Wir waren’s nicht!
Oder? Als vermeintliche Öko-Musterschüler zeigen wir Deutschen gern mit dem Finger auf andere. Dabei wissen wir, dass unser billiger Konsum nicht tragbar ist – und machen trotzdem immer weiter. Warum?
Strom an Daten – vom Zustand der Böden und der Strömung der Meere bis zur Größe der Wälder. Damit können die Wissenschaftler recht genau bestimmen, wie es um die Erde steht. Im Prinzip eine Buchhaltertätigkeit: sehen, was da ist, und berechnen, was damit produziert werden kann. Auf einem Feld kann man Getreide anbauen, in der Lage sind, ökologische Dienstleistungen für den menschlichen Gebrauch zu liefern“, also Acker- und Weideland, Fischgründe, Wald, aber auch bebautes Land.
Zwölf Milliarden. Und jetzt zur Dimension des Problems, vor dem wir stehen: Um den Konsum aller Menschen allein im Jahr 2011 zu decken, hätten wir 18,5 Milliarden Hektar benötigt. Eine Lücke von 6,5 Milliarden Hektar. Zum Vergleich: Afrika ist etwa 3 Milliarden Hektar groß. Das Defizit geht auf Kosten des Ökosystems, das unser Überleben sichern soll. Seitdem ist unser Konsum weiter gewachsen – und die Weltbevölkerung auch. Verschwunden sind in den vergangenen 100 Jahren dagegen so viele Tier- und Pflanzenarten, wie zuletzt beim Aussterben der Dinosaurier.
Bereits am 2. August dieses Jahres wird die Menschheit alle Ressourcen aufgebraucht haben, die von der Erde heuer erneuert werden. Von da an zehren wir von der Substanz. Deutschland liegt bei den Berechden zum Ressourcenverbrauch übrigens im weltweiten Spitzenfeld: Wollten alle Menschen auf der Welt so leben wie der deutsche Durchschnitt, bräuchten wir 3,2 Erden. Wie gesagt, Buchhaltertätigkeit.
Das große Bild, die einfache Mathematik – beides leider eher abstrakte Dinge. Wenn man sehr unbewusst die Annehmlichkeiten des Alltags in einem modernen, industrialisierten Land genießt, wird man nicht jeden Tag daran erinnert, dass nichts von dem selbstverständlich ist – und für den größten Teil der Menschen auf dem Planeten unerreichbar. Solange noch nicht all die Menschen aus den Gebieten der Erde unterwegs sind, die wegen Ressourcenauszehrung, falscher Bewirtschaftung und Klimawandel unbewohnbar werden, kann man hier Bio-Flugobst vom anderen Ende der Welt kaufen und sich im Übrigen der Illusion hingeben, alles sei schon nicht so schlimm.
Zeit also, heranzuzoomen an uns und jenen Alltag. An Gelbe Tonnen und das allgegenwärtige Plastik; an das Grillfest mit mehr Fleisch, als alle zusammen essen können und den Flug in den Kurzurlaub – und damit zu der Frage, wie es sein kann, dass all dies in den vergangenen Jahrzehnten scheinbar so viel billiger geworden ist.
Man kann es so plakativ formulieren wie Evi Hartmann, Professorin für Betriebswirtschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die sich mit Globalisierung und Moral beschäftigt und jüngst ein Sachbuch mit dem Titel „Wie viele Sklaven halten Sie?“
veröffentlicht hat. Ihre Anklage: Das meiste von dem, was wir eher unbedacht konsumieren, ist nur deswegen so billig, weil es unter sklavenartigen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Handys oder Tablets zum Beispiel, für die man seltene Mineralien benötigt, die in Afrika auch Kinder aus der Erde kratzen müssen. Zusammengebaut werden die Geräte dann meist in China, einungen
(Campus, 224 Seiten, 17,95 Euro)