Wer kennt noch die Zeit ohne Tablet?
Fortschritt Wie sehr haben sich die Medien in den vergangenen zehn Jahren verändert? K!ar.Texter erinnern sich
Früher teilte man Musik auf gebrannter CD Der Selfie Stick hat die Foto Welt verändert
Landkreis 13.30 Uhr nach Schulschluss im Bus. Drei Augenpaare blicken aus dem Fenster, 53 blicken auf ihr Handy-Display. Ein Drittel der Schüler trägt Kopfhörer. Viele Eltern und Großeltern schütteln bei diesem Anblick den Kopf. Was sie unmöglich finden, findet die Jugend praktisch – alles Wichtige auf einen Blick: Chat-Nachrichten, E-Mails, Lieblingsmusik, Lieblingsserie, Bilder, Videos, Kontostand. Alles unterwegs verfügbar. Und vor zehn Jahren undenkbar.
Mit den Freunden chatten, klar ging das 2007. Aber für die meisten nur am PC. Auch E-Mails rief man daheim am Schreibtisch ab. Für die Lieblingsmusik schnappte man sich die beste Freundin und lief in den nächsten Multimediamarkt. Zu Hause wurden die CD dann gebrannt und an die Freunde verteilt. Musik teilen? Das geht heute per Mausklick, Fingertipp oder gemeinsamer Playlists.
98 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 besitzen heute ein Smartphone. Das fand das Internationale Zentralinstitut für das Jugendund Bildungsfernsehen (IZI) in einer Studie heraus. Weitere 98 Prozent verfügen über Computer oder Laptop, 97 Prozent haben Fernsehen und Internetzugang. Hinzu kommen Digitalkamera, Radiogerät und DVD-Player. Diese Geräte haben immerhin fast 90 Prozent zu Hause. Die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung scheinen grenzenlos. Und die meisten nutzen mehrere Medien parallel.
Zeitung, Bücher, Filme, Musik. Das waren 1950 beliebte Freizeitbeschäftigungen. Wäre damals jemand auf die Idee gekommen, die Schallplatte aufzulegen, sich vor den zu setzen und nebenbei ein Buch zu lesen? Wohl kaum. Auch vor zehn Jahren war das noch undenkbar.
Heute ist die simultane Mediennutzung selbstverständlich. Der Trend hin zum „Second Screen“hat sich längst etabliert. Knapp 80 Prozent der Fernsehzuschauer zwischen 14 und 29 Jahren verwendet mindestens ein weiteres Gerät parallel, meist das Smartphone. Das geht aus dem Digitalisierungsbericht 2016 der Medienanstalten hervor.
2017 – Willkommen im Zeitalter der mobilen Generation. Vor allem die Generation Z, alle nach 1995 Geborenen, kann sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Ihre Mediennutzung könnte man so zuFernseher sammenfassen: immer früher, immer länger, immer mobiler. Drei Stunden verbrachten die 14- bis 29-Jährigen 2015 laut IZI online. Zum Vergleich: Zeitschriften widmeten sie eine Minute, der Zeitung neun und Büchern 22 Minuten.
Bücher sind nicht out. Etwa 60 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen geben an, gerne Bücher zu lesen. Doch auch vor ihnen hat die Digitalisierung nicht Halt gemacht. 2007 brachte Amazon in den USA mit Erfolg den eBook-Reader „Kindle“auf den Markt. Seit 2011 ist er auch auf der deutschen Website erhältlich. Dennoch blättern die meisten immer noch lieber Seiten um, als dem Wechsel der Seiten auf dem Bildschirm zuzuschauen.
Auch in der Welt der Kameras hat sich einiges getan, vor allem mit dem Siegeszug des Selfie-Sticks. Ein Vorgängermodell der Stange, wie wir sie heute kennen, wurde bereits vor 20 Jahren in einem Buch über 101 nutzlose japanische Erfindungen erwähnt. Patentieren ließ die Erfindung 2005 ein Kanadier. Weltweite Bekanntheit erlangte der Selfie-Stick 2014 – und revolutionierte auch das Posing. Während man 2007 Richtung Kameramann grinste – oft einem Fremden, den man zuvor auf der Straße angesprochen hatte –, lacht man jetzt eine ausziehbare Stange an. Ob das so wertvoll ist für die zwischenmenschliche Kommunikation?