Der König der Kirchenführer
Porträt Josef Fink hat sich einen Namen gemacht als Verleger qualitätvoller Büchlein über Kulturschätze in ganz Deutschland. An Ideen für die Zukunft mangelt es ihm nicht
Lindenberg Im Kopf von Josef Fink rattert es unaufhörlich. Wenn er nicht gerade schläft, denkt der Verleger dauernd darüber nach, welchen Kirchenführer, welches Kunstbuch er als nächstes auf den Weg bringen möchte, welch eine Publikation in Wochen oder Monaten sinnvoll wäre. Manchmal denkt er sogar Jahre voraus. Wie bei einem aktuellen Führer durch die Lutherstadt Wittenberg. Schon lange sei ja klar, sagt er, dass die Stadt in Sachsen-Anhalt zum Reformations-Jubiläum im Jahr 2017 von Touristen überrannt werde. Und wer hat rechtzeitig einen Führer zu den Sehenswürdigkeiten rund um Martin Luther und seine Stadt am Start? Der Kunstverlag Josef Fink, beheimatet im kleinen Westallgäuer Städtchen Lindenberg, sechs Autostunden von Wittenberg entfernt.
Stolz reicht Josef Fink das grüne 50-Seiten-Büchlein über den Tisch. Er hat den richtigen Riecher gehabt. Wieder einmal. Die erste Auflage von 5000 Exemplaren ist schon fast vergriffen, Fink wird wohl bald nachdrucken müssen. Die Akquise sei seine Stärke, sagt Fink. „Du brauchst einen Blick dafür, wo ein Markt für Publikationen ist.“
Diesen Blick hat er seit Gründung seines Verlags 1996. Damals machte er sich selbstständig, mit 48. Vorher war er Geschäftsführer beim Kunstverlag Schnell & Steiner in München und Regensburg. Fink wird den besonderen Blick noch weiter haben müssen, denn Aufhören möchte er nicht – obwohl er heute seinen 70. Geburtstag feiert. Und obwohl der Markt aufgrund des Internetangebots schwieriger denn je geworden ist. In seinem Kopf schwirren Ideen für Dutzende von neuen Buchprojekten herum – darunter ein Führer die neue Elbphilharmonie in Hamburg und einer über die Kapelle des noch gar nicht fertiggestellten Berliner Flughafens.
Dieser Mann lebt für den Verlag. Seit 20 Jahren habe er keinen Urlaub mehr gemacht, sagt Fink. Oft kommen in der Woche 80 Stunden zusammen. Wenn ihm nachts eine Idee durch den Kopf schießt, steht er auf und eilt an den Schreibtisch, um sie zu notieren. Nur am Sonntagnachmittag gönnt er sich ab und zu ein Fußballspiel des FC Lindenberg. Früher einmal war er Vorsitzender dieses Vereins. Aber nachdem er sein Unternehmen gestartet hatte, zog er sich aus allen anderen (ehrenamtlichen) Tätigkeiten zurück.
Finks Fleiß und Hartnäckigkeit zahlen sich aus. In der Branche hat er sich den Ruf eines „Königs der Kirchenführer“erworben. Rund 600 Hefte in DIN-A5-Größe mit Texten und Bildern über Gotteshäuser und Klöster brachte er in den 21 Verleger-Jahren heraus. Hinzu kommen ebenso viele – oft edel aufgemachte – Bücher über Kunst, Architektur, Religion und Kulturgeschichte sowie 3000 Kunstkarten. Die Gesamtauflage des Verlags mit einem Jahresumsatz von einer Million Euro beläuft sich auf 18 Millionen Exemplare. Durchschnittlich bringt Fink ein neues Buch pro Woche auf den Markt.
Die katholische Kirche freut sich über derartige Begleitung. 2012 überreichte Bischof Konrad Zdarsa Josef Fink das päpstliche Ehrenkreuz für sein langjähriges verlegerisches Wirken im Sinne der Anliegen der Kirche. Beim 20-Jahr-Jubiläum 2016 nannte der ehemalige Bamberger Erzbischof Braun den Verlag einen „Hüter der Schönheit“. Das freut den katholisch erzogenen und sich gläubig nennenden Fink natürlich – wenngleich er betont, er sei ein Verfechter der Ökumene.
Dass sich ihm potenzielle Kooperationspartner und Kunden bei Verfür handlungen kaum entziehen können, wird bei einem persönlichen Gespräch mit Josef Fink schnell klar. Ohne Punkt und Komma sprudelt es aus ihm heraus. Doch nicht nur dieses Kommunikationstalent zeichnet Fink aus. Er möchte auch mit Qualität überzeugen. Für den Wittenberg-Führer beispielsweise hätte er auch auf alte Archiv-Fotos zurückgreifen können, was ihn vielleicht billiger gekommen wäre. Aber lieber habe er Fotografen losgeschickt, um aktuelle Bilder abdrucken zu können. Apropos Druck: Wenn die ersten Bögen aus den Maschinen kommen, und sei es auch mitten in der Nacht, steht Fink selbst dabei, prüft die Farben, lässt nachjustieren.
Das hört sich an, als ob der Kunstverlag Josef Fink eine OneMan-Show wäre. Ist er fast – aber nicht ganz. Fünf Mitarbeiter sind fest angestellt, darunter die beiden Töchter Finks. Was den Verlag aber so effizient und umtriebig macht, ist ein weitverzweigtes Netz an freien Mitarbeitern. Lektoren, Autoren, Fotografen, Grafiker, Berater gehören dazu. „Wenn Sie mich fragen, was ich bin, dann sage ich: erst Verleger, dann Netzwerker“, erklärt Fink. „Ohne eine Vielzahl von Kontakten würde das alles nicht funktionieren.“
Dafür arbeitet er nicht nur an sieben Tagen in der Woche, sondern legt auch 70 000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurück. Schließlich gilt es, Kunden in ganz Deutschland und darüber hinaus zu betreuen. Über den Campo Santo Teutonico, den deutschen Friedhof im Vatikan, hat er einen Bildband erstellt – und ihn im vergangenen Dezember persönlich Papst Franziskus überreicht. Keine Frage, dass er ein Foto mit dem Pontifex als Werbe-Karte hat drucken lassen.