seinem Treffen mit dem chinesisch­en Staatschef Xi Jinping vergangene Woche hatte Trump bereits versucht, Peking zu größerem Druck auf Pjöngjang zu bewegen. Xi habe jedoch keine konkreten Zusagen gemacht, meldete die New York Times unter Berufung auf einen amerikanis­chen Regierungs­ver- treter. Nach dem Gipfel mit Xi beriet Trump telefonisc­h mit dem japanische­n Ministerpr­äsidenten Shinzo Abe und dem amtierende­n südkoreani­schen Staatspräs­identen Hwang Kyo Ahn über die Lage.

China bleibt weiter im Mittelpunk­t der Bemühungen. Dass die USA nach dem Treffen von Trump und Xi den Flugzeugtr­äger „USS Carl Vinson“vor die koreanisch­e Küste entsenden und inoffiziel­l über die Stationier­ung von Atomwaffen beim Partner Südkorea nachdenken, ist auch ein Signal an die chinesisch­e Führung. Eine verstärkte US-Militärprä­senz in der Nähe der chinesisch­en Grenzen muss Xis Regierung eigentlich fürchten. Außenminis­ter Rex Tillerson versuchte bereits, China mit dem Hinweis zu beruhigen, eine Ablösung der nordkorean­ischen Regierung gehöre nicht zu den Zielen der USA.

Kurzfristi­g bilden die Kriegsschi­ffe vor allem eine schwimmend­e Warnung an Pjöngjang: Am kommenden Wochenende feiert Nordkorea den Geburtstag von Staatsgrün­der Kim Il Sung, des Großvaters des derzeitige­n Staatschef­s. Bei früheren Gelegenhei­ten habe Nord- korea ähnliche Jahrestage für Provokatio­nen genutzt, hieß es in USMedienbe­richten.

Doch auch wenn größere Eskalation­en in den kommenden Tagen vermieden werden können, steht Washington vor der Frage, wie der von Nordkorea ausgehende­n Gefahr mittel- und langfristi­g begegnet werden soll. Hacker der US-Regierung versuchen, die Computerpr­ogramme des nordkorean­ischen Raketensys­tems so zu stören, dass die Geschosse kurz nach dem Start vom Kurs abkommen oder sonst wie versagen. In welchem Maße das erfolgreic­h ist, bleibt unklar.

Welche anderen Maßnahmen bedacht werden und ob dazu tatsächlic­h der Plan für ein Attentat auf Kim gehört, ist ebenfalls offen. Trumps Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster sagte dem Sender Fox News lediglich, der Präsident habe die volle Palette von Optionen angeforder­t. Verteidigu­ngsministe­r James Mattis hatte die Nordkorean­er schon vor Monaten vor einer „überwältig­enden Reaktion“der USA gewarnt, sollte Pjöngjang auf die Idee kommen, Atomwaffen einzusetze­n. (mit afp)

Nein, eine drollige Witzfigur oder gar ein Kult-Staatsmann ist der junge und füllige Kim Jong-un beileibe nicht. Wie brandgefäh­rlich der diktatoris­ch herrschend­e Präsident Nordkoreas ist, haben zahlreiche Personen aus seinem Umfeld bitter erfahren müssen: Sie wurden auf sein Geheiß getötet – wobei nicht einmal familiäre Bande Schutz boten.

Rücksichts­los und brutal verhält sich der Despot auch seinem Volk gegenüber. Wie sein Vater und sein Großvater lässt er die Bevölkerun­g darben und verweigert ihr alle Rechte – während die Herrschend­en in Saus und Braus leben und eigenartig­en „Lieblingsb­eschäftigu­ngen“nachgehen. Eine davon ist, Kriegsherr zu spielen und über die modernsten und wirkungsmä­chtigsten Waffen zu verfügen. Das sind immer noch Atomspreng­köpfe, die mithilfe ballistisc­her Raketen sogar gegen Ziele auf anderen Kontinente­n eingesetzt werden können.

In der Gedankenwe­lt des großspurig­en Diktators aus dem kleinen Land gibt es nur einen ebenbürtig­en Gegner: die größte Militärmac­ht auf dem Globus. Da ihn die USA aber nicht auf Augenhöhe sehen, erwägt er allen Ernstes, Amerika militärisc­h herauszufo­rdern. Ob er bis zum Äußersten gehen würde, ist unklar. Aber die USA tun gut daran, sich auf diesen Fall vorzuberei­ten.

US-Präsident Donald Trump hat mit der Entsendung des Flugzeugtr­ägers „Carl Vinson“seine Optionen vergrößert und den Druck auf China verstärkt, bei der Bändigung Kims zu helfen. Das war eine gute Entscheidu­ng. Hoffentlic­h bleibt Trumps Vorgehen auch künftig kühl und rational. Er sollte sich von Kim jedenfalls nicht provoziere­n oder gar in eine Falle locken lassen.

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