Von Minimalisten und Maximalisten
So klärt die seit 1915 an der Westfront erscheinende „Champagne-Kriegs-Zeitung“ihre Lesern der Ausgabe vom 15. November 1917 über die Revolution in Russland auf:
„In Rußland ist eine Revolution ausgebrochen. Ihre Urheber sind die Maximalisten oder Bolschewiki. Das ist eine der vielen sozialistischen Parteien Rußlands und zwar die am weitesten links stehende. Andere sind z. B. die jetzt bedeutungslos gewordenen Minimalisten oder Menschewiki unter Führung Plechanows und Kereski’s Sozialrevolutionäre. Die letzteren sind die Partei des gedrückten russischen Kleinbürgertums und eines Teils der landlosen Bauern, also keine eigentlich sozialistische Parteien in unserem Sinne. Die Minimalisten, die, wie der Name besagt, mit dem unter heutigen Verhältnissen erreichbaren Mindestmaß an sozialistischen Forderungen zufrieden wären; sie sind Kriegsanhänger und blind der Entente ergeben. Die Grundsätze der Maximalisten dagegen gehen aufs ganze; man kann sie füglich als Anarchisten bezeichnen. Ihre Führer sind Lenin und Troitzky, Rußlands größter lebender Dichter, Maxim Gorki, steht ihnen nahe. Sie teilen die Menschen nicht gewissermaßen senkrecht in Angehörige verschiedener Staaten, sondern waagrecht in Gesellschaftsklassen: es gibt für sie auf der ganzen Welt nur zwei Gruppen von Menschen, Kapitalisten und Proletarier. Diese Unterscheidung beherrscht ihr Denken so ausdrücklich, daß es ihnen höchst gleichgültig ist, wenn die russischen Heere Niederlage auf Niederlage erleiden und ihre Kampfkraft gleich Null wird. Natürlich sind sie Anhänger eines sofortigen Friedens und darin liegt der Grund ihrer plötzlich hervorgetretenen Stärke…“Ihr Erfolg also „erklärt sich nicht daraus, daß ihre anarchistischen Theorien so viele Anhänger gefunden hätten, sondern daß die Volks- und Heeresmassen die Maximalisten für die einzigen halten, die fähig wären, den Frieden herbeizuführen und Rußland aus den Klauen seiner Verbündeten zu befreien…“