Wie Wiederkäuer Bienen und Schwalben helfen
Artenvielfalt Was sich Experten von einem Beweidungsprojekt mit irischen Dexter-Rindern im Bremental versprechen
Ein orangefarbener Eimer, zu einem guten Drittel mit geschnittenen Gelben Rüben gefüllt, dient Josef Hörmann am Mittwochvormittag als Lockmittel. Damit lassen sich die zwei Jahre alten Kühe Frieda und Rosi aus dem hinteren Teil der ein Hektar großen Feuchtwiese ebenso nach vorne holen wie der halb so alte Stier Schweizer. Ab und zu zeigen sie sich dennoch widerspenstig, wenn der Eigentümer dreier irischer DexterRinder die eigenwilligen Vierbeiner für den Vor-Ort-Termin vorführt. Hörmann rät auch nicht zur Kontaktaufnahme. „Das hier ist kein Streichelzoo“, sagt er. Ein Elektrozaun schließlich dort aufhielten. „Stellen Sie sich vor, alles würde sich an einem Ort sammeln und dann rafft eine Krankheit den kompletten Bestand dahin“, gibt Frimmel zu bedenken.
Neben der Bewahrung der seltenen Haustierrassen nennt der Umweltexperte den ökologischen Nutzen einer Beweidung im Gegensatz zur Mahd. Nichts geschieht auf der Wiese mit den Dexter-Rindern gleichmäßig. Die Huftiere zupfen Gräser und Kräuter vom Boden, wo es ihnen gerade gefällt. Durch Trittschäden werden offene Stellen geschaffen. Das sorgt insgesamt für eine Artenvielfalt, die im Bremental besonders reichhaltig ist. Im Allgäu, erzählt Frimmel, wird aus ökonomischen Gründen fünf, sechs oder gar sieben Mal gemäht. „Da kann nicht mal mehr ein Löwenzahn in Ruhe wachsen.“Die Folge davon: „Bienen verhungern heute regelrecht auf den Wiesen. In den Städten und an Stadtrandlagen ist das Nahrungsangebot für sie inzwischen besser als in ländlichen Regionen.“
Fünf, sechs oder sieben Grasarten gibt es laut Frimmel noch auf bewirtschaftetem Allgäuer Grünland. Im Bremental, das vor wenigen Jahrzehnten allenfalls zum Abladen von Bauschutt und Grünabfällen diente, wüchsen zwischen 70 und 90 Grasarten. „Und jede Pflanzenart hat im Durchschnitt etwa 20 Tierarten im Schlepptau“, sagt der Naturschutzbeauftragte für den Kreis. In aller Regel sind das Insekten.
Aber nicht nur das Abgrasen der Wiesen dient dem Artenreichtum. Die Hinterlassenschaften der Dexter-Rinder tun es ebenso. Frimmel zufolge ernährt im Schnitt ein Kuhfladen eine Schwalbenfamilie den ganzen Sommer. Das kommt so: Insekten legen gerne ihre Eier in den tierischen Exkrementen ab. Und für Schwalben (und viele andere Vogelarten) stehen nun mal Insekten ganz oben auf dem Speisezettel.
10 000 Euro hat der Landkreis für dieses Beweidungsprojekt über Mittel aus dem Naturschutzfonds ausgegeben. Das Geld wurde vor allem dafür verwendet, insgesamt zwei Hektar Grünland einzuzäunen – mit 900 Meter Weidezaun, berichtet Verena Weitmann. Sie ist Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbandes Günzburg, der die Einzäunung organisiert hat.
Irgendwann sollen beide Hektar von den Tieren niedergehalten werden. Die drei Rinder reichen dafür nicht aus. Aber Nachwuchs naht, sagt Josef Hörmann erfreut. Beide Kühe seien trächtig.