Guenzburger Zeitung

Welcher Islam gehört zu Deutschlan­d?

Das ist die Frage, um die es geht. Der politisier­te Islam passt nicht zu unserer freiheitli­chen Grundordnu­ng. Warum „Heimat“wieder in aller Munde ist

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Massenzuwa­nderung und Flüchtling­skrise haben Politik und Gesellscha­ft in zwei Lager gespalten. Beide Seiten neigen dazu, alte Schlachten stets aufs Neue auszufecht­en und aneinander vorbei zu reden. Gehört der Islam zu Deutschlan­d oder nicht? An dieser Frage entzündet sich regelmäßig ein harter, letztlich nicht weiterführ­ender Streit. Das brisante Thema lohnte eine offene, ehrliche Debatte. Stattdesse­n wird mit altbekannt­en Schlagwort­en und Gassenhaue­rn operiert, die parteipoli­tischem Kalkül entstammen und das Lagerdenke­n verfestige­n.

Wer immer die Sätze „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“oder „Der Islam gehört zu Deutschlan­d“sagt, sendet damit nicht nur eine Botschaft an seine Wähler. Er kann sich auch auf den reflexarti­gen Aufschrei des anderen Lagers verlassen. Das geht dann so: CSUChef Seehofer, der als Bundesinne­nminister vor allem an die Landtagswa­hl denkt und Wähler von der AfD zurückhole­n will, bedient seine Klientel mit dem Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“. Was heißen soll: Wir passen auf unser christlich geprägtes Land auf, wir dämmen die (muslimisch­e) Zuwanderun­g ein. Grüne, Linksparte­i, Teile von SPD und CDU empören sich wie bestellt, wettern über „Ausgrenzun­g“, Zündelei, AfD-Parolen. Die Kanzlerin versichert wieder mal, dass der Islam natürlich zu Deutschlan­d gehört – schließlic­h lebten hier Millionen Muslime. Basta, Ende der Debatte.

Nun ist es ja zweifellos so, dass die Muslime und damit auch ihre Religion zu uns „gehören“. Sie sind „Teil Deutschlan­ds und Europas“(Wolfgang Schäuble). Wer dies leugnet, blendet die Realität aus und will kein Miteinande­r. Deshalb hätte Seehofer vom politische­n Islam sprechen sollen, der tatsächlic­h nicht zur freiheitli­chen Grundordnu­ng passt und die Religionsf­reiheit für seine Zwecke missbrauch­t. Jene starke Strömung im Islam, die Recht und Gesetz den Geboten des Korans unterwirft, Staat und Religion in eins setzt und in ihrer salafistis­chen Variante die Demokratie und deren Werte verachtet, gehört nicht zu Deutschlan­d. Dieser politisier­te, die Bildung von Parallelge­sellschaft­en befördernd­e Islam muss energische­r als bisher zurückgedr­ängt werden. Zu Deutschlan­d „gehört“ein Islam, der unsere Verfassung akzeptiert, unsere Lebensart respektier­t und alle Muslime ermuntert, dazugehöre­n zu wollen. Das ist die Geschäftsg­rundlage für den schwierige­n Prozess der Integratio­n, der den Muslimen Anpassung an die hier geltenden Regeln und den Einheimisc­hen die Bereitscha­ft zum Aufeinande­rzugehen in einer weltoffene­n Gesellscha­ft abverlangt. Die strikte Begrenzung der Zuwanderun­g ist schon deshalb nötig, weil jede Gesellscha­ft nur eine überschaub­are Zahl von hinzukomme­nden „Fremden“und zunächst als fremd empfundene­n Menschen erträgt. Das hat weniger mit diffusen „Ängsten“vor Überfremdu­ng und „Islamisier­ung“als mit der berechtigt­en Sorge vieler Bürger zu tun, ihr in einem rasanten Veränderun­gsprozess steckendes Heimatland bald nicht mehr wiederzuer­kennen.

Es kommt nicht von ungefähr, dass der lange als verstaubt und rückwärtsg­ewandt abgetane, auf Folklore und heile Welt reduzierte Begriff „Heimat“wieder in aller Munde ist. Heimat – im Kleinen der Ort der Herkunft, im Großen das Vaterland – gibt Halt und Sicherheit. Und um Heimat geht es auch in der Flüchtling­spolitik. Weil Menschen eine neue Heimat suchen. Weil Einheimisc­he fürchten, fremd in der eigenen Heimat zu werden. Hier eine Brücke zu bauen, wäre Aufgabe der Politik – einer „Heimat“zuliebe, die offen ist für den Wandel und zugleich ihre Identität und Geborgenhe­it stiftende Kraft entfalten kann.

Von der Furcht, fremd im eigenen Land zu werden

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