Krise in Österreich weitet sich aus
Kurz will Neuwahl, Kern sagt Nein
Außenminister Sebastian Kurz versucht in Österreich Neuwahlen durchzusetzen. Nach dem Rücktritt von ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Mittwoch übernahm der 30-Jährige die Initiative und sagte, er sei überzeugt, dass „vorgezogene Wahlen der richtige Weg wären, um in Österreich Veränderung möglich zu machen“. Zum Thema Vorsitz der Volkspartei meinte er: „Derjenige, der die Führung übernimmt, muss die Möglichkeit haben, die inhaltliche Linie vorzugeben, und der muss vor allem auch Personalentscheidungen treffen dürfen.“Die schwarzen Landeschefs, die gestern in Tirol tagten, stellten sich hinter Kurz. Bisher haben in der ÖVP die Landesverbände ein größeres Gewicht als der Parteichef.
Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern will dagegen mit wechselnden Mehrheiten weiterregieren, sollte die ÖVP die Koalition verlassen. „Wir wollen keine Neuwahlen, wir werden weiter versuchen, im Parlament sachpolitische Lösungen zu erzielen – und das auch, falls nötig, mit wechselnden Mehrheiten“, sagte Kern. Zugleich drohte er der ÖVP das Ende der rot-schwarzen Zusammenarbeit für „sehr lange Zeit“an. Er forderte obendrein eine Entschuldigung von Kurz und der ÖVP, die ihn nach seinem jüngsten Angebot einer „Reformpartnerschaft“der Unehrlichkeit bezichtigt hätten.
Aus Sicht von Kurz würden bei einer Fortsetzung der Koalition mit der SPÖ bald wieder MinimalKompromisse geschlossen, „die in Wahrheit das Land nicht wirklich verändern“würden. Er habe für diese Haltung kein Mandat.
Kurz ist erklärter Gegner einer Großen Koalition mit der SPÖ. Er hat seit seinem Amtsantritt versucht, die politischen Themen der rechtspopulistischen FPÖ zu besetzen. Wie schon Wolfgang Schüssel wäre er bereit, mit der FPÖ zu regieren. Die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge und der harte Kurs gegenüber der Türkei haben ihm große Sympathien in der Bevölkerung eingebracht. (mit dpa)