Lufthansa landet bei Air Berlin
Die deutsche Nummer eins sichert sich wesentliche Bestandteile der pleitegegangenen Airline. Ob die Wettbewerbshüter zustimmen, ist fraglich
Berlin Der letzte Flug von Air Berlin wird am 27. Oktober von München nach Berlin gehen. Seit gestern ist es offiziell: Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa stärkt ihre Marktmacht. Der Konzern einigte sich mit der insolventen Air Berlin auf den Kauf großer Unternehmensteile. Die Verhandlungen mit der Interessentin Easyjet dauerten demnach weiter an. Arbeitnehmervertreter sorgten sich vor allem um das Schicksal von tausenden Mitarbeitern von Air Berlin. Die Lufthansa-Aktie legte unterdessen an der Börse kräftig zu. Die Übernahme von Air Berlin durch Lufthansa muss noch von EU-Kartellbehörden abgesegnet werden. Wie das Geschäft aus Verbrauchersicht zu bewerten ist, kommentiert Stefan Stahl auf der
Berlin Die Lufthansa übernimmt den größten Teil der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin. An den Branchenprimus im deutschen Luftverkehr gehen 81 von 134 Flugzeugen. Zudem können 3000 der rund 8000 Air-Berlin-Beschäftigten zu dem Konzern wechseln, wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr ankündigte. Air Berlin erhält nach eigenen Angaben etwa 210 Millionen Euro als Kaufpreis. Der Vertrag sollte noch am Donnerstag unterschrieben werden.
Für weitere Maschinen verhandelt Air Berlin mit Easyjet, anders als geplant gelang bisher aber keine Einigung. Zugleich sucht das Management in einem gesonderten Verfahren noch Angebote für die Techniksparte.
„In der Tat ist das heute ein großer Tag“, sagte Spohr, der von einer historischen Entscheidung sprach. Insgesamt investiere Lufthansa 1,5 Milliarden Euro, vor allem für den Kauf der Air-Berlin-Flugzeuge von Leasing-Gesellschaften.
Gewerkschaften warfen dem Konzern vor, sich seiner sozialen Verantwortung zu entziehen. Hintergrund ist, dass nur rund 1300 der 3000 genannten Mitarbeiter direkt übernommen werden – das sind diejenigen, die bei den Air-BerlinTöchtern Niki und Luftfahrtgesellschaft Walter beschäftigt sind, die die Lufthansa komplett übernimmt. Die übrigen Mitarbeiter müssen sich bei der Konzerntochter Eurowings neu bewerben und fürchten Gehaltseinbußen. Die Gewerkschaft Verdi forderte von der Politik und den beteiligten Unternehmen, eine Transfergesellschaft für die übrigen Beschäftigten zu ermöglichen.
Die Air-Berlin-Gläubiger entscheiden am 24. Oktober über den Verkauf, anschließend prüft die europäische Wettbewerbsbehörde in Brüssel das Geschäft, was voraussichtlich mehrere Monate dauern wird. Erst dann kann der Kauf formal vollzogen werden.
Easyjet will bis zu 30 Maschinen samt Verkehrsrechten und Besatzungen übernehmen. Die Verhandlungen wurden nach Unternehmensangaben am Donnerstag fortgesetzt. Von heute an könnte Air Berlin weitere Bieter an den Tisch holen, ein Kaufinteressent ist der Ferienflieger Condor.
Easyjet wollte sich nicht äußern. Für die Lufthansa könnte sich ein Abwinken des britischen Billigfliegers negativ auswirken. „Falls Easy- jet aussteigt, wird die kartellrechtliche Genehmigung für Lufthansa noch schwieriger zu bekommen sein“, sagte der Luftverkehrsberater Gerald Wissel. Aus Spohrs Sicht ändert das Aus für Air Berlin am Trend sinkender Ticketpreise nichts. Er kündigte an, dass die Konzernmarken Lufthansa und Eurowings sich auf bestimmten Strecken gegenseitig Konkurrenz machen sollen. Dies traf bei Experten auf Skepsis. „Konzerne werden aus kartellrechtlicher Sicht als ein Unternehmen angesehen“, sagte der Kartellrechtler Martin Gramsch.
Air Berlin, die nach Lufthansa bisher zweitgrößte deutsche Fluglinie, hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Der Flugbetrieb seitdem war nur durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro gesichert. Mit der Kaufsumme der Lufthansa bestehe eine gute Chance, das Geld zurückzuzahlen, sagte AirBerlin-Chef Thomas Winkelmann.
Spohr kündigte ein Angebot an, „um im Ausland gestrandeten Passagieren der Air Berlin die Heimreise zu einem fairen Preis anzubieten, sofern wir die Kapazitäten dafür haben“. Es ist unklar, um wie viele Fluggäste es dabei geht. Dass Air Berlin alle Langstreckenverbindungen am 15. Oktober einstellt, ist seit mehr als zwei Wochen bekannt. Ab 28. Oktober gibt es dann gar keine Flüge mit AB-Flugnummern mehr. Tickets für spätere Flüge verlieren ihre Gültigkeit. Der Flugverkehr der nicht insolventen Tochter Niki soll weitergeführt werden.