Anpfiff für Helene
NVON ANTON SCHWANKHART ein, nichts gegen Helene Fischer. In dieser Spalte geht es um Sport, oft auch in weiterem Sinne. Das aber ist bereits das Problem. Mag man den Sport noch so weit fassen, Helene Fischer passt nicht unter sein Dach.
Sie singt Schlager. So inbrünstig, dass ihr Millionen zu Füßen liegen. Sie ist Deutschlands Königin in diesem Reich. Was lag also näher, dachten sich die Marketing-Experten des Fußballs, die nichts anderes im Kopf haben, als ihr Produkt aufzublasen, als die Schlagerkönigin mit dem König Fußball zusammenzuführen. Wenn das nicht zündet. Hat es auch. Nur ist der Schuss in etwa so mächtig nach hinten losgegangen, wie man sich das anlässlich eines Metallica-Auftritts beim Katholikentag vorstellt. Ein unüberhörbarer Teil der 75 000 Zuschauer im Berliner Olympiastadion hat Fischers HalbzeitShow minutenlang ausgepfiffen. Das war nicht schön für Helene. Genauso wenig wie für die Millionen Zeugen des quälenden Konzerts vor dem Fernseher.
Dabei hatten sich die Schlagerkönigin und ihre Tanz-Crew richtig viel Mühe gegeben. Fielen weder technisch noch konditionell ab. Das Publikum aber war mehrheitlich gekommen, um Fußball zu sehen. Nur Fußball. Nicht dessen Inszenierung. Attraktiven, leidenschaftlichen, mitreißenden Fußball. Dazu ein Kaltgetränk und eine Bockwurst. Wenn es dann etwas anderes gibt, etwas, das der FußballAnhänger nicht bestellt hat, wird er sauer. Er ist, moderne FußballTempel hin oder her, im Innersten Traditionalist, lässt sich nicht alles andrehen und zieht den Inhalt der Verpackung vor. Man kann dieses altmodische Konsumverhalten sympathisch finden. Das unterscheidet den deutschen Sportfan vom amerikanischen, der ohne Show keinen Fuß in ein Stadion setzt. Dass der Zuschauer hierzulande noch nicht so weit ist, hätten die MarketingExperten dem jüngsten Auftritt von Anastacia in der Allianz-Arena entnehmen können. Anastacia sang sich zur Pause ungerührt in die Verlängerung, der Fußball hatte gefälligst zu warten. Dafür, dass er nicht noch weiter an den Rand gesungen wird, möge Helene Fischer den Vermarktern noch lange furchtbar in den Ohren klingen.