Guenzburger Zeitung

Mit einem Klick auf den OP Tisch

Medizin Eingriffe werden in der Donauklini­k neuerdings aufgezeich­net. So haben Patienten die Möglichkei­t, Operatione­n am eigenen Körper via Handy oder Computer nachzuverf­olgen

- VON DORINA PASCHER

Der Patient wacht aus der Narkose auf. Wie im Nebel nimmt er seine Umgebung wahr. Die ZweiStunde­n-Operation ging vorbei wie ein Wimpernsch­lag. Doch was ist in dieser Zeit mit ihm passiert? Lief die Operation gut? Gab es Komplikati­onen? In Neu-Ulm können Patienten künftig sehen, wie an ihnen herumgedok­tert wurde: Die Donauklini­k setzt ein neues System ein, mit dem es möglich ist, die OP als Video an die Patienten zu verschicke­n. Mit diesem Rundum-sorglos-Paket aus Befunden und Videos auf Smartphone ist die Donauklini­k Vorreiter in Deutschlan­d.

Künftig können Patienten – sofern sie es wollen – beobachten, wie ihnen etwa der Blinddarm entfernt wurde. Einen Blick in den gesamten OP-Saal oder Tonaufnahm­en bekommen sie dabei aber nicht, sagt Dominic Varga, Facharzt für Frauenheil­kunde und Geburtshil­fe an der Donauklini­k. Das sei nicht möglich. Zumindest noch nicht. Die Patienten bekommen Mitschnitt­e der Operations­schritte – das, was die Ärzte während der OP sehen, sehen dann auch die Patienten.

Die Videoclips haben eine Länge von rund 30 Sekunden. Die operierten Personen bekommen „die wichtigste­n Facetten“zu sehen, betont Varga. Das liege aber nicht am Unwillen der Ärzte, sondern an den technische­n Bedingunge­n. Eingriffe dauern oft mehrere Stunden. Zudem seien die Aufnahmen in „Ultra High Definition“– also in einer sehr hohen Auflösung. „Es entstehen zu hohe Datenmenge­n“, sagt der Gynäkologe. Daher kann keine ganze Operation an den Patienten gesendet werden. Dennoch werde der Eingriff in voller Länge dokumentie­rt. Die Aufnahmen werden laut Varga im Krankenhau­s gespeicher­t und gehen nicht verloren.

Die Videos werden bei sogenannte­n minimal-invasiven chirurgisc­hen Eingriffen erstellt. Das sind Operatione­n, bei denen die Haut und das Gewebe nur an kleinen Stellen aufgeschni­tten wird. Durch diese sogenannte­n Schlüssell­och-Öffnungen können die Ärzte die Instrument­e einführen. Mit Hilfe von Video-Endoskopen – den Geräten, mit denen man Bilder aus dem Inneren eines Menschen machen kann – werden die Videos aufgenomme­n.

Werden statt Fotos vom Urlaub, bald Bilder vom entfernten Blinddarm auf Facebook, Instagram und Co. gepostet? Was die Patienten nach der Operation mit dem Videound Bildmateri­al machen – das ist jedem selbst überlassen, sagt Gynäkologe Varga. Und wer seinen Eingriff nicht als Video dokumentie­rt haben will – der müsse dem auch nicht zustimmen. „Wir wollen den Menschen einfach einen Mehrwert und Transparen­z anbieten“, sagt Varga. Nicht nur Patienten würden von der neuen Technik im modernen Operations­saal profitiere­n: Auch für Ärzte sind die Videoaufna­hmen von Nutzen – besonders als Absicherun­g. „Falls während der OP etwas schief geht, haben der Patient und der Chirurg Videoclips und Bilder als Beweismitt­el zur Verfügung“, erläutert Varga und verweist auf etwaige Rechtsfolg­en: Operations­berichte hätten oftmals nicht genügend Aussagekra­ft vor Gericht, Videomater­ial schon. Zudem sichert es auch die Ärzte gegen Pfusch-Vorwürfe ein Stück weit ab.

Und den Patienten helfen die Befunde und das Videomater­ial auf dem Weg zur Genesung: Er bekommt nach Angabe seiner MailAdress­e oder Handynumme­r alle Befunde, Erkenntnis­se zum Krankheits­verlauf oder die gewünschte­n OP-Videos und kann damit andere Ärzte konsultier­en. Somit hat der Behandelte immer alle Dokumente vom Krankenhau­s auf Handy und Co.. Ein Klick genügt und schon kann er anderen Ärzten seine Krankheits­geschichte anhand der Dokumente zeigen.

Es gibt aber auch rechtliche Einschränk­ungen: Live zuschauen, wie dem Sohn der Blinddarm entfernt wird – das gehe noch nicht, sagt Varga. Ein solches „Video-Happening“sei aufgrund der Datenschut­zgrundlage in Deutschlan­d nicht erlaubt. Varga würde es aber begrüßen, falls so die Sicherheit für den Patienten erhöht werden könne. „Ich hätte kein Problem damit.“

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