Badeverbot ohne Folgen
Freizeit Uferabschnitte an den Vollmerseen können zur tödlichen Falle werden. Das sehen der Kreis und die Stadt Günzburg so. Deshalb darf hier niemand mehr schwimmen. Doch nicht alle halten sich an die Vorgabe. Und es gibt ein weiteres Problem
Peter Ludwig zieht einen Mundwinkel leicht nach oben, wenn er nach dem Badeverbot an den Vollmerseen gefragt wird. Auf seinem Gesicht erscheint der Anflug eines Lächelns am Donnerstagabend. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt und die Schnaken schwirren verstärkt am Seeufer durch die nicht mehr durch Sonnenstrahlen aufgeheizte Luft. „Ja, für uns ist das Badeverbot natürlich besser.“„Für uns“– damit meint Ludwig die Fischer, die auch schon vor dem „vorläufigen Badeverbot“nicht wegen des Schwimmvergnügens an die Baggerseen gekommen sind. Sie sitzen am Ufer oder rudern mit einem Boot aufs Wasser, werfen die Angeln aus und warten, bis eine der Schnüre sich bewegt. Karpfen, Hechte und Weißfische wie die Schleie haben Mitglieder und Gäste des Fischereivereins Riedhausen am Haken.
„Die Fische fühlen sich nicht mehr so gestört“, sagt Ludwig. An einem der beiden westlichen Seen war bereits im Jahr 2012 von der Stadt Günzburg ein bequemer Zugang ins Wasser geschaffen und ein Sandstrand angelegt worden. Das Ziel dieser Attraktivitätssteigerung war es, die Menschen von den ökologisch wertvolleren beiden östlichen Vollmerseen fernzuhalten. Als 2015 ein weiterer Sandstrand an dem anderen westlichen See entstehen sollte, hatte das Landratsamt Bedenken wegen der Standsicherheit. Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, das Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig „niederschmetternd“nennt: Wenn die Sandfläche durch Betreten oder andere Erschütterungen in Bewegung gerät, tritt das Wasser aus den Poren aus und das feinkörnige Sedimentgemisch kann seinen Zusammenhalt verlieren. Schwemmsande könnten so abrupt in den See rutschen – und der eingesunkene Badegast mit. Das bedeutet Lebensgefahr. Dieses „nicht ausschließbare Restrisiko“waren Stadt und Kreis nicht bereit zu tragen – auch aus Haftungsgründen nicht. Deshalb haben sie die unübersehbaren weißen Verbotsschilder an Uferbereichen der westlichen Seen platziert. Aber wird dieses Verbot auch befolgt? Und wie wird es kontrolliert?
Sophie Zenker, 19, Lisa Jezorski, 19, und Aaron Sadowski, 18, alle aus Herbrechtingen bei Heidenheim, wollten am Donnerstagabend eigentlich baden. „Ein anderer See im Kreis Günzburg war unser Ziel. Aber wir haben uns verfahren und sind hier gelandet“, sagt Sadowski. Von ihrem Plan haben sie Abstand genommen. Die Schilder hätten abgeschreckt. „Ein bisschen übertrieben finde ich das aber schon“, sagt der junge Mann und erinnert sich an eine Wattwanderung mit seinem Vater an der Nordsee. Der sei damals an einer Stelle „bis zum Bauch eingesunken und ohne meine Hilfe wäre er da wohl auch nicht wieder rausgekommen. Und da gab es kein einziges Schild.“
Jetzt haben sie sich aufs Grillen verlegt. Hühnchenteile und Nürnberger Würstchen brutzeln auf dem mitgebrachten, niedrigen Einweggrill. Andere Seebesucher missachten die Badeverbot-Schilderansammlung. Noch eine Viertelstunde zuvor hätten wenige Meter von ihnen entfernt zwei Männer und zwei Frauen mit einem Kleinkind und einem Baby im Arm im Wasser gebadet. Außerdem sei noch ein Hund dabei gewesen.
Mütter mit ihren Kindern seien an den Vollmerseen inzwischen untypisch, sagt Peter Ludwig vom Fischereiverein. Seine Beobachtung ist: Es baden deutlich weniger Menschen in dem Gewässer. Die Hauptgruppe seien junge Erwachsene „so von 25 bis 30 Jahren“.
Was aber passiert, wenn ein solches Verbot missachtet wird? „Wer sich nicht daran hält“, sagt Peter Kaufmann, „begeht eine Ordnungswidrigkeit“. Kaufmann ist im Günzburger Landratsamt der Leiter des Fachbereichs Wasserrecht. Das maximale Bußgeld, das bei Verstößen verhängt werden kann, beläuft sich auf 5000 Euro.
Das aber ist die Theorie. Denn wo kein Kläger, da ist auch kein Richter. Und kontrolliert wird nicht. Befugt dazu wären beispielsweise die Naturschutzwächter und Mitarbeiter des Landratsamtes. Dazu müssten aber zunächst einmal die Personalien der unerlaubt Badenden festgestellt werden. Kein ganz einfaches Unterfangen. Das Grill-Trio hat sich mit dem Verbot abgefunden und ärgert sich über etwas ganz anderes – nämlich, dass es auf den wenigen Quadratmetern umgeben ist von Hinterlassenschaften der Seebesucher: Eine Flasche Bier schwimmt im seichten Wasser, Plastikverpackungen von SchokoEiern liegen verstreut im feinen Sand, eine Shampoo-Flasche fällt als Fremdkörper direkt im Uferbereich schon von Weitem auf. „Wir verstehen das nicht“, sagen die jungen baden-württembergischen Gäste. „Kann man die Sachen, die man mitgebracht hat, nicht auch wieder mitnehmen?“
OUm den Badebetrieb an den Seen im Landkreis in geordnete Bahnen zu lenken und mögliche Konflikte zu vermeiden, gibt es bestimmte Vor schriften. Diese sind in der Broschüre des Landkreises „Regeln zur Freizeit an Ge wässern“zusammengefasst. Im Internet können Interessierte das unter der Adresse www.landkreis guenzburg.de/ buergerservice/natur und umwelt/ wasserrecht/regeln zur freizeit an gewa essern wassersport downloaden.