Warum Burgau ein Ort zum Verlieben ist
Neben der Ausstellung im Schloss und nach einem Fotospaziergang gab es nun auch einen besonderen historischen „Rundgang“durch die Markgrafenstadt
Burgau Das Trauzimmer im Burgauer Schloss ist zu klein. Zumindest am Sonntag war das der Fall, während es normalerweise ja ausreichend Platz bietet. Nun aber war der Andrang so enorm, dass Martina Wenni-Auinger sich kurzerhand entschloss, ihren Bildervortrag im Anschluss noch ein zweites Mal zu halten. „Kennst Du Burgau“, so lautet der Titel der Ausstellung des Fotoclubs Burgau-Gundremmingen in Zusammenarbeit mit der Stadt Burgau, die an den beiden kommenden Sonntagen noch einmal von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden kann. Eine Woche vorher hatte der Fotoclub zu einem Fotospaziergang durch die Markgrafenstadt eingeladen – „Burgau live“sozusagen. Nun hieß es: „Burgau früher – ein Ort zum Verlieben“, erneut ein „Spaziergang“, bei dem die Burgauer Stadtarchivarin das Rad der Zeit ein gutes Stück zurückdrehte.
Seit jeher gibt es drei prägnante Merkmale, betrachtet man das Ortsbild der Markgrafenstadt. Auf unzähligen Bildern und Postkartenmotiven sind sie zu sehen: das Schloss, der Loretoberg und der Turm der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Hinzu kommt das Stadttor und mit etwas Glück taucht auch das Türmchen des alten Rathauses auf. Doch welche Geschichten erzählen die in den für die Stadt charakteristischen Rundwegen angeordneten alten Gebäude? Wie haben die UrUrgroßväter der Burgauer ihre Stadt gesehen? Der „Spaziergang“beginnt beim Äußeren Tor, das sich neben der St.-Leonhardkirche befand, die Kapellengasse, die heutige Käppelestraße, hinunter zum Blockhaustor, dem Stadttor.
Dessen seitliche Durchgänge sind erst um einiges später entstanden. Tatsache ist: So richtig Geld habe Burgau nie gehabt, wie Martina Wenni-Auinger bemerkte. Sei aber welches da gewesen, dann habe man es in die Gebäude investiert. „Die Bauherren haben immer versucht, Akzente zu setzen“, fuhr sie fort. Dass sich auf dem Platz neben dem Hotel Post auch der Schweinemarkt befand, das wissen nur wenige. Spätestens bei der ehemaligen Bäckerei Dinser, wo heute das Restaurant Marc ist, zeigt sich der Hang zum Besonderen: „Wiener Café und Pariser Bäckerei“steht auf der Postkarte, die das Gebäude von Albert Miller, dem „Pariser Bäck“, zeigt. Der Blick in die einstige Löwenbrauerei, die frühere Zink-Brauerei, verdeutlicht es noch mehr: Der Saal erinnert an Münchner Wirtshauskultur und die Außenanlagen lassen wahrlich ein Biergarten-Gefühl aufkommen: Gäbe es diese Gastwirtschaft und Brauerei, die sich neben der Stadtpfarrkirche befand, noch heute – die Burgauer wären sicherlich begeistert. Die historische Runde durch die Markgrafenstadt ging weiter über die gepflasterte Marktstraße, die heutige Stadtstraße, vorbei am Marienbrunnen und an der Lammbrauerei. Den Lammsaal gab es damals noch nicht. Übergroße Ausleger weisen auf die zahlreichen Gastwirtschaften hin, die Burgau einst hatte, eine gab es so gut wie in jeder Straße. Schilder und Beschrif- befanden sich inzwischen auch an den Gebäuden von Handel und Handwerk mit Namen, die noch vielen geläufig sind. Ein weiteres Mal zeigte sich: Hatten die Burgauer Geld, dann zeigten sie es an ihren Häusern. Schon damals wurde versucht, mit Bäumen und viel Grün zum Stadtbild beizutragen. Inmitten der Stadt gab es Parkanlagen, wie bei der Firma Leuze oder dem Walter’schen Gasthof Zur Goldenen Krone, dort, wo sich heute das Rathaus befindet. Eine Idylle mit Fußgängern und Pferden statt mit Autos und Motorrädern.
Und wenn schon einmal das eigene Gebäude fotografiert wurde, dann durfte auch der Küchentisch auf die Straße gestellt werden und sich die ganze Familie um ihn versammeln, wie es auf dem Bild mit dem Bauernhof an der Tellerstraße zu sehen war. Nach dem Besuch der Mühlstraße und der Kapuzinerstraße, wo der Kindergarten noch Kleinkinderbewahranstalt hieß, endete der Spaziergang im Burgauer Schloss. Ansichten gibt es eine ganze Reihe: Einmal dargestellt als Burg, bevor die Franzosen sie anzündeten, nachdem sie zu viel getrunken hatten; ein anderes Mal zeigte sich das siebeneckige Gebäude mit sechs verschiedenen Dachneigungen gar „ohne Hut“, damals, als der Dachstuhl erneuert wurde. Zur Sprache kam, dass es sogar einmal einen Antungen trag gab, das als „stilloser Kasten“bezeichnete Gebäude abzureißen. Gott bewahre! Und dass sich die Vision von Max Seybold aus dem Jahr 1950 mit überdimensionalen Hochhäusern aus Rathaus, Standesamt und Post inmitten eines denkmalgeschützten Alt-Burgaus mit noch schieferem Kirchturm glücklicherweise nicht bewahrheitet hat, lässt zumindest aufatmen. Am Ende des Spaziergangs durch die Markgrafenstadt, diesmal wieder auf eine ganz andere Art und Weise, stellte Marina Wenni-Auinger die Frage in den Raum, was Burgau eigentlich so liebenswert mache. Die Antwort gab sie gleich selbst: „Wir sehens’ nicht, aber Fremde umso mehr.“