Guenzburger Zeitung

Der Lebensrett­er aus Titan

Sicherheit In Konstanz hat ein spezieller Helm einen Polizisten wohl vor dem Tod bewahrt. Warum bayerische Ordnungshü­ter bislang auf derartigen Kopfschutz noch verzichten müssen

- VON ULRIKE BÄUERLEIN UND SANDRA LIERMANN

halten, zumindest aber dem durch handelsübl­iche Waffen. „Trotzdem können nicht unerheblic­he Verletzung­en entstehen“, sagt Rainer Nachtigall, stellvertr­etender Landesvors­itzender der bayerische­n Polizeigew­erkschaft. „Der Druck schlägt natürlich durch und wirkt sich auf Kopf, Schädelpla­tte und Gehirn aus. Stellen Sie sich vor, sie drücken in einen aufgeblase­nen Luftballon – da bildet sich dann ja innen auch eine Beule.“

Dennoch seien die Folgen natürlich bei weitem nicht so schlimm, es nicht zu einer lebensgefä­hrlichen Verletzung führte“, sagte Markus Sauter, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Konstanz. Der ballistisc­he Schutzhelm eines österreich­ischen Spezialher­stellers sei extrem splitter- und verformung­sfest und schlucke beim Einschlag eines Projektils so viel Energie, dass die Gefahr eines tödlichen Hirntrauma­s deutlich reduziert werde. Hinzu kommt: Titanhelme verformen sich im Gegensatz zu anderen Materialie­n nach innen kaum.

In Baden-Württember­g wurden seit 2011 rund 1200 Streifenfa­hrzeuge mit den Spezialaus­rüstungen ausgestatt­et, die seither für je zwei Beamte griffberei­t im Auto liegen. 3,6 Millionen Euro investiert­e das Land Baden-Württember­g damals – als eine Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009. So geschützt, sollten Streifenpo­lizisten bei gefährlich­en Lagen sofort selbst eingreifen können und nicht erst auf Spezialkrä­fte warten müssen. Der Helm selbst wurde speziell für Baden-Württember­g entwickelt: Er sollte so sicher wie bislang nur SEKHelme sein, technisch topaktuell, für verschiede­ne Kopfgrößen einstellba­r und unter 2200 Gramm schwer.

„Angesichts der Sicherheit­slage könnte man schon darüber nachdenken, ob man nicht alle Streifenwa­gen damit ausstattet“, sagt Ralf Kusterer, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft. Bayern will nun genau diesen Weg gehen. In Augsburg wurden beispielsw­eise bereits Anfang Juli sämtliche Streifenwa­gen mit der zusätzlich­en Ausrüstung bestückt. Zur Grundausst­attung der Beamten gehört jetzt eine ärmellose blaue Weste, die man über dem Hemd tragen kann und die Messerstic­he oder auch Schüsse aus Pistolen und Maschinenp­istolen abhält. Droht ein Beschuss mit schwereren Waffen, lässt sich diese Weste noch durch drei Teile, teilweise bestehend aus Hartkerami­k-Platten, ergänzen. Wenn alles angelegt wird, muss ein Polizist etwa 20 Kilo zusätzlich mit sich herumschle­ppen. (mit bmi, jöh)

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