Wenn die Werbung laufen lernt
Wirtschaft Die Stadt Ulm hat die Rechte in Sachen Plakatwände und Säulen neu vergeben. Künftig wird auch digital um Kunden gebuhlt. Was das mit öffentlichen Toiletten zu tun hat
Neue Werbezeiten brechen auf Ulms Straßen und Plätzen an: Ab dem kommenden Jahr wird erstmals versucht mithilfe von digitalen Bildschirmen die Aufmerksamkeit von Passanten auf Produkte zu richten. Wie die Ulmer Stadtverwaltung mitteilt, werden sämtliche Werbeträger wie Plakatwände und Säulen, die die Firma Wall bisher unterhält, durch neue Werbeträger der Firma DSM Deutsche Städte Medien ersetzt.
Die Stadtverwaltung erteilte der Firma DSM die entsprechenden Rechte, nachdem sie die Nutzung des Werberechts europaweit ausgeschrieben hatte. Was das Tochterunternehmen der Firma Ströer Media mit Sitz in Köln für diese Rechte zahlt, wollte die Stadtverwaltung auf Anfrage nicht sagen. Geschäftsgeheimnis. „Wir haben das wirtschaftlichste Angebot gewählt“, sagt Pressesprecherin Marlene Müller. Bis zu drei digitale „City-Light-Boards/Mega-Lights“und bis zu sieben digitale City-Light-Postervitrinen dürfen künftig in Ulm aufgestellt werden. Bewegte Bilder und animierte Bildwechsel seien künftig gestattet. Mega-Lights sind neun Quadratmeter große Werbeflächen, die an stark frequentierten Straßen aufgestellt werden. Von den zugelassenen sieben digitalen CityLight-Postervitrinen dürfen maximal fünf freistehend werben und maximal vier an Haltstellen angebracht werden. Analoge Werbung wird trotz der Digitalisierung weiterhin das Stadtbild beherrschen: Insgesamt erhält die Firma DSM das Recht, jeweils bis zu 90 Säulen, 25 Großflächen, 213 City-Light-Poster-Vitrinen und 16 sogenannte Monofußanlagen im Stadtgebiet aufzustellen und werblich zu nutzen.
Im Gegenzug erhält die Stadt jährlich ein ungenanntes Entgelt nebst zusätzlicher Leistungen, insbesondere der Reinigung der Fahrgastunterstände. Außerdem werden der „Kulturring“und die „Kultursäulen“, die an ausgewählten Standorten Kulturschaffenden als Werbemöglichkeit dienen und Wildplakatierung eindämmen, von der DSM fortgeführt werden.
Im Altvertrag mit Wall war nach Angaben der Stadtverwaltung geregelt, dass die Fahrgastunterstände in das Eigentum der Stadt übergehen. Ulm wird deswegen alle Fahrgastunterstände mit Wirkung zum 1. Januar kommenden Jahres übernehmen. Statt Wall reinigt künftig DSM die Haltestellen. Die Instandhaltung und Ersatzbeschaffung obliegt allerdings künftig der Stadt. Mit Beginn des kommenden Jahres werden zudem die von Wall betriebenen Toilettenanlagen abgebaut. Eine der Anlagen musste bereits im Frühjahr durch die Baumaßnahmen am Bahnhof weichen.
Eine Karte der Stadt Ulm zum Thema öffentliche Toiletten weist neben der (abmontierten) WallToilette am Bahnhof noch Wall-Anlagen am Ehinger Tor, WillyBrand-Platz sowie am Saumarkt aus. Ob es dafür Ersatz gibt, steht in den Sternen. Derzeit arbeite die Stadtverwaltung an einem „gesamtstädtischen Toilettenkonzept“. Dies solle klären, ob und in welcher Form für die Wall-Anlagen Ersatz geschaffen wird. Ein Wegfall wäre definitiv spürbar, denn die Stadt Ulm betreibt in Ulm lediglich vier öffentliche Toiletten: Am Karlsplatz, am Lautenberg, in der Glöckerstraße und an der Donauhalle.
Großflächige Werbung in Städten ist offensichtlich ein einträgliches Geschäft: Für ein „Light Board“an der Adenauer Brücke verlangt Wall derzeit nach Angaben auf der eigenen Internetseite bis zu 101 Euro pro Tag von ihren Werbekunden. Eine Stele, etwa an der Heidenheimer Straße ist schon für etwas unter 20 Euro am Tag zu haben.
Wie der neue Anbieter DSM wirbt, können in den digitalen Plakatwänden auch redaktionelle Schlagzeilen oder etwa auch die Wettervorhersage integriert werden. Und schön sollen die Dinger auch werden: „Die Anlagen werden sich durch ein zurückhaltendes und elegantes Design auszeichnen“, wird Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch in einer Pressemitteilung zitiert.
Mehrere öffentliche Toiletten fallen erst mal weg