Drei Generationen in einer Bäckerei
Während andere schließen müssen, hat die Bäckerei und Konditorei Fritz in Jettingen-Scheppach die Nachfolge gesichert. Worin liegt das Geheimnis des intakten Betriebs?
Die Zahl eigenständiger Bäckereien im Kreis Günzburg sinkt, viele finden keinen Nachfolger. Nicht so bei der Bäckerei Fritz.
Jettingen Scheppach Ein ganzes Handwerk steckt in der Krise: Dass im Landkreis Günzburg das Bäckerund Konditorensterben voranschreitet, hat sich im vergangenen Jahr besonders gezeigt. Mit der Bäckerei Kraus (Burtenbach) und dem Café Nied (Leipheim) haben zwei Traditionsbetriebe geschlossen, beide mangels Nachfolger (wir berichteten). Auch die Bäckerei Gaisbauer (Ichenhausen) wurde Ende Oktober kurzfristig geschlossen, sie soll im Februar aber wieder öffnen. Zum Glück gibt es noch positive Beispiele, dazu gehört auch die Bäckerei Fritz in Jettingen-Scheppach. Hier stehen mit den Klügls drei Generationen gemeinsam in der Backstube, die Nachfolge und das Einkommen sind geregelt – dank ungewöhnlicher Wege, die das Trio geht.
Fünf Bäcker gab es einst in der Marktgemeinde, nur noch zwei Eigenständige sind übrig geblieben. Die Bäckerei und das Café Fritz in der Hauptstraße gehören seit Urzeiten zum Stadtbild dazu, seit 1773 sind sie im Familienbesitz. Am längsten dabei ist Ernst Klügl, seit mittlerweile 54 Jahren. Trotz seiner 72 Jahre steht er aber immer noch jeden Morgen brav um 3 Uhr auf und backt Semmeln und Brote. Er kennt es nicht anders, und sein Sohn Jochen auch nicht. Der ist in der Backstube groß geworden, hat den Betrieb vor 25 Jahren übernommen. Und sollte er kürzertreten wollen, steht sein Nachfolger schon bereit.
Sohn Klemens, 19, ist derzeit noch in der Ausbildung – er ist der einzige Bäckerlehrling im gesamten Landkreis Günzburg. Im Sommer will er die Lehre abschließen, wenn möglich irgendwann den Meister machen. Für den jungen Mann gab es nie einen Zweifel daran, Bäcker zu werden und sich dafür im eigenen Betrieb ausbilden zu lassen. „Papa und Opa sind die besten Lehrmeister“, betont er. Vor allem sein Opa ist sein großes Vorbild. „Was er leistet, ist phänomenal“, sagt er bewundernd. Welche Chancen er trotz oder gerade in einer aussterbenden Zunft hat, hat der 19-Jährige früh erkannt: „Wenn man zu Hause einen intakten Betrieb hat, ist das ein Geschenk, das man nutzen muss.“
Ein Geschenk, das ihm jedoch nicht einfach in den Schoß fällt. Das auch dem Vater und Großvater nicht so vom Himmel gefallen ist. Dahinter stecken unermüdlicher Einsatz, Kreativität, Geschäftstüchtigkeit und die Bereitschaft, ungewöhnliche Wege zu gehen. Jochen Klügl gibt offen zu, dass sich der Betrieb allein vom Semmel- und Tortenverkauf vor Ort kaum halten könnte. „Wir machen Dinge, die andere halt nicht machen und die uns von den Discountern abheben.“
Brezen und Laugenstangen kriege man an jeder Tankstelle. Dafür gibt es dort ganz sicher kein so gehaltvolles Dinkelvollkornbrot, in das der Klügl-Senior seinen einzigartigen Sauerteig hineinmischt. Auch wird man bei Großbäckereien weder diese Tortenauswahl noch diese ungewöhnlichen Rezepturen finden, von Mozart-Sahne- bis hin zu Kaschmir-Torte mit exotischem Likör. Bis zu 30 verschiedene Torten kreiert Jochen Klügl jeden Sonntag für den Cafébetrieb, Kundschaft kommt aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus.
Und trotzdem sagt der 48-Jährige klipp und klar, dass es mit Qualität allein nicht getan sei. Der Bäcker von heute müsse flexibel sein und mehrere Standbeine haben. Die Klügls bieten neben dem Verkauf in Bäckerei und Café wöchentliche Veranstaltungen an, mitangestellt ist extra eine Köchin. Hier können Feste jeglicher Art gefeiert werden, die Leute wüssten das zu schätzen. „Früher gab es über ein Dutzend Wirtschaften“, erinnert sich Ernst Klügl. „Und jetzt?“Bei den Klügls können außerdem Hochzeitstorten geordert werden, inzwischen sind sie in der gesamten Republik gefragt.
Und noch ein Standbein hat sich die Bäckerei Fritz erarbeitet: Sie beliefert Firmen, sei es mit Semmeln, im Stückbereich von mehreren Tausend, oder mit Minikuchen als Weihnachtsgeschenk für Mitarbeiter oder auf Wunsch auch mit 30 Zentimeter großen Krapfen. „Wir können uns nicht über zu wenig Arbeit beschweren“, sagen die Klügls.
Obermeister Günther Weindl, der selbst eine Bäckerei in Großkötz hat, ist stolz, dass es solch positive Beispiele gibt. Ist doch in den vergangenen fünf bis zehn Jahren die Zahl der Traditionsbäcker auf 30 geschrumpft. Die Sparte tue sich schwer, Nachwuchs zu finden. Weindl ist selbst auch in der glücklichen Lage, dass sein Sohn in seinen Beruf eingestiegen ist und sich auf die Konditorensparte spezialisiert.