Oh Maria hilf!
Brauchtum Bayern und die Muttergottes – eine alte Liebe, die schon unzählige Geschichten hervorgebracht hat. Von Päpsten, Volksmusikstars und Bundesliga-Aufsteigern
Der Inhalt des Liedes war anrührend: Ein Bursch erzählt niedergeschlagen, dass ihn sein Madl wegen eines anderen verlassen hat. Kein Brief, kein Telefonanruf mehr von der Liebsten. Da geht er mit seinem Kummer zum Kircherl am Waldesrand und bittet Maria um Hilfe. Für das Original Naabtal Duo aus Bayern wurde das Lied „Patrona Bavariae“der Durchbruch. Der Titel gewann 1988 den Grand Prix der Volksmusik, verkaufte sich millionenfach und geht manchem bis heute nicht mehr aus dem Ohr.
Bayern und seine Maria, das ist eine alte Liebe. Schon seit dem frühen Mittelalter wird die Gottesmutter hier verehrt. Viele Kirchen sind ihr geweiht, darunter die berühmte Gnadenkapelle im Wallfahrtsort Altötting mit der Schwarzen Madonna, der Dom zu Unserer Lieben Frau in München und die 739 zur Kathedrale erhobene Freisinger Marienkirche. Doch Maria ist im Freistaat mehr als nur eine Heilige. Sie ist Schutzpatronin der Bayern. Bayerns König Ludwig III. war es, der sein Land im Ersten Weltkrieg unter den Schutz Mariens stellen wollte. Papst Benedikt XV. stimmte 1916 zu. 1917 wurde erstmals bayernweit gefeiert.
In München wird nun an die Einführung des Tages vor 100 Jahren erinnert – rund 10 000 Pilger aus ganz Bayern werden am Wochenende erwartet. Überhaupt ist der Mai traditioneller Marienmonat, jetzt beginnt die Wallfahrtssaison. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Bussen oder dem Zug machen sich die Gläubigen auf den Weg.
Hauptanziehungspunkt ist nach wie vor Altötting mit der Schwarzen Madonna. Eine Million Pilger kommen jährlich zur Gnadenkapelle, um dort ihre Nöte abzuladen, aber auch, um für Hilfe in schweren Stunden zu danken. Ihre besondere Verbundenheit mit der Gottesmutter zeigten einst auch die Wittelsbacher. Die Herzen verstorbener Mitglieder des bayerischen Herrscherhauses fanden ihre letzte Ruhe in nächster Nähe zum Gnadenbild.
Gerade Oberbayern zählt viele kleine und große Marienwallfahrtsorte. Dazu gehört etwa der Heilige Berg mit dem Kloster Andechs. Dorthin pilgerten schon mal Spieler des TSV 1860 München, um für den Wiederaufstieg in die Bundesliga zu danken. Nach Maria Eich bei Mün- chen zieht es seit bald 30 Jahren die Wiesn-Wirte mit einer großen Kerze, damit das größte Volksfest der Welt einen friedlichen Verlauf nimmt. Auslöser der noch jungen Tradition war das furchtbare Attentat 1980, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen.
Eine der letzten großen Bittprozessionen führt von Holzkirchen auf den Bogenberg in Niederbayern, wo ein Gnadenbild mit der schwangeren Maria verehrt wird. Dabei wird seit mehr als 500 Jahren ein von Wachs umwickelter, fast 13 Meter langer und ein Zentner schwerer Fichtenstamm mitgeführt. An man- chen Abschnitten wird die Kerze, senkrecht aufgerichtet, von einem einzigen Mann allein getragen. Auslöser war eine Borkenkäferplage, die die Existenz der Bauern bedrohte.
Hoch über Passau ist Mariahilf Beispiel einer vor allem in der Barockzeit blühenden Verehrung der Gottesmutter. Das älteste Mariengnadenbild Bayerns beherbergte die Alte Kapelle in Regensburg. Heinrich II. schenkte die Mariendarstellung dem Stift, nachdem er sie selbst 1014 bei seiner Krönung zum Kaiser in Rom vom Papst bekommen hatte. Auch wenn das Original später beim Stadtbrand 1200 vernichtet und durch eine Kopie ersetzt wurde, riss die Wallfahrt nie ab.
Die Schwaben zieht es mehr nach Maria Vesperbild, nach Maria Brünnlein oder nach Augsburg zur Knotenlöserin. Eine Darstellung, die Papst Franziskus sehr schätzt. 930 Kilometer lang ist der Fränkische Marienweg, an dem 50 Wallfahrtsorte zu finden sind, angefangen vom Käppele hoch über Würzburg bis zu Maria im Weingarten in Volkach. Deren Madonna im Rosenkranz wurde 1962 gestohlen. Für die Rückgabe spendierte der kunstbeflissene Stern-Gründer Henri Nannen das Lösegeld. (kna, dpa)
Wohin es die Pilger in Schwaben zieht