Guenzburger Zeitung

Warum Sportverei­ne Mitglieder verlieren

405 Sportler weniger zählt der Sportkreis Günzburg in diesem Jahr. Dabei steigen bayernweit die Zahlen der Aktiven. Was das mit dem Fußball zu tun hat und welche Rezepte es gegen den Schwund gibt

- VON ALEXANDER SING

Landkreis Es ist eine Zahl, die aufhorchen lässt: 405 Menschen weniger waren Ende 2017 im Vergleich zum Vorjahr in einem Sportverei­n im Landkreis Günzburg aktiv. Das geht aus der Statistik des Bayerische­n Landes-Sportverba­nds (BLSV) hervor. 47 167 waren es 2016, nun sind es 46 747. Nimmt das Engagement im Sportverei­n etwa ab?

Ein Blick auf die Zahlen offenbart: Der Knackpunkt liegt bei der mit Abstand mitglieder­stärksten Sportart im BLSV, dem Fußball. Er hat innerhalb eines Jahres 354 Mitglieder verloren, stellt aber mit 62 Abteilunge­n und 16 272 Aktiven immer noch mehr als ein Drittel der Sportler im Landkreis.

Eine wirkliche Erklärung für den Mitglieder­schwund findet sich nicht. Der BLSV-Kreisvorsi­tzende Fritz Birkner schätzt die Lage aber als wenig dramatisch ein: „Es kann gut sein, dass das im Laufe des Jahres wieder ins Lot kommt. Das zeigt die Erfahrung aus früheren Jahren. In der Saison 2014/15 zum Beispiel hatten wir im Fußball ein Plus von rund 300 Mitglieder­n. Erst, wenn der Trend über die kommenden Jahre anhält, müssen wir uns Gedanken machen.“Auch Helmut Schneider, Vorsitzend­er des Fußballkre­ises Donau, kann die Entwicklun­g nicht erklären: „Wir führen hier keine Statistike­n. Ich kann mir vorstellen, dass es im Jugendbere­ich ein leichtes Minus gibt.“

Der Landkreis geht damit entgegen dem bayernweit­en Trend. Denn im gesamten Freistaat steigt die Zahl der Mitglieder in Sportverei­nen. Angesagt sind Vereine, die Gesundheit­ssport anbieten, also Kurse, in denen Bewegung und Fitness im Vordergrun­d stehen, nicht der sportliche Wettkampf. „Das ist eine Entwicklun­g, bei der wir den Vereinen raten, sie mitzugehen. Ich sehe vor allem im Seniorenbe­reich großes Potenzial.“Helmut Schneider, Vorsitzend­er des Fußball-Kreises Do- nau, der auch den Landkreis Günzburg umfasst, sagt:

„Die zweite Gruppe, um die sich die Vereine bemühen, sind die Kinder und Jugendlich­en. „Die Geburtenza­hlen steigen, da müssen die Vereine sich engagieren“, sagt Fritz Birkner. Besonders beliebt sind hier Fußball, Turnen und Leichtathl­etik. Letztere verzeichne­n einen deutlichen Mitglieder­zuwachs. „Da lerne ich alles Wichtige und das ist entscheide­nd. Es gibt immer mehr Kinder, die nicht einmal mehr einen Ball werfen können. Diese Rückmeldun­g bekommen wir auch von den Schulen. Wir müssen nicht alle für den Sport begeistern, aber er ist nun mal elementar für die Gesundheit.“

Neben der Gewinnung von Mitglieder­n fällt es den Vereinen auch zunehmend schwer, Personal zu bekommen. Denn, um Kurse anbieten zu können, braucht es Übungsleit­er. Um einen Verein am Leben zu erhalten, braucht es einen Vorstand. Dass das nicht immer funktionie­rt, zeigen die Zahlen. Drei Vereine weniger gibt es im Vergleich zu 2016. Entweder sie lösen sich auf, wie das etwa im August 2017 mit der JFG Kötztal passierte. Oder sie fusioniere­n, so wie im Fall des SV Deisenhaus­en-Bleichen.

Dennoch gibt es im Sportkreis Günzburg immer noch 127 Vereine und 294 Abteilunge­n. 36,6 Prozent der Landkreisb­ürger sind laut Fritz Birkner in einem Sportverei­n: „Das ist ein Prozent mehr als der bayerische Durchschni­tt. Aber man muss immer daran arbeiten, das Niveau zu halten und wenn möglich zu steigern.“Als Positivbei­spiel nennt Birkner die Stadt Burgau. Der Bau der Eishalle hat im Landkreis eine auffällige Steigerung der Eissportle­r nach sich gezogen, von 333 in 2016 auf 416. Bemerkensw­ert findet er auch die Zahl der Skisportle­r. „Schließlic­h haben wir hier gar keine Pisten.“

Zudem bilden die Zahlen die Realität nur bedingt ab, in Wirklichke­it sind einige Sportler mehr im Land- kreis aktiv. Zum einen gibt es Sportarten, die nicht im BLSV organisier­t sind. Bestes Beispiel sind die Sportschüt­zen. Ihr Dachverban­d, der Bayerische Sportschüt­zenbund (BSSB), ist nicht Teil des BLSV. Im Landkreis stellen sie aber nach Fußball und Turnen die Sportart mit den drittmeist­en Mitglieder­n. Die drei Gaue Burgau, Günzburg-Land und Krumbach kommen zusammen auf rund 8000 Schützen.

Innerhalb des BLSV komme es laut Kreischef Birkner aber ebenfalls vor, dass Mitglieder­zahlen nicht korrekt sind. „Es kann sein, dass manche Vereine nicht alle Mitglieder melden, zum Beispiel die Passiven. Vielleicht wollen sie so Gebühren sparen. Das heißt aber auch, dass diese Mitglieder keinen Versicheru­ngsschutz genießen. Und das nicht nur beim Sport, sondern bei allem, was mit dem Verein zu tun hat.“Den Schaden hätten im Grunde alle zu tragen, so Birkner. Denn je mehr Mitglieder der BLSV habe, desto mehr Geld bekomme er, vornehmlic­h aus den Fördertöpf­en des Freistaats.

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QUELLE: BLSV AZ INFOGRAFIK

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