Schweigen der Schläger
Gerüchte um Attacke am Schwörmontag
Ulm Das hat es in der jüngeren Ulmer Justizgeschichte noch nicht gegeben: Aus gegebenem Anlass hat sich die zweite Strafkammer des Landgerichts entschieden, an zwei Samstagen gegen acht Kurden weiter zu verhandeln, die sich seit dem 11. Oktober vergangenen Jahres wegen gemeinschaftlichen Landfriedensbruchs zu verantworten haben. Die im Raum Ulm geborenen Männer sollen laut Anklage in einer spektakulären Aktion am Schwörmontag 2016 in aller Öffentlichkeit den Cigköfte-Schnellimbiss im Hafenbad kurz vor 19 Uhr überfallen haben und danach in der Menschenmenge geflüchtet sein.
Geplant waren neun Verhandlungstage bis 6. Dezember, doch die Beweisaufnahme erwies sich als deutlich zeitintensiver als vorgesehen. Die Beschuldigten machten keine Angaben und die Zeugen, die zum Teil bei den ersten polizeilichen Vernehmungen konkrete Aussagen machten, gaben bei ihren Zeugenaussagen deutliche Erinnerungslücken an. Angesichts der zeitraubenden Verhandlungsabläufe sind bis zum 11. April als erhoffter Abschluss des aufwendigen Verfahrens neun weitere Verhandlungstage eingeplant, um mehr Licht ins Dunkel des Geschehens zu bringen.
Als hätten sie sich abgesprochen, haben die bisherigen Zeugen kaum Verwertbares von sich gegeben. Bei der Verhandlung am Samstag zeigte sich das gleiche Bild wie in den vorangegangen
Hetze im Internet als Auslöser?
Sitzungen. Kaum Erinnerungen, aber der Vortrag eines Kripo-Ermittlers aus Funkzellenvermessungen mit 438 Datensätzen und die Verlesung der Vorstrafen der Angeklagten, einer der Männer mit mehr als einem Dutzend Straftaten. Dieser 28-Jährige ist es auch, der seine Beteiligung an dem Überfall ausschloss und angab, sich zum Zeitpunkt der Tat in der Schweiz aufgehalten zu haben.
Am Samstag, 27. Januar, sind zwei von der Verteidigung aufgebotene Zeugen aus Zürich geladen. Wurde gedacht, dass der Hintergrund der Tat im Konflikt um die Vormacht im Ulmer Drogen- und Schutzgeldgeschäft zweier Straßenbanden liegt, kristallisierte sich jedoch heraus, die rockerähnlichen Vereinigungen vorrangig politische Motive haben und sich aktuell auch in ganz Deutschland feindselig gegenüber stehen: Auf der einen Seite die nationalistischen „Osmanen Germanen“, die Erdogan-Anhänger sind und als erbitterte Gegner die linke „Bahoz“(bedeutet Sturm); eine Bande, die als links verortet wird und zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK eine gewisse Nähe haben soll. Sie sind sich auch in Ulm spinnefeind.
So soll einer der Angeklagten den Ulmer Chef von „Osmanen Germania“wegen dessen angeblichem Hetzartikel im Internet gegen Kurden bedroht haben. Dem Vorfall an Schwörmontag am 18. Juli ging am 7. Juli 2016 ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppierungen mit 60 Personen vor dem späteren Tatort im Hafenbad voraus, das jedoch nicht eskalierte, weil ein großes Polizeiaufgebot dazwischen schritt. Bei der Tat am 18. Juli stürmten geschätzte 17 bis 18 Männer mit Masken zum Schnellimbiss, warfen Steine und Flaschen in Richtung Ladenfront, zwei vor dem Imbiss sitzende Personen wurden verletzt, die anderen Gäste kamen mit dem Schrecken davon. Insgesamt hinterließen die Täter einen Schaden in Höhe von 8000 Euro. Am Rande des Prozesses wurde gemunkelt, dass Schweigegeld bezahlt worden sei, damit die Zeugen keine oder nur vage Aussagen vor Gericht machen.