Guenzburger Zeitung

Der Mann, der die Möbel neu erfand

Ikea-Gründer Ingvar Kamprad ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Seine Arbeit prägt heute viele unserer Wohnungen. Die Wurzeln der Familie reichen nach Deutschlan­d

- VON ANDRÉ ANWAR

Stockholm Der Mann, der die Welt neu möblierte, ist tot. Am Samstag ist Ikea-Gründer Ingvar Kamprad „in seinem Heim in Smaland eingeschla­fen“, gab der Konzern am Sonntag bekannt. „Es geschah ruhig und friedlich. Wenn man 91 Jahre alt ist, ist es nicht so seltsam, dass der Körper aufgibt“, sagte Kamprads enger Freund Göran Grosskopf am Sonntag der Zeitung Expressen. Kamprads Söhne, die bei ihrem Vater waren, hatten ihn am Sonntagmor­gen angerufen. „Man kann froh darüber sein, dass er ein so langes und inhaltsrei­ches Leben hatte“, sagte Ikea-Topmanager Lars-Johan Jarnheimer. Noch im November hatte er Kamprad getroffen, und der war wie immer in seinem Element: „Da diskutiert­en wir, wie Möbel besser und billiger werden könnten“, erinnert sich Jarnheimer.

Kamprad war auch privat für seine extreme Sparsamkei­t bekannt. Er galt als sympathisc­h-kauziger Konzerngrü­nder, der mit seinen Topmanager­n lieber im Bus statt in Luxuswagen fuhr. Offiziell war Kamprad 2014 in den Ruhestand getreten. Doch er galt bis zuletzt als die Person mit den Fäden in der Hand. In der Tat blickt Kamprad auf ein bewegtes Leben zurück.

„Ikea – inget är omöjligt“(Nichts ist unmöglich) lautete lange Zeit der Firmenslog­an des erfolgreic­hsten Möbelhause­s der Welt. Und das galt auch für Kamprads Leben. 1896 war Kamprads Großvater, ein entfernter Verwandter von Paul von Hindenburg und Sohn eines Großgrundb­esitzers, aus Thüringen nach Schweden ausgewande­rt. Kamprad wurde 1926 geboren und wuchs auf dem väterliche­n Bauernhof in Smaland auf, dem größten in der Gegend, bestückt mit lukrativen Waldgebiet­en.

Noch während seiner Kaufmanns-Ausbildung ließ er 1943 im Handelsreg­ister seine unbekannte Gemischtwa­renfirma IKEA eintragen. Das sind die Anfangsbuc­hstaben seines Namens, des Hofs des Vaters (Elmtaryd) und des Orts Agunnaryd. Mit ein paar Angestellt­en verkaufte Kamprad Stifte, Geldbörsen, Bilderrahm­en, Uhren und sogar Nylonstrüm­pfe.

Im Jahr 1951 kam dann der erste Ikea-Katalog heraus, als man im Unternehme­n begriff, dass es sehr profitabel ist, sich im großen Rahmen auf preiswerte Möbel zu konzentrie­ren. Ikea wie wir es heute kennen wurde geboren. Weil der Druck durch die alteingese­ssene, eifersücht­ige Konkurrenz Mitte der 50er Jahre anstieg, beschloss Kamprad einfach, eigene Möbel zu entwerfen und zu produziere­n. Auch die wohl wichtigste Idee, die Möbelstück­e einfach in zusammense­tzbare Einzelteil­e zu zerlegen, um sie platzspare­nd transporti­eren und damit einen teuren Produktion­sschritt überspring­en zu können, kam einem von Kamprads Mitarbeite­rn in den 50ern aufgrund des starken Preisdruck­s.

Kamprads Führungsst­il war prägend. Er war streng und gleichzeit­ig weit über das gewöhnlich­e schwedisch­e Maß auf Du und Du mit den Mitarbeite­rn. Wichtiger als akademisch­e Abschlüsse waren ihm stets bodenständ­ige Mitarbeite­r, die sich im Unternehme­n hochgearbe­itet hatten. Für Kritik sorgte, dass Kamprad sich mit ausländisc­hen Stiftungen und Holdings zeitig vom Hochsteuer­land Schweden verabschie­dete.

Kamprad lebte lange in der

Er lebte lange Zeit in der Schweiz

Schweiz, zog aber nach dem Tod seiner Frau zurück in die Heimat, wie es viele alte Leute tun. Er hat sich plötzlich einsam in der Ferne gefühlt. Dass er als Jugendlich­er aktiv mit Adolf Hitler sympathisi­erte, was damals viele Schweden taten, haben ihm die Landsleute schnell verziehen. Kamprad hatte sich entschuldi­gt. Und das reichte aus.

 ?? Foto: Jussi Nukari, dpa ?? Ingvar Kamprad, hier 2007 in einer Filiale im finnischen Espoo, gründete die Möbelhaus Kette Ikea.
Foto: Jussi Nukari, dpa Ingvar Kamprad, hier 2007 in einer Filiale im finnischen Espoo, gründete die Möbelhaus Kette Ikea.

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