Österreich klagt gegen deutsche Pkw Maut
Verkehr Wien bleibt bei EU-Ministertreffen hart. Der Klage-Gutachter erklärt, warum er die deutsche Abgabe mehrfach für rechtswidrig hält
Augsburg Österreich will die deutsche Pkw-Maut definitiv vor dem Europäischen Gerichtshof zu Fall bringen. Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried machte bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus den deutschen Nachbarstaaten Luxemburg, Belgien, Tschechien und den Niederlanden klar, dass seine Regierung unabhängig von einem geplanten Vermittlungsverfahren der EUKommission eine Klage bei dem höchsten europäischen Gericht einreichen werde. Was bei dem Treffen ebenfalls klar wurde: Die anderen Länder wollen bei der Klage vorerst nicht mitziehen. Tschechien signalisierte bereits, es werde gegen die deutsche Maut nicht vorgehen. Für Luxemburg und die Niederlande gebe es „noch Klärungsbedarf“. Man wolle von der EU-Kommission eine schriftliche Begründung verlangen, warum die Behörde das laufende Mautverfahren gegen Deutschland eingestellt habe.
CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt verteidigt das deutsche Modell als europarechtskonform und verweist auf entsprechende Aussagen der EU-Kommission.
Leichtfried versuchte bei dem „Anti-Maut-Gipfel“, die anderen Staaten zu bewegen, sich der Klage anzuschließen. „Die deutsche Maut diskriminiert alle Nicht-Deutschen“, betonte der Österreicher. „Das verstößt gegen EU-Recht.“Der Sozialdemokrat bestritt in einem Interview innenpolitische Motive für die Klage angesichts der österreichischen Parlamentswahlen im Herbst: In der Mautfrage seien sich alle österreichischen Parteien einig.
Auch könne man die deutsche Abgabe nicht mit der österreichischen Maut vergleichen, betont Leichtfried. „In Deutschland sollen alle bis auf die Deutschen zahlen. Es ist also eine reine Ausländermaut.“In Österreich würden In- und Ausländer gleichermaßen bei den Autobahnvignetten belastet. Die Wiener Regierung stützt sich bei ihrer Klage auf ein Gutachten des Innsbrucker Europarechtlers Walter Obwexer. Der 51-jährige Professor erklärt, das deutsche Maut-Modell diskriminiere gleich in mehrfacher Hinsicht EU-Ausländer.
Dies verstoße bei Autofahrern, die aus wirtschaftlichen Gründen unterwegs sind, sogar wortwörtlich gegen den Lissabonner EU-Vertrag. So untersagt Artikel 92 ausdrücklich eine Schlechterstellung gewerblicher ausländischer Verkehrsteilnehmer. Eine weitere Diskriminierung ist laut Obwexer, dass künftig ausschließlich ausländische Autofahrer überprüft und bei Mautverstößen bestraft werden sollen, da bei deutschen Fahrzeughaltern die Abgabe automatisch zusammen mit der KfzSteuer eingezogen werden soll.
Zudem zieht der Klägeranwalt die von Deutschland in Brüssel vorgebrachten Argumente, wonach die Pkw-Maut auch dem Umweltschutz dienen solle, grundsätzlich in Zweifel: „Sie belohnt nämlich Vielfahrer, die die Umwelt stärker belasten als Gelegenheitsfahrer“, kritisiert Gutachter Obwexer. Auf der anderen Seite würden „besonders umweltbelastende Fahrzeuge keiner Mehrbelastung unterworfen“, so der Jurist. „Einer Vertragsverletzungsklage gegen Deutschland kommt begründete Aussicht auf Erfolg zu“, ist sich der Professor sicher. (mit dpa)
Im Leitartikel entlarvt Jürgen Marks das Wahlkampfgetöse, das sowohl hinter deutschen als auch österreichischen Argumenten steckt.
„Die deutsche Maut diskriminiert alle Nicht Deutschen. Es ist eine reine Ausländermaut.“Österreichs Verkehrs minister Leichtfried