Heimspiel
Beim Güssencup präsentiert der VfL Leipheim zwei neue Talente. Ein 18-Jähriger feiert seine Ringtaufe. Was Trainer Roh zuversichtlich stimmt – und was ihn nervös macht
Leipheim Ein großer Redner wird Robert Roh nicht mehr. Früher ließ der inzwischen 38-Jährige die Fäuste sprechen. Heute, besser: bereits seit einigen Jahren spricht sein umfassendes Fachwissen für ihn, kümmert er sich ruhig, diszipliniert und allen Widrigkeiten zum Trotz als Trainer und Abteilungsleiter um die Leipheimer Boxer. Jetzt hat er wieder zwei Talente zur Ringreife aufgebaut. Sie werden am Samstag zum ersten Mal in ihrer jungen Laufbahn ein Heimspiel erleben. Zum Güssencup stehen sich dann die Auswahlteams aus Schwaben und Oberbayern gegenüber. Veranstaltungsbeginn in der örtlichen Sporthalle ist um 18 Uhr.
Zehn Kämpfe wollen die Leipheimer an diesem Abend bieten; wenn alles klappt, soll ein Frauenkampf dabei sein. Wer letztlich in den Ring steigt, wird sich erst auf den letzten Drücker entscheiden. In den vergangenen Wochen waren die guten Amateurboxer bei Meisterschaftskämpfen gefordert. Manch einer ist verletzt, andere fühlen sich ausgelaugt – und auch beim Güssencup benötigt ja jeder Kämpfer einen Gegner. Zugesagt für die schwäbische Auswahl hat unter anderem der neuerdings für den TSV Kottern-St. Mang boxende Michael Eifert. Er wurde vor wenigen Tagen zum wiederholten Mal bayerischer Meister in der Klasse bis 81 Kilo und begeis- terte das Publikum in Leipheim bereits im vergangenen Jahr durch seinen technisch herausragenden Kampfstil. Ebenfalls die schwäbischen Farben vertreten wollen Asse wie Alec Hope (Boxfabrik Memmingen, Mittelgewicht) und Dominik Lutzenberger (BC Haan Augsburg, Schwergewicht). Und dann steigen natürlich die beiden VfL-Eigengewächse in den Ring:
● Daniel Waner (Junioren bis 66 Kilo): Der 16-jährige Burgauer besucht an seinem Wohnort die Markgrafen-Realschule. Seit drei Jahren trainiert er beim VfL Leipheim. Bisher hat er drei Kämpfe absolviert. Das Finale um die schwäbische Meisterschaft verlor Waner nach eigener Einschätzung, „weil da ein bisschen die Ausdauer fehlte.“Auf den Güssencup hat sich der 16-Jährige konsequent vorbereitet und er glaubt auch, dass er mit der Aufregung, vor heimischer Kulisse anzutreten, gut zurechtkommen wird.
● Benedikt Kirchhof (Jugend bis 81 Kilo): „Zum Boxen wollte ich schon immer“, sagt der 18-Jährige aus Kleinkötz. Inzwischen ist er ein Jahr bei den Leipheimer Faustkämpfern, pendelt zwischen der Vorbereitung auf sein Abitur am DossenbergerGymnasium in Günzburg und dem sportlichen Hobby. Kirchhof wird am Samstag seine Ringtaufe feiern und er räumt ein, dass er „schon aufgeregt“ist. „Aber ich gehe mit Freude an die Sache und werde probieren, es so zu machen, wie es der Trainer gezeigt hat“, versichert der 18-Jährige.
Robert Roh ist ein erfahrener, und, was vielleicht noch wichtiger ist, ein gewissenhaft arbeitender Trainer. Er würde seine Jungs nicht ins Ringduell schicken ohne die feste Überzeugung, dass sie die Herausforderung meistern können. Die Vergangenheit gibt ihm recht: Seit drei Veranstaltungen haben alle Leipheimer ihren Heimvorteil genutzt und gewonnen. In aller Bescheidenheit sagt der 38-Jährige: „Ich habe meistens gute Jungs“. Aber er schiebt auch sofort nach: „Der Ring muss es zeigen.“
Theoretisch hätte der VfL am Samstag vier Boxer aufbieten können. Doch es zählt zu den Aufs und Abs der vergangenen Jahre, dass Robert Roh nie wirklich perspektivisch arbeiten kann, weil ihm immer wieder Kämpfer abhandenkommen. Im vergangenen Jahr war fast buchstäblich von einem Tag auf den anderen eine komplette Wettkampfmannschaft weg. Diesmal fehlen, es ist schon beinahe tragisch, Andre Gaiser (Auslandsstudium) und Florian Kurfeß (Handbruch) – wenn’s gut läuft, nur vorübergehend – aber nach den bisherigen Erfahrungen verlässt sich nicht einmal der immer positiv denkende Trainer darauf.
Roh bleibt also gar nichts anderes übrig, als Zuversicht aus einer langsam wachsenden Mitgliederzahl zu ziehen. Etwa 50 sind es aktuell; sie teilen sich auf in die Aktivengruppe, den Nachwuchsbereich und das immer beliebter werdende Fitnessboxen. In Sachen eigenes Team dagegen wagt der Trainer/Spartenchef nicht mehr zu spekulieren. „Jetzt geht das Spiel eben wieder von vorn los mit den zwei Nachwuchsboxern“, sagt der 38-Jährige und schafft es irgendwie, diesen Satz ohne Zeichen von Niedergeschlagenheit zu formulieren.
Organisatorisch ist alles gerichtet. Die Zusammenarbeit innerhalb des Gesamtvereins und mit der Kommune sei wieder vorzüglich gelaufen, schwärmt der Chef der Leipheimer Boxer. Das liegt auch an ihm, seiner Persönlichkeit, der inneren Stärke, die Roh ausstrahlt. Es hört sich leicht an, wenn er sagt: „Wir haben Druck als Veranstalter, die Jungs als Boxer. Da muss ich nicht zusätzlich pushen. Die beiden sollen rausgehen und versuchen, schönes Boxen zu zeigen.“
Und er? Wenn der Gong ertönt, wird Robert Roh wie ein Neuling erkennbar nervös sein, von einem Bein aufs andere tänzeln und auf ein erfolgreiches Ende hoffen. Für die Zukunft des Boxens in Leipheim. Und für seine beiden jungen Schützlinge. „Für mich ist das wie selbst boxen“, versichert er. Und wird für seine Verhältnisse beinahe gesprächig, indem er fortfährt: „Obwohl du schon 50 Kämpfe hast, gehst du da raus und weißt nie, was auf dich zukommt.“Aber irgendetwas sagt ihm, dass alles gut wird.