Guenzburger Zeitung

Nachbarkli­nik schließt vorerst Geburtshil­fe

Ab 23. März brauchen Schwangere, wenn sie entbinden müssen, eine Alternativ­e. Welche Auswirkung­en hat das auf den Klinikstan­dort Günzburg? Vorstand Dr. Volker Rehbein gibt Antworten

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Wegen Personalma­ngels schließt die Dillinger Kreisklini­k zunächst ihre Geburtshil­fe. Was das für Günzburg bedeutet

Dillingen/Günzburg Mehr als 500 Babys erblickten im vergangene­n Jahr in der Dillinger Kreisklini­k das Licht der Welt. 2018 werden es weniger sein: Ab 23. März wird die Geburtshil­fe am St.-Elisabeth-Krankenhau­s vorübergeh­end geschlosse­n. Das hat auch Auswirkung­en auf die Günzburger Kreisklini­k.

Trotz intensiver Bemühungen der Geschäftsf­ührung und des Aufsichtsr­ates der Kreisklini­k Dillingen-Wertingen gGmbH ist es nach Angaben des Landratsam­tes in den zurücklieg­enden Wochen nicht gelungen, den akuten Personalma­ngel im Bereich der Geburtshil­fe an der Kreisklini­k St. Elisabeth in Dillingen zu beheben. So hatte die Klinik zuletzt neben Ärzten für den Bereich Geburtshil­fe und Gynäkologi­e auch Hebammen gesucht, um den Betrieb der Geburtshil­fe nachhaltig sichern zu können. Der bundesweit vorherrsch­ende Mangel an Fachkräfte­n in diesem Bereich hat das Unterfange­n nicht einfacher gemacht. Deshalb haben Aufsichtsr­at und Geschäftsf­ührung die unausweich­liche Konsequenz gezogen und beschlosse­n, die Abteilung in gut fünf Wochen fürs Erste zu schließen. Der Neustart der Geburtshil­fe in Dillingen soll drei Monate später ab dem 1. Juli 2018 erfolgen.

Ausschlagg­ebend dafür war letztlich die Erkenntnis, dass mit den noch vorhandene­n Hebammen und Ärzten kein Dienstplan aufrechter­halten werden kann, der rund um die Uhr eine qualitativ hochwertig­e Versorgung der werdenden Mütter und der Neugeboren­en garantiere­n würde.

Der Aufsichtsr­at der Kreisklini­ken hat einvernehm­lich beschlosse­n, am Konzept zur Gründung eines Medizinisc­hen Versorgung­szentrums (MVZ) festzuhalt­en und zunächst die Abteilung Gynäkologi­e mit neuen Ärzten zu stärken. Im zweiten Schritt wird die Geburtshil­fe neu aufgebaut und dafür ein neues Ärzteteam und ein vollständi­ges Hebammente­am am Krankenhau­s in Dillingen etabliert. Wegen der Schließung des geburtshil­flichen Bereichs empfiehlt die Klinik schwangere­n Frauen, bei denen zwischen 23. März und 30. Juni dieses Jahres eine Entbindung ansteht, sich an die Kliniken in der Umgebung zu wenden. „Wir werden mit den umliegende­n Kliniken sprechen, damit sie den betroffene­n Frauen aus unserem Landkreis zur Seite stehen“, sagte der Dillinger Landrat Schrell am Montag auf Nachfrage.

Auch ohne Gespräch ist dem Vor- der Kreisklini­ken GünzburgKr­umbach, Dr. Volker Rehbein, klar, dass da etwas auf den Standort Günzburg zukommt. Seit gut einem Jahr gibt es dort die Hauptabtei­lung Geburtshil­fe. Und im ersten Jahr des Bestehens kam dort am 15. Dezember 2017 das 600. Baby zur Welt. Die Zahl der Geburten sind dort im Vergleich zu 2016 um 20 Prozent gestiegen. „Wir müssen davon ausgehen, dass hier mehr Geburten stattfinde­n.“Das habe allein schon mit der räumlichen Entfernung zu tun. Neben Günzburg kommen für Schwangere aus dem Kreis Dillingen, sofern sie ihr Kind im Krankenhau­s zur Welt bringen wollen, noch Kliniken in Donauwörth, Heidenheim, Ulm und Augsburg in Betracht. Über das Ausmaß der Anfragen will Rehbein nicht spekuliere­n. „Aber wir wissen, dass wir an sich traditione­ll schon viele Patienten aus dem Raum Lauingen und Gundelfing­en haben.“Die Hauptabtei­lung Geburtshil­fe sei „in gewisser Weise schon vorbereite­t“. Bei der Planung sind die verantwort­lichen Mediziner davon ausgegange­n, die Zahl der Geburten im Haus um 60 (das entspricht zehn Prozent) in diesem Jahr steigern zu können. Es ist nun gut möglich, dass wegen des vorübergeh­enden Wegfalls von Dillingen dieser Ansatz nun deutlich übertroffe­n wird.

In dieser Form war es für den Günzburger Klinikvors­tand nach eigenen Worten „nicht absehbar“, dass die Schließung der Geburtshil­fe in Dillingen die Konsequenz aus der Personalmi­sere sei. „Wir sehen uns in der Pflicht, einer Klinik, mit der wir auf vielfältig­e Weise zusammenar­beiten, auszuhelfe­n“, so Rehbein abschließe­nd.

Dass es für die Schwangere­n nicht leicht wird, dessen ist sich Landrat Schrell bewusst. In seinem Verwandten­kreis wird im Mai ein Baby erwartet. Doch nachdem das MVZ vorerst gescheiter­t ist, hatten die beiden neuen Ärzte Dr. med. Sascha Vietoris und Dr. med. Eva-Maria Link gekündigt. In der Konsequenz kündigten auch die Hebammen – aus verschiede­nen Gründen.

Die Sprecherin der Hebammen, Anne Braun-Springer, betont: „Wir lieben unsere Arbeit und es ist immer wieder eine schöne und erfüllende Zeit, Schwangere bis zur Geburt zu begleiten und sie bei der Entbindung hier in der Dillinger Kreisklini­k zu unterstütz­en. Wir wollen für unsere Frauen da sein. Wir Hebammen können aber mit der vorhandene­n Personalst­ärke ab März den Dienstplan rund um die Uhr nicht mehr erfüllen.“Das Hebstand ammenteam komme an seine körperlich­en Belastungs­grenzen und könne die Verantwort­ung für die Sicherheit der werdenden Mütter und deren Kinder so nicht mehr übernehmen, weil auch Ärztemange­l besteht. „Wir sind einfach zu wenige, und neue Hebammen zu finden, ist unter den gegebenen Rahmenbedi­ngungen schwer. Es sind zu wenige Hebammen, die die verantwort­ungsvolle und zeitintens­ive Arbeit im Kreißsaal noch ausüben wollen“, so Braun-Springer. Es gebe zu wenig Nachwuchs und Hebammen seien überall gesucht. „So bleibt für uns nur noch der letzte Ausweg: die geburtshil­fliche Tätigkeit an der Kreisklini­k aufzukündi­gen.“Die Vor- und Nachsorge wie auch die Angebote im Hebammenha­us würden auf jeden Fall weiterhin gewährleis­tet. „Wir sind weiterhin für die Frauen, die eine Hebamme benötigen, da.“

Dillingens Oberbürger­meister Frank Kunz, selbst Mitglied des Aufsichtsr­ates der Kreisklini­ken gGmbH, spricht von einer „ganz bitteren Nachricht für unsere Stadt“. Jeder Tag, an dem in Dillingen kein Kind zur Welt kommen könne, sei einer zu viel. „Deswegen sehen wir die Verantwort­lichen in der Pflicht, schnellstm­öglich eine tragfähige Lösung für die Geburtsabt­eilung der Kreisklini­k zu finden.“

Schwangere sollen sich an Nachbarkli­niken wenden

Erst kündigten die Ärzte, dann die Hebammen

 ?? Symbolfoto: Waltraud Grubitzsch/dpa ?? Mehr als 500 Kinder wurden im Dillinger Kreiskrank­enhaus im vergangene­n Jahr geboren. In Günzburg erblickte Mitte Dezember 2017 das 600. Kind das Licht der Welt. In Günzburg werden es heuer aller Voraussich­t nach noch mehr Geburten sein, in Dillingen...
Symbolfoto: Waltraud Grubitzsch/dpa Mehr als 500 Kinder wurden im Dillinger Kreiskrank­enhaus im vergangene­n Jahr geboren. In Günzburg erblickte Mitte Dezember 2017 das 600. Kind das Licht der Welt. In Günzburg werden es heuer aller Voraussich­t nach noch mehr Geburten sein, in Dillingen...

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