Warum Sportvereine Mitglieder verlieren
405 Sportler weniger zählt der Sportkreis Günzburg in diesem Jahr. Dabei steigen bayernweit die Zahlen der Aktiven. Was das mit dem Fußball zu tun hat und welche Rezepte es gegen den Schwund gibt
Landkreis Es ist eine Zahl, die aufhorchen lässt: 405 Menschen weniger waren Ende 2017 im Vergleich zum Vorjahr in einem Sportverein im Landkreis Günzburg aktiv. Das geht aus der Statistik des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV) hervor. 47 167 waren es 2016, nun sind es 46 747. Nimmt das Engagement im Sportverein etwa ab?
Ein Blick auf die Zahlen offenbart: Der Knackpunkt liegt bei der mit Abstand mitgliederstärksten Sportart im BLSV, dem Fußball. Er hat innerhalb eines Jahres 354 Mitglieder verloren, stellt aber mit 62 Abteilungen und 16 272 Aktiven immer noch mehr als ein Drittel der Sportler im Landkreis.
Eine wirkliche Erklärung für den Mitgliederschwund findet sich nicht. Der BLSV-Kreisvorsitzende Fritz Birkner schätzt die Lage aber als wenig dramatisch ein: „Es kann gut sein, dass das im Laufe des Jahres wieder ins Lot kommt. Das zeigt die Erfahrung aus früheren Jahren. In der Saison 2014/15 zum Beispiel hatten wir im Fußball ein Plus von rund 300 Mitgliedern. Erst, wenn der Trend über die kommenden Jahre anhält, müssen wir uns Gedanken machen.“Auch Helmut Schneider, Vorsitzender des Fußballkreises Donau, kann die Entwicklung nicht erklären: „Wir führen hier keine Statistiken. Ich kann mir vorstellen, dass es im Jugendbereich ein leichtes Minus gibt.“
Der Landkreis geht damit entgegen dem bayernweiten Trend. Denn im gesamten Freistaat steigt die Zahl der Mitglieder in Sportvereinen. Angesagt sind Vereine, die Gesundheitssport anbieten, also Kurse, in denen Bewegung und Fitness im Vordergrund stehen, nicht der sportliche Wettkampf. „Das ist eine Entwicklung, bei der wir den Vereinen raten, sie mitzugehen. Ich sehe vor allem im Seniorenbereich großes Potenzial.“Helmut Schneider, Vorsitzender des Fußball-Kreises Do- nau, der auch den Landkreis Günzburg umfasst, sagt:
„Die zweite Gruppe, um die sich die Vereine bemühen, sind die Kinder und Jugendlichen. „Die Geburtenzahlen steigen, da müssen die Vereine sich engagieren“, sagt Fritz Birkner. Besonders beliebt sind hier Fußball, Turnen und Leichtathletik. Letztere verzeichnen einen deutlichen Mitgliederzuwachs. „Da lerne ich alles Wichtige und das ist entscheidend. Es gibt immer mehr Kinder, die nicht einmal mehr einen Ball werfen können. Diese Rückmeldung bekommen wir auch von den Schulen. Wir müssen nicht alle für den Sport begeistern, aber er ist nun mal elementar für die Gesundheit.“
Neben der Gewinnung von Mitgliedern fällt es den Vereinen auch zunehmend schwer, Personal zu bekommen. Denn, um Kurse anbieten zu können, braucht es Übungsleiter. Um einen Verein am Leben zu erhalten, braucht es einen Vorstand. Dass das nicht immer funktioniert, zeigen die Zahlen. Drei Vereine weniger gibt es im Vergleich zu 2016. Entweder sie lösen sich auf, wie das etwa im August 2017 mit der JFG Kötztal passierte. Oder sie fusionieren, so wie im Fall des SV Deisenhausen-Bleichen.
Dennoch gibt es im Sportkreis Günzburg immer noch 127 Vereine und 294 Abteilungen. 36,6 Prozent der Landkreisbürger sind laut Fritz Birkner in einem Sportverein: „Das ist ein Prozent mehr als der bayerische Durchschnitt. Aber man muss immer daran arbeiten, das Niveau zu halten und wenn möglich zu steigern.“Als Positivbeispiel nennt Birkner die Stadt Burgau. Der Bau der Eishalle hat im Landkreis eine auffällige Steigerung der Eissportler nach sich gezogen, von 333 in 2016 auf 416. Bemerkenswert findet er auch die Zahl der Skisportler. „Schließlich haben wir hier gar keine Pisten.“
Zudem bilden die Zahlen die Realität nur bedingt ab, in Wirklichkeit sind einige Sportler mehr im Land- kreis aktiv. Zum einen gibt es Sportarten, die nicht im BLSV organisiert sind. Bestes Beispiel sind die Sportschützen. Ihr Dachverband, der Bayerische Sportschützenbund (BSSB), ist nicht Teil des BLSV. Im Landkreis stellen sie aber nach Fußball und Turnen die Sportart mit den drittmeisten Mitgliedern. Die drei Gaue Burgau, Günzburg-Land und Krumbach kommen zusammen auf rund 8000 Schützen.
Innerhalb des BLSV komme es laut Kreischef Birkner aber ebenfalls vor, dass Mitgliederzahlen nicht korrekt sind. „Es kann sein, dass manche Vereine nicht alle Mitglieder melden, zum Beispiel die Passiven. Vielleicht wollen sie so Gebühren sparen. Das heißt aber auch, dass diese Mitglieder keinen Versicherungsschutz genießen. Und das nicht nur beim Sport, sondern bei allem, was mit dem Verein zu tun hat.“Den Schaden hätten im Grunde alle zu tragen, so Birkner. Denn je mehr Mitglieder der BLSV habe, desto mehr Geld bekomme er, vornehmlich aus den Fördertöpfen des Freistaats.