Guenzburger Zeitung

Wie im Märchen

Es ist einer der Höhepunkte seiner Karriere: Roger Federer holt seinen 20. Grand-Slam-Titel. Der historisch­e Triumph rührt ihn zu Tränen

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Melbourne Als Roger Federer mit dem Norman Brookes Challenge Cup in der Hand zu seiner Siegeransp­rache ansetzte, musste er doch stark mit den Augen blinzeln und seine Stimme kontrollie­ren. „Das Märchen geht weiter, ein Traum ist wahr geworden“, sagte der neue und alte Australian-Open-Champion nach seinem 20. Grand-Slam-Titel. Doch nur wenige Augenblick­e später konnte der 36 Jahre alte Schweizer nach dem finalen Fünf-Satz-Krimi gegen Marin Cilic bei den Dankeswort­en an seine Familie und sein Team die Emotionen nicht mehr zurückhalt­en. Die Tränen schossen Federer in die Augen, Gattin Mirka hielt auf der Tribüne den Moment für die Tennis-Ewigkeit mit ihrem Handy fest. Zum sechsten Mal hat Federer die Australian Open gewonnen.

Nach dem 6:2, 6:7 (5:7), 6:3, 3:6, 6:1 in seinem 30. Grand-Slam-Finale ist er nun – nach seinen MelbourneT­iteln 2004, 2006, 2007, 2010 und 2017 gemeinsam mit Novak Djokovic und Roy Emerson Rekordsieg­er in Down Under. Mit der „unglaublic­hen Zahl“20, wie Federer die magische Marke genannt hatte, dringt er als erster männlicher Profi in eine erlesene Auswahl an Champions ein. 20 oder mehr Titel bei den vier großen Turnieren haben nur Margaret Court (24), Serena Williams (23) und Steffi Graf (22) geholt. „Ich bin so glücklich, es ist unglaublic­h“, sagte Federer, als er den Pokal küsste und seine erfolgreic­he Titelverte­idigung mit den Fans zelebriert­e. Cilic dagegen verpasste seinen zweiten GrandSlam-Titel nach den US Open 2014. Der eigentlich so aufschlags­tarke Kroate kassierte gleich im ersten Spiel ein Break und brachte auch sein zweites Aufschlags­spiel nicht durch, sodass es schnell 4:0 für Federer stand.

Wegen der extrem hohen Temperatur­en hatten sich die Organisato­ren unter Anwendung der Hitzeregel entschloss­en, das Dach der RodLaver-Arena zu schließen. Mit den äußeren Bedingunge­n hatten beide Spieler daher keine Probleme. Nach 24 Minuten sicherte sich Federer nach einem souveränen Auftritt den ersten Satz. Danach aber steigerte sich Cilic. Beim Stand von 5:4 im zweiten Durchgang vergab der 1,98 Meter große Profi seinen ersten Satzball, die Entscheidu­ng fiel im

Tiebreak. Federer kassierte seinen ersten Satzverlus­t im Turnier, für Cilic lief es damit schon einmal besser als im vergangene­n Jahr im Wimbledon-Finale, als er, von Blasen am Fuß geschwächt, klar in drei Sätzen verlor. Von bislang neun Partien hatte Cilic nur eine für sich entscheide­n können: 2014 im Halbfinale der US Open, als er anschließe­nd im Endspiel gegen den Japaner Kei Nishikori gewann. Diesmal war Cilic

physisch fit und legte seine passivverh­altene Spielweise vom ersten Durchgang ab.

Die Partie war zwar nicht immer hochklassi­g mit wenigen spektakulä­ren Ballwechse­ln, lebte aber von ihrer Spannung. Im dritten Satz nahm Federer seinem Kontrahent­en das Aufschlags­piel zum 4:2 ab und holte sich mit einem Ass Durchgang drei. Als Federer anschließe­nd das Break zum 1:0 gelang, schien es nur noch

eine Frage der Zeit bis zum Melbourne-Titel Nummer sechs. Doch Cilic wehrte sich nach Kräften, nahm Federer das Service zum 3:3 und 5:3 ab und machte den 2:2-Satzausgle­ich perfekt. Im fünften Durchgang hielt es Federers Gattin Mirka nur noch selten auf ihrem Sitz. Nach exakt drei Stunden gelang Federer das zweite Break zum 5:1, kurz darauf machte er seinen historisch­en Triumph perfekt.

 ?? Foto: afp ?? Zum 20. Mal kann Roger Federer den Grand Slam Pokal in seinen Händen halten. Diesmal hat er sich sogar zu einem Kuss hin reißen lassen – immerhin gehört er jetzt zu einer erlesenen Auswahl an Champions.
Foto: afp Zum 20. Mal kann Roger Federer den Grand Slam Pokal in seinen Händen halten. Diesmal hat er sich sogar zu einem Kuss hin reißen lassen – immerhin gehört er jetzt zu einer erlesenen Auswahl an Champions.

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