Freude bei der „Freuwilligen“Feuerwehr
Standortsuche Neue Günzburger Wache wird am alten Platz gebaut. Eine Entscheidung, die alles andere als einfach war
Günzburg Günzburgs Feuerwehr ist nicht nur freiwillig, sondern auch freuwillig – diesem einmal von ihrem obersten Dienstherrn und Vorsitzenden des Feuerwehrvereins Gerhard Jauernig geäußerten Versprecher entsprach die Truppe am Montagabend nur allzu gern. Mit ausdauerndem Applaus hatten die Feuerwehrleute die Entscheidung des Stadtrats kommentiert, die neue Feuerwache am alten Standort zwischen Augsburger Straße und Stadtbach zu bauen. Und deutlich durch die offenen Fenster des Sitzungssaals hörbar ging der Freudentaumel auch im Rathaushof noch weiter.
Es ist ein langes Ringen um den geeigneten Standort, das am Montagabend zu Ende ging. Bereits 2009 hatten sich Stadtverwaltung und Feuerwehr auf die Suche nach einem möglichen Standort gemacht, denn das bisherige Gebäude schien für die gewachsene und weiter wachsenden Aufgaben der Wehr in der 20000-Einwohner-Stadt zu klein, energetisch nicht mehr zeitgemäß und logistisch nicht ausgereift.
Oberbürgermeister Gerhard Jauernig im Gespräch mit der Günzburger Zeitung: „Wir haben uns verschiedene Standorte angesehen. Eine gemeinsame Wache mit dem BRK auf dem Klinikgelände, ein Standort auf dem PEP-Gelände oder dem Areal Pro, ein Aus- und Umbau der bestehenden Wache oder eine Fläche am Rande der Denzinger Flur kamen im Lauf der Zeit infrage.“Doch während die Standorte in der Kliniknähe, auf dem ehemaligen Kasernengelände oder dem Interkommunalen Gewerbegebiet als nicht praktikabel erschienen, scheiterte der Gedanke, an der Geschwister Scholl-Straße eine neue Wache zu bauen, zunächst am Grundstück, das nicht zum Verkauf stand. Während Stadtverwaltung und Wehr sich also auf den Aus- und Umbau am bestehenden Standort konzentrierten und angrenzende Grundstücke erworben werden konnten, kam dann Ende des vergangenen Jahres erneut Bewegung in die Diskussion: Die Grundstücksbesitzer signalisierten plötzlich Verkaufswillen. Und die Stadt griff zu.
Doch innerhalb der Feuerwehr wurden Bedenken laut: Können die Einsatzkräfte vom abseits der In- gelegenen Standort aus tatsächlich rechtzeitig an der Einsatzstelle sein? Jauernig sagt, er sei froh um diese Diskussion. Denn sie führte dazu, dass sich die Stadt als neutrale Stelle an die Regierung von Schwaben wandte – und jene wiederum den Kontakt zu Stefan Rudolph herstellte.
Der erfahrene Feuerwehrmann aus München ist Gutachter und analysierte die beiden möglichen Standorte auf Herz und Nieren, berechnete dabei nicht nur Einsatz-, sondern auch Wohn- und Arbeitsorte der Kräfte ein und berücksichtigte dabei auch die Altersstruktur der sehr jung aufgestellten Wehr. Seine Untersuchung kam zu einem überraschenden Ergebnis: Vom Standort in der Innenstadt aus könne die Günzburger Feuerwehr 70 bis 90 Prozent des Stadtgebiets innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen von zehn Minuten erreichen – also vom Eingang des Notrufs in der Leitstelle bis zum ersten Eintreffen der Einsatzkräfte. Der Standort in der Geschwister-SchollStraße kommt auf magere 30 bis 40 Prozent.
Bis zu knapp vier Minuten würde es länger dauern, bis die ersten Feuerwehrleute an der Einsatzstelle sind. Minuten, die entscheidend sein könnten für den Erfolg eines Einsatzes, wie GBL-Rätin Angelika Fischer in der Sitzung sagte. „Und wenn diese Minuten entscheidend sind für den Erfolg eines Rettungseinsatzes, dann haben wir gar keine Chance anders zu entscheiden.“Rudolph legte dabei detaillierte Zahlen vor, die nicht nur die Fahrt von der Wache zum Unfall, zum Brand oder dem Hochwassereinsatz einbezogen, sondern auch den Weg der Freiwilligen zur Wache, der ebennenstadt falls mit in die Hilfsfrist eingehen muss. Liegt die Wache beispielsweise näher am Legoland, wären die Einsatzkräfte rechnerisch vermutlich sogar später bei einem Einsatz im Feriendorf des Freizeitparks – denn die Helfer müssten erst einmal zum Wachstandort kommen.
Hier gingen die Meinungen im Stadtrat auseinander. Auch die Feuerwehrreferenten fanden zu keiner einheitlichen Meinung. Während UWB-Rat Ferdinand Munk (er war in der Sitzung verhindert) über seine Fraktion ausrichten ließ, dass aus seiner Sicht kein anderer Standort als der bisherige infrage komme, damit die Wehr die Hilfsfristen einhalten könne, stellte sich Günter Treutlein (CSU) dagegen. Ihm fehlten Lösungsvorschläge wie die Stationierung eines Feuerwehrfahrzeugs am alten Standort, um die neue Wache zu unterstützen. AuHilfsfrist ßerdem fürchtet er den Mangel an Entwicklungschancen für die Wehr am alten Standort. „Ich hoffe, dass wir die Flucht in die Gutachterei nicht in 20 oder 30 Jahren bereuen.“Auch FWG-Stadtrat Manfred Proksch bemängelte, das Gutachten habe sich zu wenig mit Alternativen befasst. Auch verwies er auf die höheren Kosten, die durch den Teilabriss und Neu- und Umbau am jetzigen Standort im laufenden Betrieb zusammenkommen würden.
Proksch, seine Fraktionskollegin Christa Wall und Treutlein stellten sich am Ende dagegen, den Neubau mit einem Volumen von sieben bis acht Millionen Euro am alten Standort zu errichten. Am mehrheitlichen Beschluss des Stadtrats änderte dies freilich nichts. Und so konnte die freuwillige Feuerwehr am Ende ihrer Freude Ausdruck geben.