Heimweh nach Kaufbeuren
Der Knecht Johann Leitner des Gutshofs der Heilanstalt Kaufbeuren leistet seit der Mobilmachung Kriegsdienst. Er führt mit seinem Train- und Pferdedepot im russischen Petersburg Materialtransporte auch in unwegsames Gelände, oft unter erschwerten Bedingungen, durch.
schreibt er dem königl. Anstaltsverwalter von der Front:
„Bis jetzt bin ich Gott sei Dank was Gesundheit anbelangt zufrieden, und hoffe, daß auch Sie dieser Brief in bestem Wohlbefinden antrifft. An Strapazen allerdings fehlt es hier in dem unkultivierten Russland nicht. Wir müssen schon 5 Tage lang in der Früh, bevor wir unsere Pferde tränken, das Eis in den Brunnen einschlagen, damit wir Wasser bekommen.
Es besteht aber die Aussicht, als ob sich unsere Division, über den Winter noch in andere Stellung verschieben soll. Es ist jetzt die letzten 2 Monate in Russland hier, Gott sei Dank sehr viel bezweckt worden, und unser aller Wunsch und ich denke mir ganz Europa sehnt sich nach dem Augenblick, wo einmal die Friedensglocken läuten werden.
Nur Herr Verwalter, wie gehts sonst zu auf Anstaltsgut? Habt ihr auch verlässiges Personal und wie ist die Ernte ausgefallen?
Es vergeht wohl selten ein Tag, wo ich nicht nach Kaufbeuren zurück denke, und so sagen sich die meisten Krieger heraußen im Feindesland, daß wenn sie das Glück haben, wieder gesund und mit geraden Gliedern, die Deutsche Heimat wieder zu schauen, daß sie dann wieder zufrieden ihrem täglichen Beruf nachkommen würden. Hoffen wir also, daß der alte Gott noch lebt, und dieser schweren Zeiten bald gnädigst ein Ende machen möge.“
Zu Weihnachten ermittelt die Heilanstalt für alle im Felde stehenden Mitarbeiter deren Feldanschriften und sendet ihnen Päckchen als Liebesgaben mit Hemd, Jacke, Fußlappen, Honig, Likör, Zucker, Tabak, Wurst und Lebkuchen. Nach Weihnachten bedankt sich der Hauptmann der 2. Batterie des Bayer. Landwehr FußArtillerie-Bataillons Nr. 1 für eine weitere große Kiste Liebesgaben.
Wir danken unserem Leser Erich Resch, Betreuer des Archivs des heutigen Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren, für das Teilen seines Funds.