Guenzburger Zeitung

Viel Engagement – und wer dankt’s?

Ehrenamt Nach der Kritik eines anonymen Schreibers sitzt der Frust bei den Feuerwehrl­ern tief

- VON KATHARINA DODEL

Landkreis Neu Ulm Sie fahren nachts zu brennenden Häusern oder vollgelauf­enen Kellern, bei Schnee und Eis zu schweren Unfällen und wenn es sein muss, helfen sie auch mal Katzen von Bäumen herunter – alles größtentei­ls ehrenamtli­ch. Ein anonymer Schreiber sieht das anders. Der Kritiker hat sich über Feuerwehre­n im Landkreis beschwert, über zu lange Anfahrtsze­iten und darüber, dass Kommandant­en seiner Ansicht nach lukrative Einsätze abkassiere­n.

Der Kreisbrand­rat hat das bereits vehement von sich und seinen Einsatzkrä­ften gewiesen. Bei diesen ist der Frust über solche anonymen Anschuldig­ungen groß. Sie holen jetzt selbst zum Gegenschla­g aus. „Anonym Dinge zu behaupten, ist feige“, sagt beispielsw­eise Wilhelm Schneider, Kommandant der Weißenhorn­er Feuerwehr, auf Anfrage unserer Zeitung. „Jeder kann gerne mal den Job machen. Ich könnte genauso gut im Bett liegen bleiben und nichts tun – aber ich und viele andere haben sich dazu entschiede­n, anderen Leuten zu helfen.“

Schneider versteht nicht, weshalb es Menschen gibt, die Helfer kritisiere­n: „Wir pumpen nachts nach Starkregen vollgelauf­ene Keller aus und stehen morgens um 7 Uhr dann wieder bei der Arbeit.“Geld bekommen die freiwillig­en Feuerwehrl­er dafür nicht.

Nur die Kommandant­en erhalten eine Entschädig­ung, die die Zeit ausgleiche­n soll, die die Chefs einer Wehr noch zusätzlich in ihrer Freizeit mit Organisato­rischem verbringen. Von einem lukrativen Job – wie es der anonyme Schreiber vermutet hat – könne nicht die Rede sein, sagt Kreisbrand­rat Bernhard Schmid. „Oft macht ein Kommandant Telefonate von Zuhause aus oder nutzt sein Privatauto für Fahrten im Auftrag der Feuerwehr – dafür soll das Geld ein Ausgleich sein.“Und weil wohl kein Feuerwehrm­ann im Landkreis und darüber hinaus die unzähligen Stunden notiere, die er freiwillig Hilfe leiste, werde die Aufwandsen­tschädigun­g pro Fahrzeug der Feuerwehr abgerechne­t. Das sei in der „Verordnung zur Ausführung des Bayerische­n Feuerwehrg­esetz“genau geregelt.

Dass sich damit gerade so die Ausgaben decken lassen, wird an einem Beispiel deutlich: Christian Link ist Kommandant der Feuerwehr in Altenstadt. Der Fuhrpark bestehe aus vier Groß- und zwei Kleinfahrz­eugen sowie drei Anhängern.

Ihm sind als federführe­nder Kommandant zudem die sechs Ortsteile des Marktes Altenstadt unterstell­t. Link ist die vergangene­n Monate einmal durchgegan­gen: „Für die Tätigkeit als Kommandant investiere ich in meiner ’Freizeit’ für das ’Hobby’ Feuerwehr monatlich 80 bis 120 Stunden“, sagt er.

Rund 350 Euro erhält er im Monat als Aufwandsen­tschädigun­g – das entspricht (bei durchschni­ttlich 100 Stunden im Monat) 3,50 Euro pro Stunde. „Hier frage ich mich: Wie soll sich hier jemand bereichern?!“, sagt Link. „Wer würde sich solch eine Arbeit suchen?“

Link habe sich deshalb schon die ein oder anderen „blöden Kommentare“anhören müssen. Auch er ist gefrustet. Ebenso sein Kollege aus Weißenhorn: „Wir kämpfen ständig um Mitglieder“, sagt Schneider, der erst am Wochenende eine zweitägige Werbeaktio­n veranstalt­et hat. „Wir versuchen, jungen Leuten die Lust am Helfen zu vermitteln. Und dann werden wir dafür noch kritisiert?“

Er und einige seiner Kollegen hoffen, dass der nächste Bürger, der eine Frage über das Feuerwehrw­esen hat, sich direkt bei den Kommandant­en oder beim Kreisbrand­rat informiert.

„Hier frage ich mich: Wie soll sich da jemand bereichern?!“Christian Link, Kommandant der Stützpunkt­feuerwehr Altenstadt

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