Polizei durchsucht Ichenhauser Diskothek
Ein Großaufgebot der Beamten durchsucht die Geschäftsräume des Gebäudes wegen eines Steuerstrafverfahrens. Für die Gäste endet der vergnügliche Abend abrupt. Discobetreiber nennt solche Kontrollen „üblich“
Wegen eines Steuerstrafverfahrens hat ein Großaufgebot der Polizei die Diskothek W3 in Ichenhausen durchsucht.
Ichenhausen Die Uniformierten, die sich vor der Diskothek W 3 in Ichenhausen versammelten, haben sich nicht an das Motto des Abends gehalten: Eigentlich war ja – wie jeden Freitag – „Ladies Night“angesagt. Doch das scherte die Beamten wenig. Frauen und Männer der Polizeiinspektion Günzburg, der Bereitschaftspolizei und der Operativen Ergänzungsdienste Neu-Ulm sind in der Nacht von Freitag auf Samstag kurz nach 1 Uhr im Laufschritt Richtung Disco unterwegs. Sie unterstützen die Steuerfahndung Augsburg „im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens“, wie es in einer eher dürren Pressemeldung des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West heißt. Die „umfassende Durchsuchungsaktion“umfasste neben den Geschäftsräumen der Disco mit angrenzender Spielothek auch weitere Wohn- und Geschäftsräume unter anderem im Raum Günzburg und Augsburg. Wie viele Anwesen tatsächlich durchsucht wurden, das wurde von der Polizei ebenso wenig mitgeteilt wie die konkrete Art der Vorwürfe.
Im Internet wird das rot gestri- chene W 3 mit den Prädikaten „gemütlich“, „zwanglos“und „für Gruppen geeignet“versehen. Beweismittel sollten gesichert werden. Wie die aussehen, ist nicht bekannt; und auch nicht, ob die mit großem Aufwand vorbereitete Razzia ein Erfolg gewesen ist. „Zu diesem Fall dürfen wir nichts sagen. Da gibt es eine Anweisung“, sagt ein Polizist der Günzburger Inspektion auf Nachfrage dieser Zeitung am späten Samstagabend übers Telefon.
Wie die Razzia in etwa abgelaufen ist, das hat ein Smartphone-Besitzer festgehalten. Der nächtliche Einsatz kursiert inzwischen auf zwei kurzen Videos (wir haben hier zwei Standfotos, sogenannte Screenshots abge- bildet). Auf einer der beiden Videosequenzen sind ungefähr 40 Beamte zu erkennen, wie sie sich schnell auf das W 3 zubewegen. Das andere Video zeigt einen DJ der besonderen Art: Dort, wo normalerweise die Musik zusammengemixt wird, steht ein Polizist – flankiert von mehreren Beamten – und macht gegenüber den Gästen eine klare Ansage. Er selbst nennt es „Durchsage“: Die Polizei vollzieht den Durchsuchungsbeschluss der Steuerfahndung Augsburg, sagt er. Und wörtlich: „Das heißt für das Personal, das ist eh schon angesprochen worden durch die Polizei, das bleibt jetzt wo’s ist. Mit dem werden wir jetzt dann nachher weiter klären, wie es hier weitergeht. Für alle Anderen schließt das Lokal heute, der Betrieb ist eingestellt für heute.“Und dann bittet der Polizist die Discogäste übers Mikrofon, „jetzt ihre Jacken mitzunehmen“– jedenfalls die, die herumliegen. Oder aber die Besucher sollen ihre Jacken an der Garderobe abholen. Danach werden sie gebeten, „die Diskothek zu verlassen sowie auch das dazugehörige Außengelände“.
Die Begeisterung war nicht groß, wie man an dem Gegrummel einiger Gäste auf dem Handyvideo hört, doch zügig war das Gebäude geräumt. Die Polizei schreibt in ihrer Pressemitteilung von Durchsuchungen, die „planmäßig durchgeführt“ werden konnten. Während des Einsatzes in Ichenhausen werden allerdings zwei Beamte beleidigt. Was sich die Polizisten anhören mussten, ist der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt gemacht worden.
Ichenhausens Bürgermeister Robert Strobel zeigte sich gestern überrascht. „Ich weiß von der Razzia auch nur über ein Video, das ich zugespielt bekommen habe.“
In einer Stellungnahme auf Facebook, zu der sich die Discobetreiber nach eigenen Angaben wegen vieler Anfragen und falscher Aussagen veranlasst sahen, wird die polizeiliche Durchsuchungsaktion herunter gespielt. Solche Kontrollen durch das Finanzamt seien üblich in Betrieben mit viel Bargeld – gerade in Diskotheken, heißt es. Wichtig war den Verantwortlichen zu betonen, dass das W 3 am Samstagabend ab 21 ganz normal weiterlaufe.
Das war in der Tat so: „Von den Mitarbeitern hat keiner ein Wort darüber verloren, was hier 24 Stunden zuvor geschehen ist“, sagt ein W 3-Besucher, der dort in der Nacht von Samstag auf Sonntag einen Geburtstag mitfeierte. Für die Gäste hingegen ist die nächtliche Razzia das Gesprächsthema.