Streit um eine Kündigung bei Lidl
Gericht Ein 41-jähriger Betriebsrat soll im Logistikzentrum Graben nicht nur seinen Chef beleidigt haben. Kurz vor der zweiten Verhandlung gibt es einen überraschenden personellen Wechsel
Der Streit um die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds durch den Discounter Lidl geht in die nächste Runde. Eine Verhandlung am Augsburger Arbeitsgericht soll am morgigen Donnerstag klären, ob die Kündigung des 41-Jährigen, der am Logistikzentrum in Graben im Landkreis Augsburg arbeitet, rechtmäßig ist. Der Vorwurf des Arbeitgebers: Der Mann soll vergangenes Jahr einen Vorgesetzten sowie einen schwerbehinderten Kollegen beleidigt haben.
Das Betriebsratsgremium widersprach diesen Vorwürfen und verweigerte die nötige Zustimmung für die Kündigung des Kollegen. Das Gericht soll nun klären, ob diese Zustimmung gerichtlich zu ersetzen ist. Ein Gütetermin im vergangenen November brachte keine Einigung, seitdem ist einiges geschehen. Nach Informationen unserer Zeitung ist die für die Kündigung verantwortliche Betriebsleiterin in Graben seit kurzer Zeit im Lidl-Zentrallager in Bietigheim-Bissingen in BadenWürttemberg tätig. Wie der Beleg- schaft mitgeteilt wurde, sei dieser Wechsel auf ihren eigenen Wunsch hin erfolgt. Thomas Gürlebeck von der Gewerkschaft Verdi bezeichnet den Vorgang als „total interessante Entwicklung“.
Mit einem neuen Betriebsleiter am Standort Graben verband Gürlebeck die Hoffnung, dass das Verfahren gegen den Betriebsrat eingestellt wird. Diese hat sich aber nicht erfüllt. „Lidl lässt nach außen hin alle glauben, dass man kein Problem mit Gewerkschaften und Betriebsräten hat, tatsächlich entsteht jedoch der Eindruck, dass Demokratie und Mitbestimmung bei Lidl nach wie vor keinen Platz haben“, sagt Gürlebeck. In dem vor mehr als fünf Jahren eröffneten Lidl-Logistikzentrum, in dem rund 170 Mitarbeiter beschäftigt sind, gibt es seit Sommer 2016 einen Betriebsrat. Einer der Initiatoren ist der nun Beschuldigte.
Dem 41-jährigen Betriebsrat sollte kurz vor Weihnachten ein zweites Mal gekündigt werden, das erste Mal war im September. Der Arbeitgeber gibt in dem Schreiben an, dass das Vertrauensverhältnis zerstört sowie der Betriebsfrieden gestört sei. Der Betriebsratsvorsitzende Christian Layer sagt, dass die Betriebsräte der Kündigung weder zustimmten, noch sie abgelehnt haben. Stattdessen schickten sie einen Fragenkatalog – auf eine Reaktion des Unternehmens wartet der Betriebsrat bis heute, so Layer.
Der 41-jährige beschuldigte Betriebsrat ist vom Unternehmen nicht freigestellt und geht weiter seiner Arbeit im Lager nach. Der Mann sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er gerne weiter im Logistikzentrum Graben arbeiten möchte – obwohl die Situation an ihm zehre und ihn psychisch angreife. Unterstützung erhalte er von Kollegen und der Gewerkschaft. Unter anderem bei der geplanten Kundgebung, die unmittelbar vor der Verhandlung stattfinden soll.
Eine Sprecherin des Unternehmens gibt an, dass sich Lidl vor dem Kammertermin nicht zu Details des laufenden Verfahrens oder zu Mitarbeitern äußern wird.