Silber lässt den Streit vergessen
Für Markus Eisenbichler war kein Platz in der Staffel. Bei der Party im Deutschen Haus überrascht er dennoch
Pyeongchang Dem Vernehmen nach soll’s richtig gekracht haben im deutschen Lager. Doch nach der Silbermedaille im Team-Wettbewerb am Montag wollte darüber keiner mehr reden. Erfolg überdeckt eben doch so manchen Zwist. Das ist bei deutschen Skispringern nicht anders als bei einem Fußball-Bundesligisten. Wer nicht zum Einsatz kommt, hadert. Markus Eisenbichler hat aber anscheinend nicht gehadert und geschmollt, sondern richtig gepoltert. Was ihm am Ende nichts half. Bundestrainer Werner Schuster hatte ihn aussortiert und dafür Stephan Leyhe aus Willingen in die deutsche Fliegertruppe aufgenommen. Ein Risiko, schließlich hatte der 26-jährige Willinger noch keinen Olympia-Einsatz.
Am Ende ging alles gut, was irgendwie auch an Markus Eisenbichler lag. Denn der Siegsdorfer, ebenfalls 26, erwies sich als echter Teamplayer. Er überwand seinen Frust, feuerte seine Kollegen an, freute sich mit ihnen – und feierte die Medaille, als hätte er selbst eine gewonnen. Zu später Stunde, als es im Deutschen Haus hoch herging, legte Eisenbichler einen Schuhplattler aufs Parkett, der sich sehen lassen konnte. Da staunten auch die siegreichen Norweger nicht schlecht, die in Anzug und Krawatte plötzlich vor der Tür standen.
Andreas Wellinger erzählte, dass die Norweger nach den ersten Springen in ihren Hotelzimmern feierten – allein und ohne Bier. Da hätten Richard Freitag und er aus Mitleid eine Einladung fürs Deutsche Haus ausgesprochen. „Cool, dass sie dann plötzlich g’schnäuzt und g’kampelt zur Tür reingekommen sind“, freute sich Wellinger über das Mitfeiern der größten Konkurrenten.
Daniel Andre Tande, Andreas Stjernen, Johann Andre Forfang und Robert Johansson staunten also nicht schlecht, als Eisenbichler seine bajuwarische Tanzeinlage vorführte. Weiß-blaue Tradition kannten sie bislang nur in flüssiger Form. Und auch darum kümmerten sich die deutschen Springer vorbildlich. Spät des Nächtens übernahm Wellinger das Kommando am Zapfhahn. „Ich wollte einfach, dass es denen, die mit uns feiern, gut geht.“Auch seinem Trainer Werner Schuster soll er so manch einen eingeschenkt haben.
Zur Pressekonferenz am nächsten Tag erschien der Kleinwalsertaler nicht, vielleicht auch, weil er nach dem Teamwettbewerb ein Thema in eigener Sache befeuert hatte – seine Zukunft als deutscher Bundestrainer. Auf die Frage, ob er die DSVSpringer auch bei Olympia 2022 in Peking betreuen wird, sagte Schuster: „Das ist schon sehr weit weg. Ich bin zehn Jahre im Amt. In der jetzigen Situation kann ich das nicht seriös beantworten.“„Ich arbeite wirklich intensiv, und stecke total viel Energie rein. Das muss man sich wirklich gut überlegen, wie das weitergeht“, sagte der 48-jährige Österreicher, der noch einen Vertrag bis 2019 hat.
Andreas Wellinger äußerte sich verhalten: „Wir tun alles, damit er motiviert ist. Alles Weitere muss sich der DSV überlegen.“Und der Oberstdorfer Karl Geiger sagte: „Wir würden ihn ganz gerne weiter dabei haben. Aber vielleicht braucht er mal einen Tapetenwechsel und sagt sich, nach zehn Jahren mit uns Eierköpfen brauche ich mal andere Leute um mich rum.“