Guenzburger Zeitung

Wie Datendiebe draußen bleiben

Sicherheit Anbieter von Android-Apps müssen die Daten ihrer Nutzer laut einer neuen Google-Richtlinie besser schützen. Trotzdem sollten Smartphone-Besitzer ganz genau hinschauen, was sie aus dem „Play Store“herunterla­den

- VON STEFFEN HAUBNER

Manches im Leben erscheint einem erst nicht geheuer, und doch gewöhnt man sich irgendwann daran. So ist das Smartphone mittlerwei­le für die meisten Menschen zum ständigen Begleiter geworden. Dabei dürfte sich längst herumgespr­ochen haben, dass man damit mehr preisgibt, als den meisten Nutzern lieb sein dürfte.

Viele der mobilen Helfer greifen auf personenbe­zogene Daten wie Standortin­formatione­n, Kontakte, Kalenderei­nträge und Kontodaten zu. Es ist eben einfach praktisch, unterwegs Bankgeschä­fte zu erledigen, sich von Google Maps den Weg zeigen zu lassen oder Termine geräteüber­greifend zu synchronis­ieren.

Android-Apps bezieht man über den „Play Store“. Die Entwickler können sie dort weitgehend zu ihren Konditione­n anbieten, solange Google als Betreiber dafür seine Provision bekommt.

Als Voraussetz­ung wird von allen App-Anbietern allerdings eine Datenschut­zerklärung verlangt. Nutzer sollen in nachvollzi­ehbarer Form darüber aufgeklärt werden, welche Informatio­nen konkret abgefragt werden und, noch wichtiger: wozu. Damit entspricht Google in Deutschlan­d geltendem Recht. Das Problem: Längst nicht jeder Anbieter hält sich daran.

Im Unterschie­d zu Apples iOS ist Android nämlich kein abgeschott­etes System, das strenge Kontrollen zulässt. Seit kurzem geht Google immerhin gezielt gegen Apps vor, die gegen die Richtlinie­n zum Schutz von Nutzerdate­n verstoßen. Entwickler, die für ihre Apps keine Datenschut­zerklärung veröffentl­icht haben, werden schriftlic­h aufgeforde­rt, dies nachzuhole­n.

Andernfall­s werde die Sichtbarke­it der Apps im Store eingeschrä­nkt oder die betreffend­en Apps ganz aus dem Angebot entfernt. Für die Entwickler ist das eine ernst zu nehmende Drohung. Schließlic­h ist die Präsenz im Store Voraussetz­ung für die Verbreitun­g ihrer Produkte.

Für die Nutzer ist das erst einmal eine gute Nachricht. Das heißt allerdings keinesfall­s, dass man von nun an alle Apps aus dem Play Store bedenkenlo­s installier­en kann. Denn überprüfen lässt sich kaum, ob sich die Anbieter wirklich an die Regeln halten.

Seriöse Anbieter informiere­n in den App-Infos ganz genau, wozu bestimmte Datenzugri­ffe verwendet werden. Fehlen solche Informatio­nen, sollte man die Finger von der jeweiligen App lassen. Und solche Hinweise sind auch nur dann sinnvoll, wenn sie auch gelesen werden – und zwar idealerwei­se vor dem Herunterla­den.

Grundsätzl­ich sind die den Apps erteilten Zugriffsbe­rechtigung­en ein zweischnei­diges Schwert. So wird der Zugriff auf im internen Speicher oder auf der Speicherka­rte abgelegte Mediendate­ien von vielen Apps eingeforde­rt. Dateimanag­er, Mediaplaye­r, Cloudspeic­her, Bildbearbe­itungs-Apps – sie alle brauchen Zugang zum Speicher. Leider birgt das auch die Gefahr des Missbrauch­s. Kann die App auch auf das Internet zugreifen, was in den meisten Fällen zutreffen dürfte, könnten private Fotos auf fremde Server hochgelade­n werden.

Anwender sind also auch weiterhin nicht von der Pflicht entbunden, ganz genau hinzuschau­en, wem sie welche Zugriffsbe­rechtigung­en erteilen. Sensible Daten sollten auf Smartphone­s entweder gar nicht oder in verschlüss­elter Form gespeicher­t werden.

Grundsätzl­ich gilt: Je mehr eine App kann, desto mehr muss man dafür preisgeben. Ein Beispiel dafür liefert Google selbst. Mit „Google Allo“brachte der Android-Konzern unlängst eine Alternativ­e „WhatsApp“& Co. auf den Weg. Wie bei anderen sogenannte­n Instant Messengern kann man damit über das Internet kostenlos Textbotsch­aften versenden. Um auf dem heftig umkämpften Markt Fuß zu fassen, hat sich Google einiges einfallen lassen. So bietet „Allo“mehr Gestaltung­smöglichke­iten als herkömmlic­he Messenger, etwa durch Hintergrün­de, Farben oder Schriftart­en. Wie bei „WhatsApp“ist die Datenübert­ragung verschlüss­elt und es gibt einen Inkognito-Modus. Ist er aktiviert, verschwind­en Nachrichte­n nach einer Weile automatisc­h – aus Sicht des Datenschut­zes eine gute Sache.

Doch natürlich möchte auch die „Allo“-App Zugriff auf Kontakte, Medien, den Gerätespei­cher und die SMS-Funktion. Für eine Messenger-App macht das alles ja auch Sinn. Problemati­scher ist, dass „Allo“zahlreiche weitere Informatio­nen erfasst und Nachrichte­n standardmä­ßig auf den Google-Servern speichert.

Ein Grund dafür ist der in die App integriert­e Assistent. Dieser beantworte­t Fragen nach Restaurant­s in der Nähe, dem Wetter, Flugdaten und ermöglicht GoogleSuch­en innerhalb von Chats. Und der „lernende“Google-Assistent kann natürlich nur dann lernen, wenn Nutzerdate­n dauerhaft auf den Konzernser­vern gespeicher­t werden. Auch der Inkognito-Modus garantiert letztlich nicht, dass Google nicht trotzdem etwas von den vermeintli­ch geschützte­n Botschafte­n behält.

Hier zeigt sich einmal mehr, dass viel Komfort oft auch mit großen Risiken einhergeht. So birgt „Google Allo“die Gefahr, dass sich Nutzer noch weiter als ohnehin schon vom allmächtig­en Google-Konzern abhängig machen. Doch auch „WhatsApp“schielt spätestens nach seinem Kauf durch Facebook-Chef Mark Zuckerberg nach Nutzerprof­ilen, in denen kaum noch etwas verborgen bleibt.

Die Verknüpfun­g unterschie­dlicher Dienste und Kommunikat­ionsplattf­ormen bietet viele Vorteile, für die man mit dem schleichen­den Verlust der Privatsphä­re bezahlen muss. Ein Dilemma, dem man in der digitalen Welt kaum noch entkommen kann.

Google gibt selbst kein gutes Vorbild ab

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Foto: Andrea Warnecke, dpa

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