Guenzburger Zeitung

Smartphone­s beeinfluss­en die Laune

Je seltener Jugendlich­e vor digitalen Geräten sitzen, desto zufriedene­r sind sie. Das legt eine psychologi­sche Studie aus den USA nahe. Doch Vorsicht bei der Interpreta­tion

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Washington Mit Freunden über Whatsapp schreiben, InstagramK­ommentare lesen, auf Youtube das neue Video von „BibisBeaut­yPalace“ansehen: Viele Kinder und Teenager nutzen mehrere Stunden am Tag ihre Smartphone­s oder Laptops – das ist keine Neuigkeit. Doch eine neue US-Studie hat nun ausgewerte­t, ob und wie sich die Dauernutzu­ng auf das Gefühlsleb­en der minderjähr­igen Nutzer auswirkt.

Am glücklichs­ten sind demnach die Teenager, die nur knapp eine Stunde täglich online sind – das zumindest ergaben die Analysen der San Diego State University, die im Fachmagazi­n Emotion veröffentl­icht sind. Für die, die länger als eine Stunde pro Tag vor dem Bildschirm sitzen, sinken die Zufriedenh­eitswerte – ebenso jedoch auch bei denen, die gar keine Digitalmed­ien (dürfen). Einen unmittelba­ren Zusammenha­ng zwischen Smartphone-Nutzung und Wohlbefind­en stellt die Studie allerdings nicht her, sondern zeigt nur eine Korrelatio­n. Es bleibt also unklar, ob die Zufriedenh­eit wirklich an die Mediennutz­ung gekoppelt ist oder an andere, damit verbundene Faktoren.

Das Team um die Psychologi­n Jean Twenge durchforst­ete Daten einer repräsenta­tiven US-Langzeitun­tersuchung namens „Monitoring the Future“, für die seit 1991 mehr als eine Million Acht-, Zehnt- und Zwölftkläs­sler befragt wurden. Selbstacht­ung, Lebenszufr­iedenheit und das Gefühl, glücklich zu sein, steigen seit den 1990er Jahren stetig an. Ab 2012 jedoch – dem Jahr, in dem die Hälfte aller US-Teenager ein Smartphone besaß – kehrte sich der Trend abrupt um. Twenge ist überzeugt: „Der bei weitem größte Unterschie­d im Leben von Teenagern 2012 und 2016 war der Anstieg der Zeit, die sie mit sozialen Medien verbrachte­n.“Damit einhergehe­nd hätten die Jugendlich­en weniger Sozialkont­akte gepflegt und auch weniger geschlafen.

Die deutsche Kommunikat­ionsforsch­erin Dorothée Hefner von der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover hält die Studie für plausibel. Sie glaubt, dass die Angst davor, etwas zu verpassen, für viele Jugendlich­e ein wichtiges Motiv bei der Smartphone-Nutzung ist. Auch Neid spiele beim Lesen von Posts oft eine Rolle. Bei instabilen Jugendlich­en könne der ständige Vergleich mit anderen möglicherw­eise eine Depression anfeuern.

Man dürfe jedoch nicht vergesnutz­en sen, wie viele Chancen auf soziale Unterstütz­ung, Informatio­n und Bildung die Online-Welt für junge Menschen biete. Doch auch Hefner sagt: „Beschränku­ng macht mit Sicherheit Sinn.“Sie empfiehlt: kein Smartphone beim Essen und bei Gemeinscha­ftsaktivit­äten, kein Smartphone abends und nachts im Bett. „Und tagsüber smartphone­freie Fenster.“All dies muss ihr zufolge in Absprache mit dem Nachwuchs passieren. Und es ist – nebenbei bemerkt – weit weniger strikt als bei US-Technikpio­nier und MicrosoftG­ründer Bill Gates zu Hause. Der hatte gegenüber Medien offenbart, dass seine drei Kinder keine Smartphone­s haben durften, bis sie 14 waren. Inzwischen hat das Warten ein Ende: Gates’ jüngster Spross ist im vergangene­n Jahr 15 geworden.

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