Was kommt beim Diesel Gipfel raus?
Betrugs Affäre Politik und Autoindustrie beraten heute, wie Millionen von Selbstzünder-Motoren sauberer gemacht werden können und wer dafür bezahlen soll
Die deutsche Autoindustrie steht mächtig unter Druck. Heute treffen sich Vertreter von Politik und Industrie zum „Diesel-Gipfel“, um über die Konsequenzen aus der Diesel-Affäre zu beraten. Wie sollen die Millionen betroffener Autos sauberer gemacht werden? Und wer zahlt dafür? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer nimmt am Diesel-Gipfel teil? Gastgeber sind Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Erwartet werden auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU), ein Vertreter des Bundeskanzleramts sowie die Ministerpräsidenten von neun Bundesländern. Für die Autoindustrie sitzen die Firmen Volkswagen, Mercedes, BMW, Ford und Opel und ihre Interessenverbände am Tisch.
Was fordert die Bundesregierung? Ulrich Lange (Nördlingen), der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sagt: „Wir erwarten von der Autoindustrie, dass sie endlich ihrer Verantwortung gerecht wird und Angebote vorlegt, wie man die Einhaltung der Abgasgrenzwerte erreichen kann.“Die Regierung, so wurde gestern bekannt, werde nicht akzeptieren, dass die angestrebten Abgas-Nachrüstungen den Autobesitzern Nachteile bringen.
Bleibt es dann bei reinen SoftwareUpdates? Erwartet, aber zunächst nicht verbindlich gefordert werden von der Bundesregierung offenbar auch „wirtschaftlich vertretbare“Maßnahmen, die über Software-Nachrüstungen hinausgehen. Etwa neue technische Systeme zur Abgasreinigung. Dafür sollen die Hersteller Konzepte entwickeln. Bis Oktober haben die Unternehmen zudem Zeit, ein Konzept für realitätsnähere Abgastests vorzulegen. Deutsche Städte mit besonders hoher Luftverschmutzung können auf neue finanzielle Hilfen hoffen. Beim Dieselgipfel soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die Einrichtung eines von Dobrindt ins Gespräch gebrachten Fonds beschlossen werden, den Autobauer und Politik gemeinsam finanzieren. Für alle 28 Regionen in Deutschland, in denen die Belastung der Luft mit Stickoxiden besonders hoch ist, soll ein eigener Plan für vernetzten Verkehr entwickelt werden. In dem Entwurf einer gemeinsamen Erklärung von Bund und Ländern für das Spitzentreffen mit der Autobranche ist der Umfang des geplanten Fördertopfs noch nicht benannt. Dobrindt hatte von einem Volumen in dreistelliger Millionenhöhe gesprochen. Was bieten die Autohersteller an? Die Unternehmen halten bislang reine Software-Updates, also die vergleichsweise günstige Aktualisierung der Steuerprogramme für die Abgasreinigung, für ausreichend.
Welche Druckmittel hat die Politik gegenüber der Industrie? Verkehrsminister Dobrindt hat mit einem Zulassungsverbot für eine bestimmte Diesel-Ausführung des Porsche Cayenne bereits seine Muskeln spielen lassen. Gleichzeitig sind sogar neue Fördermaßnahmen im Gespräch, etwa steuerfinanzierte Kaufanreize für saubere Wagen, wie sie etwa Horst Seehofer, Ministerpräsident von Bayern, der Heimat von Audi und BMW, oder sein niedersächsischer Amtskollege Stephan Weil anregen. Doch beim DieselGipfel sollen solche staatlichen Anreize offenbar nicht vereinbart werden, wurde gestern bekannt.
Wie wichtig ist die Autoindustrie? Die deutsche Autobranche bietet rund 800000 Menschen einen Arbeitsplatz, sie bestreitet ein Fünftel der deutschen Exporte. Deshalb steckt die Bundesregierung in einem Dilemma. So verschnupft die Politik sich angesichts des Diesel-Skandals und der jüngsten Kartell-Vorwürfe zeigt – abstrafen und gegenüber der ausländischen Konkurrenz schwächen will die Regierung die Branche sicher nicht.
Wie ist die Position der Wirtschaftsverbände? Zu viele Einschränkungen für die Diesel-Technik könnten nicht nur der Autoindustrie, sondern dem Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt schaden, befürchten Vertreter der Wirtschaftsorganisationen. Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU: „Ohne den kostengünstigen wie klimafreundlicheren Dieselantrieb würde die gesamte LogistikLieferkette in Deutschland beschädigt.“Dazu hätten noch Millionen Pendler enorme Mehrkosten.
Was sagen die Umweltverbände? Laut Greenpeace sind seit Bekanntwerden des Diesel-Skandals fast 20 000 vorzeitige Todesfälle durch Stickoxide zu beklagen. Die Deutsche Umwelthilfe hält die geplanten Software-Updates für weder ausreichend noch rechtens.
Wie verflochten sind Politik und Autoindustrie wirklich? Zumindest scheinen lukrative Posten in der Autobranche bei Ex-Politikern sehr beliebt zu sein. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, war von 1993 bis 1998 Bundesverkehrsminister, Daimler-Cheflobbyist Eckart von Klaeden von 2009 bis 2013 Staatsminister im Kanzleramt und VW-Cheflobbyist Thomas Steg war von 2002 bis 2009 Vize-Regierungssprecher. (mit dpa)
Bei so viel Blau wäre längst Skepsis angebracht gewesen. Denn deutsche Auto-Hersteller haben zum großen Farbtrick gegriffen, um mit aller Macht Diesel-Fahrzeuge anzupreisen. Ja, sie wollten uns weismachen, die Motoren seien „clean“, also sauber. Dabei scheuten die Konzerne vor psychologischer Manipulation nicht zurück: Sie haben das Blaue vom Himmel gelogen, um den Diesel reinzuwaschen. Sowohl Daimler als auch Volkswagen klebten Modellen der Stickoxid-Schleudern den verharmlosenden englischen Namenszusatz „Blue“an, ob Bluetec oder Bluemotion. Blau, dachte sich sicher mancher Kunde, muss etwas Gutes sein. Schließlich steht die Farbe für Klarheit und Reinheit, eben den Himmel und die Weite.
Also unbegrenzte Fahrfreuden mit den Clean Diesels aus Stuttgart und Wolfsburg! Doch, was vielen