Der Mann hinter der Kultmarke Hilti
Die Bohrhämmer der Firma sind bekannt. Warum kein Familienmitglied das Unternehmen leitet
Schaan Die Marke Hilti ist unter Bauprofis fast schon Kult. Und das gilt nicht nur für die massiven Bohrhämmer, auch die roten KunststoffKoffer mit dem weißen Aufdruck sind legendär. Dass das Unternehmen aber aus Liechtenstein kommt, wissen viele Hilti-Fans nicht. 1941 entstand das Unternehmen in einer Garage quasi als Start-up in Schaan, einem kleinen Ort, unweit von Vaduz. Der Firmensitz ist dort bis heute. Und bis heute empfängt die Firma dort Gäste und Kunden.
Im Eingangsbereich dominieren Beton und Glas. Überall hängen oder stehen Bohrmaschinen und anderes Gerät. Besucher können sich zeigen lassen, wie die Maschinen funktionieren. Diese Nähe zu den Kunden ist dem Familienunternehmen, das seine Produkte im Direktvertrieb verkauft, wichtig. Einst entstand dieser Verkaufsweg „aus der Not heraus, weil unsere Produkte sehr erklärungsbedürftig sind“, sagt Michael Hilti, Sohn des Firmengründers Martin. Das sei zwar teuer, lohne sich aber, denn durch die Rückmeldungen der Kunden könne das Produkt innovativ bleiben. Was sich so familiär anhört, ist es eigentlich gar nicht. Denn Hilti ist längst ein Weltkonzern. 2016 sprangen bei einem Umsatz von 4,6 Milliarden Franken (3,95 Milliarden Euro) ein Betriebsgewinn von 604 Millionen Franken und ein Reingewinn von 481 Millionen Franken heraus. Für 2017 wird ein leichter Umsatzanstieg angepeilt.
Bis 2003 war das Unternehmen an der Börse. Eine Rückkehr schließt Michael Hilti zwar nicht für alle Zeiten aus. Derzeit sei das aber „nicht notwendig. Wir haben eine hohe Liquidität von 1,1 Milliarden Fran- ken, eine Eigenkapitalquote von 53 Prozent und sind praktisch schuldenfrei“, sagt er zur Begründung.
Das Unternehmen beschäftigt weltweit 25000 Mitarbeiter. 1700 von ihnen arbeiten in Schaan. Und auch in der Region – in Kaufering bei Landsberg – hat Hilti ein Werk mit 1600 Mitarbeitern. 2015 wurde am Hauptsitz für 120 Millionen Franken (100 Millionen Euro) ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum gebaut. Und hinter einer großen Plane entstehen für mehr als 100 Millionen Franken schon wieder neue Gebäude. Doch das Unternehmen fertigt nicht nur in Schaan und Kaufering. Seit vielen Jahren wird auch in den USA, in Mexiko, in Brasilien, in Indien, in China produziert. Die legendären Bohrhämmer kommen aus dem österreichischen Vorarlberg.
Doch auch wenn Michael Hilti, 71, bis heute in der Firma mitmischt, an der Spitze der Firma steht kein Familienmitglied. Hilti leitete das Unternehmen von 1990 bis 1993. Und zog sich dann – mit Ende 40 – zurück. Bis 2006 war er Chef des Verwaltungsrates, dem er noch immer angehört.
Der wie ein Grandseigneur wirkende Schnauzbartträger ist noch immer sehr präsent im Unternehmen, pflegt aber auch aufwendige Hobbys. Er sammelt hochkarätige Kunstwerke der klassischen Moderne – etwa von Picasso oder Giacometti – und liebt zeitgenössische Malerei. Seine Sammlung ist in der Hilti Foundation in Vaduz, der Hauptstadt Liechtensteins, zu sehen. Hiltis 30-jährige Tochter Michèle leitet die Foundation, die auch soziale und gesellschaftliche Projekte fördert. Strebt sie vielleicht die Nachfolge des Vaters als Hilti-Chefin an?
„Kapitalbesitz muss nicht mit einem Führungsanspruch verbunden sein“, sagt der Vater dazu. „Es kann sein, dass in einigen Jahren kein Hilti mehr eine führende Rolle im Unternehmen spielt.“Doch seine Familie steht nicht alleine hinter dem Unternehmen. Insgesamt sind es vier Familienstämme, die jedes Jahr eine Ausschüttung erhalten, deren Höhe flexibel sei und „von denen alle leben können“. Der größte Teil der Gewinne bleibe aber im Unternehmen. Dass die Familie nicht die Hauptrolle im Unternehmen spielen will, ist schon heute zu erkennen. Präsident des Hilti-Verwaltungsrates ist seit 2016 Heinrich Fischer, der lange für die Firma gearbeitet hat. Geschäftsführer ist Christoph Loos, ein Deutscher, der früher Hilti Deutschland leitete. Er steht seit 2014 an der Spitze. Führungspositionen werden ausschließlich intern besetzt. Kandidaten für höhere Aufgaben müssen sich bewährt haben.
Michael Hilti ist dennoch ein bedeutender Mann in dem kleinen Fürstentum. Sein Wort zählt. Mit Landesfürst Hans-Adam II., zu dem er ein enges Verhältnis pflegt, spielte er als Kind „Cowboy und Indianer“. Und deshalb mischt er sich auch in politischen Fragen ein. Schon frühzeitig nach Bekanntwerden diverser Steuer- und Schwarzgeldskandale in dem Land, setzte er sich erfolgreich für eine konsequente Weißgeldstrategie ein. Das Engagement war nicht ganz uneigennützig, denn ein schlechter Ruf des Landes schadet auch Hilti.
Wie verbunden Hilti mit dem Land ist, zeigte sich spätestens in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Sie ließ den Umsatz um 20 Prozent einbrechen. Doch damals war es für Michael Hilti, „nie ein Thema, aus Liechtenstein wegzugehen“. Auch auf Entlassungen wurde verzichtet. Der Grund: Qualität und Innovationen stehen für Hilti ganz oben – auch deshalb fließen mehr als fünf Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung.
Der Familienbetrieb Hilti ist ein Weltkonzern
Michael Hilti sammelt Picasso und Giacometti
Eine Ariane-5-Trägerrakete hat vier Satelliten für das Navigationssystem Galileo ins All gebracht. Sie startete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana und platzierte vier Stunden später die Satelliten auf einer Umlaufbahn von rund 23000 Kilometern über der Erde, teilte das Unternehmen Arianespace mit.