Authentisch, rockig und abgefahren
Musik Wie vier Krumbacher zur Band Never Aging Trees wurden und was ihre Musik ausmacht
Es ist Sonntag und auf den Straßen von Edenhausen ist nicht viel los. Draußen ist es ziemlich warm und die Sonne scheint. Viele verbringen den Tag zu Hause, hier und da sieht man jemanden auf der Veranda sitzen. Es ist ein ruhiger Nachmittag für die meisten, aber nicht für alle. Der 21-jährige Lukas Hansel, oder „Luke“, wie er von seinen Bandkollegen genannt wird, wartet an der Tür zu dem Haus, in dem die Never Aging Trees heute den einen oder anderen Song spielen werden. Hier in Edenhausen befindet sich nämlich ihr Proberaum.
Die Never Aging Trees sind eine Vier-Mann-Band aus Krumbach. Sie machen progressiven Rock, sagen sie. 2016 haben sie sich gegründet, nachdem sie schon eine Weile zusammen gespielt hatten. Am 3. Februar kam ihre EP, die „Old Black Valley EP“heraus. „Den Namen ‚Never Aging Trees’ hat sich Philipp ausgedacht“, sagt Schlagzeuger Robin „Rob“Paul und nickt seinem Bandkollegen zu, der ihm gegenüber an einem großen, runden Holztisch sitzt. Hier haben sich alle Bandmitglieder versammelt. „Eigentlich war es ein Spontaneinfall“, erklärt Philipp Biberacher. Der 24-Jährige, der im sechsten Semester Maschinenbau studiert, ist der Sänger der Band. Er wird innerhalb der Gruppe Beavis genannt. Dass es ein zeitloser Name ist, der viele Interpretationen zulässt, sei besonders wichtig gewesen, fügt er hinzu. Never Aging, also niemals alt zu werden, kann man auch so verstehen, dass Musik über die Zeit hinweg existiert. „Man hat etwas, das über uns und unsere Zeit hinausgeht“, sagt Robin. Er ist 21 Jahre alt und studiert Marketingkommunikation in München.
Bei jedem der Bandmitglieder macht Musik einen großen Teil der eigenen Biografie aus. Lukas spielte zuerst Klavier, bis er merkte, dass er sich an diesem Instrument musikalisch nicht richtig ausleben kann. Deshalb beginnt er mit 14 Jahren Bass zu spielen und ist heute auch der Bassist der Never Aging Trees. Valentin „Vales“Hansel, sein 18-jähriger Bruder, ist der Gitarrist der Gruppe. „Früher stand immer die Gitarre von unserem Vater im Haus rum. Das hat in mir das Interesse geweckt, dieses Instrument zu lernen“, sagt er. Im Kindergartenalter bekommt er eine Akustikgitarre geschenkt, kann eher Noten lesen als Buchstaben. „Mit 11 bin ich dann auf E-Gitarre umgestiegen, das war auch immer das Ziel“, sagt Valentin. Robin, Drummer der Never Aging Trees, bekommt schon früh Keyboardunterricht, bis er im Grundschulalter einen Percussionkurs besucht. „Da war für mich klar, dass ich Schlagzeug spielen möchte“, erzählt er. Im Alter von etwa elf Jahren beginnt er damit, übt teilweise jeden Tag mindestens eine Stunde. Philipp bekommt als Kind von seinem Vater Gitarrenunterricht, lernt später Schlagzeug spielen und ist Teil von Gruppen wie Fun & Brass oder Jazz Express. Bevor er Sänger der Never Aging Trees wird, spielt er in einer anderen Band Schlagzeug. „Schon da war ich die zweite Gesangsstimme“, sagt Philipp.
Valentin, der die 12. Klasse am Simpert-Kraemer-Gymnasium besucht, dreht das Glas mit Wasser, das vor ihm auf dem Tisch steht, mit der Hand hin und her. „Beavis’ Stimme hat einen richtigen Eigencharakter“, sagt er und schaut zu Philipp. „Andere in dem Genre haben eher Tenorstimmen, seine ist etwas tiefer“, fügt er hinzu.
Das Genre, in das sich die vier Jungs einordnen, ist progressiver Rock. Progressiv kann man wörtlich verstehen, die Musik soll fortschrittlich klingen und mit neuartigen Rhythmen und Taktarten gleichermaßen überraschen wie faszinieren. Doch was ist an den Never Aging Trees besonders? Was unterscheidet sie von anderen, womöglich ähnlichen Gruppen? „Wir arbeiten mit den Instrumenten, die wir haben“, sagt Robin. Das bedeutet, dass die Band, im Gegensatz zu manch anderer, live keine Samples oder Play-back verwendet. „Authentizität ist uns wichtig“, sagt Lukas, der in Nürnberg Soziale Arbeit studiert. Die Musik der Krumbacher soll außergewöhnlich klingen, deshalb sind die vier Jungs auch sehr kritisch mit sich selbst. „Vales ist eigentlich am kritischsten, wenn er sagt, es klingt zu gewöhnlich, wird weitergemacht, bis es abgefahren klingt“, fügt Lukas hinzu und schaut zu seinem Bruder. Als draußen die Sonne etwas nachlässt, stehen die Bandmitglieder auf und gehen ins Haus, nach unten in ihren Proberaum. Er ist klein und dunkel, hinten steht ein Schlagzeug und vorne einige Gitarren. Außerdem ist ein Computer zu sehen. Robin setzt sich an den PC und spielt eine Aufnahme ab. Im Moment ist der Song noch ohne Gesang zu hören, Philipp wird ihn noch einsingen. Irgendwie anders und ungewöhnlich klingt er aber jetzt schon.
„In Zukunft sehen wir uns auf der Bühne, ob wir erfolgreich sind, ist uns gar nicht so wichtig“, sagt Philipp. Am 23. April ist es wieder so weit, da spielen die Never Aging Trees im 8Below in München, einem Klub in der Nähe des Hauptbahnhofes. Zwar ist es ein Bandcontest, aber im Grunde geht es nur um die Musik – und um Authentizität, Eingängigkeit, um etwas Neues.