Guenzburger Zeitung

Warum Burgau ein Ort zum Verlieben ist

Neben der Ausstellun­g im Schloss und nach einem Fotospazie­rgang gab es nun auch einen besonderen historisch­en „Rundgang“durch die Markgrafen­stadt

- VON PETER WIESER

Burgau Das Trauzimmer im Burgauer Schloss ist zu klein. Zumindest am Sonntag war das der Fall, während es normalerwe­ise ja ausreichen­d Platz bietet. Nun aber war der Andrang so enorm, dass Martina Wenni-Auinger sich kurzerhand entschloss, ihren Bildervort­rag im Anschluss noch ein zweites Mal zu halten. „Kennst Du Burgau“, so lautet der Titel der Ausstellun­g des Fotoclubs Burgau-Gundremmin­gen in Zusammenar­beit mit der Stadt Burgau, die an den beiden kommenden Sonntagen noch einmal von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden kann. Eine Woche vorher hatte der Fotoclub zu einem Fotospazie­rgang durch die Markgrafen­stadt eingeladen – „Burgau live“sozusagen. Nun hieß es: „Burgau früher – ein Ort zum Verlieben“, erneut ein „Spaziergan­g“, bei dem die Burgauer Stadtarchi­varin das Rad der Zeit ein gutes Stück zurückdreh­te.

Seit jeher gibt es drei prägnante Merkmale, betrachtet man das Ortsbild der Markgrafen­stadt. Auf unzähligen Bildern und Postkarten­motiven sind sie zu sehen: das Schloss, der Loretoberg und der Turm der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t. Hinzu kommt das Stadttor und mit etwas Glück taucht auch das Türmchen des alten Rathauses auf. Doch welche Geschichte­n erzählen die in den für die Stadt charakteri­stischen Rundwegen angeordnet­en alten Gebäude? Wie haben die UrUrgroßvä­ter der Burgauer ihre Stadt gesehen? Der „Spaziergan­g“beginnt beim Äußeren Tor, das sich neben der St.-Leonhardki­rche befand, die Kapellenga­sse, die heutige Käppelestr­aße, hinunter zum Blockhaust­or, dem Stadttor.

Dessen seitliche Durchgänge sind erst um einiges später entstanden. Tatsache ist: So richtig Geld habe Burgau nie gehabt, wie Martina Wenni-Auinger bemerkte. Sei aber welches da gewesen, dann habe man es in die Gebäude investiert. „Die Bauherren haben immer versucht, Akzente zu setzen“, fuhr sie fort. Dass sich auf dem Platz neben dem Hotel Post auch der Schweinema­rkt befand, das wissen nur wenige. Spätestens bei der ehemaligen Bäckerei Dinser, wo heute das Restaurant Marc ist, zeigt sich der Hang zum Besonderen: „Wiener Café und Pariser Bäckerei“steht auf der Postkarte, die das Gebäude von Albert Miller, dem „Pariser Bäck“, zeigt. Der Blick in die einstige Löwenbraue­rei, die frühere Zink-Brauerei, verdeutlic­ht es noch mehr: Der Saal erinnert an Münchner Wirtshausk­ultur und die Außenanlag­en lassen wahrlich ein Biergarten-Gefühl aufkommen: Gäbe es diese Gastwirtsc­haft und Brauerei, die sich neben der Stadtpfarr­kirche befand, noch heute – die Burgauer wären sicherlich begeistert. Die historisch­e Runde durch die Markgrafen­stadt ging weiter über die gepflaster­te Marktstraß­e, die heutige Stadtstraß­e, vorbei am Marienbrun­nen und an der Lammbrauer­ei. Den Lammsaal gab es damals noch nicht. Übergroße Ausleger weisen auf die zahlreiche­n Gastwirtsc­haften hin, die Burgau einst hatte, eine gab es so gut wie in jeder Straße. Schilder und Beschrif- befanden sich inzwischen auch an den Gebäuden von Handel und Handwerk mit Namen, die noch vielen geläufig sind. Ein weiteres Mal zeigte sich: Hatten die Burgauer Geld, dann zeigten sie es an ihren Häusern. Schon damals wurde versucht, mit Bäumen und viel Grün zum Stadtbild beizutrage­n. Inmitten der Stadt gab es Parkanlage­n, wie bei der Firma Leuze oder dem Walter’schen Gasthof Zur Goldenen Krone, dort, wo sich heute das Rathaus befindet. Eine Idylle mit Fußgängern und Pferden statt mit Autos und Motorräder­n.

Und wenn schon einmal das eigene Gebäude fotografie­rt wurde, dann durfte auch der Küchentisc­h auf die Straße gestellt werden und sich die ganze Familie um ihn versammeln, wie es auf dem Bild mit dem Bauernhof an der Tellerstra­ße zu sehen war. Nach dem Besuch der Mühlstraße und der Kapuziners­traße, wo der Kindergart­en noch Kleinkinde­rbewahrans­talt hieß, endete der Spaziergan­g im Burgauer Schloss. Ansichten gibt es eine ganze Reihe: Einmal dargestell­t als Burg, bevor die Franzosen sie anzündeten, nachdem sie zu viel getrunken hatten; ein anderes Mal zeigte sich das siebenecki­ge Gebäude mit sechs verschiede­nen Dachneigun­gen gar „ohne Hut“, damals, als der Dachstuhl erneuert wurde. Zur Sprache kam, dass es sogar einmal einen Antungen trag gab, das als „stilloser Kasten“bezeichnet­e Gebäude abzureißen. Gott bewahre! Und dass sich die Vision von Max Seybold aus dem Jahr 1950 mit überdimens­ionalen Hochhäuser­n aus Rathaus, Standesamt und Post inmitten eines denkmalges­chützten Alt-Burgaus mit noch schieferem Kirchturm glückliche­rweise nicht bewahrheit­et hat, lässt zumindest aufatmen. Am Ende des Spaziergan­gs durch die Markgrafen­stadt, diesmal wieder auf eine ganz andere Art und Weise, stellte Marina Wenni-Auinger die Frage in den Raum, was Burgau eigentlich so liebenswer­t mache. Die Antwort gab sie gleich selbst: „Wir sehens’ nicht, aber Fremde umso mehr.“

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Fotos: Stadtarchi­v Burgau „Burgau früher – ein Ort zum Verlieben“: So lautete der Titel des Bildervort­rags von Martina Wenni Auinger am Sonntag im Burgauer Schloss. Es war ein historisch­er Rund gang durch die Markgrafen­stadt.
 ??  ?? Noch heute prägen die markanten Gebäude das Ortsbild der Markgrafen­stadt, wie das des „Pariser Bäcks“um 1900 mit Wiener Café und Pariser Bäckerei.
Noch heute prägen die markanten Gebäude das Ortsbild der Markgrafen­stadt, wie das des „Pariser Bäcks“um 1900 mit Wiener Café und Pariser Bäckerei.
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Gäbe es die Löwenbraue­rei heute noch, die Burgauer wären begeistert.
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So sah die Vision für Burgau für das Jahr 2000 im Jahr 1950 aus.

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