Verhängnisvolle Affäre
Justiz Ulmer Drogendealer muss hinter Gitter. Seine Ex-Freundin blickte in den Abgrund, kommt aber glimpflich davon
Nach sechstägiger Verhandlung ist ein Drogenpärchen jetzt von der dritten Großen Strafkammer des Ulmer Landgerichts verurteilt worden. Während eine 33-jährige Chemielaborantin wegen Beihilfe mit einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten davonkam, trifft ihren ExFreund die ganze Härte des Gesetzes. Der gleichaltrige Großdealer von Amphetaminen wird wegen sechsfachen Handels mit der Droge Speed sechs Jahre und zehn Monate weggesperrt.
Die in ihrem Beruf bis heute erfolgreiche und gut aussehende Chemielaborantin hatte nach vielen Enttäuschungen mit Männern im Internet jemanden kennengelernt, der die privat vereinsamte Frau im Sturm eroberte. Sie war blind vor Liebe, schrieb sie in einer schriftlichen Erklärung, die sie gleich zu Beginn des aufwendigen Prozesses Ende Juni von ihrem Verteidiger vorlesen ließ. Schon wenige Wochen nach dem Kennenlernen zog der neue Freund bei ihr ein und gestand ihr offensichtlich seine kriminelle Vergangenheit. Dieser Umstand löste bei der Frau neben der „wahnsinnigen Verliebtheit“auch noch ein Helfersyndrom aus, aus dem ehemaligen Knastbruder mit Ganzkörpertätowierung einen guten Menschen machen zu wollen. In der Tat verwöhnte der Liebespartner am Anfang seine neue Errungenschaft derart, dass sie sich im siebten Himmel fühlte. Und sie revanchierte sich für die Aufmerksamkeiten, indem sie mehrere Kredite in Gesamthöhe von 50 000 Euro aufnahm und damit unter anderem einen gebrauchten Porsche für ihren Freund kaufte. Was sie mit dem Rest des Kredites anstellte, ließ sich nur erahnen. Möglicherweise hatte die Frau für den arbeitslosen und ungelernten Mann das Startkapital für den Einstieg ins große Drogengeschäft finanziert.
Vor Gericht gab sie an, von den Drogengeschäften zunächst nichts gewusst zu haben. Woher die vielen Geldscheine im geschätzten Wert von zehntausend Euro, die zuweilen in der Wohnung offen herumlagen, stammen, will sie nicht gewusst haben. Dass er zum Muskelaufbau Anabolika und andere Substanzen schluckt, habe sie bemerkt und auch finanziert. Als er ihr dann einmal auf einer Autofahrt gestand, dass er statt Muskelpulver Amphetamine gekauft habe, will sie das stillschweigend zur Kenntnis genommen haben. „Mehr wollte ich davon nicht wissen.“Das Liebesnest wurde im Lauf der Zeit zur Hölle für die Frau, zumal der Mann den ganzen Tag nichts anderes zu tun hatte, als sich mit Lieferanten von Amphetaminen zu treffen und Deals in Größenmengen bis zu sieben Kilogramm Speed zu vereinbaren. Bei einem Treffen war die Freundin dabei, will aber nichts mitbekommen haben. Doch die Rolle als Unschuldslamm nahm ihr das Gericht von Anfang an nicht ab und im Verlauf der mehrtägigen Beweisaufnahme brach das Lügengebäude der Frau mehr und mehr zusammen.
So enthüllten elektronische Textnachrichten zumindest ihr kundiges Mitwissen. Nach der Erstürmung der Ulmer Wohnung Ende November vergangenen Jahres, fanden die Polizisten unter anderem ein Jutesäckchen mit weißem Pulver im Wohnzimmer und aus der Toilette zogen sie bei der Razzia ebenfalls den Drogenstoff, den die Frau offensichtlich vergeblich versucht hatte, herunterzuspülen. An ihren Händen klebte weißes Pulver.
Als die Polizei eindrang, weilte die Frau allein im Haus. Spätestens nach den Aussagen der Beamten im Zeugenstand war klar, dass die Frau in ihrer Erklärung nicht die Wahrheit gesagt hatte, um sich zu schützen. Und der Polizei sagte die gefasst und cool auftretende Frau bei ihrer Vernehmung, sie habe nicht gewusst, was da an ihren Händen klebte. Wenig später war ihr damaliger Partner festgenommen worden, der sofort versuchte, mit der Kripo einen Deal zu machen: Wenn er über die Hintermänner auspacke, wolle er milder bestraft werden. Doch die Beamten wussten bereits Bescheid über die Drogenlieferanten des Mannes, unter anderem einen Griechen aus Darmstadt, der den Ulmer per Kurier versorgte.
Und natürlich wussten sie auch Bescheid, wer bei dem Angeklagten kiloweise Amphetamine und zuweilen auch Kokain bezog: Es waren verdeckte Ermittler des Landeskriminalamtes. Die ließen das Drogenpärchen schließlich auffliegen. Die Quittung bekamen die Angeklagten jetzt.
Eine hohe Haftstrafe für den Dealer und eine Bewährungsstrafe für die unbestrafte Ex-Freundin als Denkzettel, obwohl sie das Gericht trotz der erdrückenden Beweise angelogen hatte. Die Zukunft wollten die Richter der 33-jährigen Frau und Laiendarstellerin an einem Volkstheater aber deswegen doch nicht verbauen.