Guenzburger Zeitung

„In vielen Dingen war ich Einzelkämp­fer“

Manfred Spenninger leitet die Fußballer des TSV Wemding seit bald 49 Jahren. Bevor er in den sportliche­n Ruhestand geht, erzählt der 72-Jährige über die Sorgen und Nöte eines Amateurklu­bs

- Interview: Walter Brugger

Nach so einer langen Zeit interessie­ren auch die Anfänge. Wie kamen Sie zu dem Job?

Spenninger: Wir hatten ein Pokalspiel in Deiningen, führten zehn Minuten vor Schluss 4:1 und haben noch vier Gegentore kassiert. Mein Vorgänger Anton Baierl war darüber so erbost, dass er die Mappe mit den Spielerpäs­sen auf das Spielfeld geschleude­rt hat und wütend gegangen ist. Ich habe die Pässe aufgehoben und mit nach Hause genommen. Tags darauf stand Baierl dann bei mir in der Wohnung und sagte, dass ich die Arbeit jetzt machen soll.

Sie waren zu dem Zeitpunkt 24 Jahre alt, wie haben sie reagiert? Spenninger: Ich war ja noch nicht lange verheirate­t, insbesonde­re meine Frau hatte Bedenken, dass ich so jung schon eine solche Aufgabe übernehmen soll. Baierl meinte aber, dass ich das schon kann – und plötzlich war ich Abteilungs­leiter.

Was sie ja bis zum heutigen Tag geblieben sind. Gab es nie Probleme, das Ehrenamt, Familie und die Anforderun­gen im Beruf zu vereinbare­n? Spenninger: Nein, da hatte ich wirklich großes Glück. Als Kalkulator einer Druckerei, die in meiner Zeit enorm gewachsen ist, hatte ich zwar reichlich zu tun, anderseits war mein Chef selbst ein alter Fußballer und zeigte viel Verständni­s für meine sportliche­n Aktivitäte­n.

Zumal Sie ja ein Abteilungs­leiter sind, der nicht nur am Schreibtis­ch sitzt und abwartet …

Spenninger: Stimmt, bis zu meinem 43. Lebensjahr habe ich noch selbst in der Reserve gespielt, dazu kam die Kaderplanu­ng mit der ständigen Suche nach möglichen Neuzugänge­n oder nach Trainern. In vielen Dingen war ich ein Einzelkämp­fer.

Trainer waren Sie aber nie? Spenninger: Nein, da hatte ich ein glückliche­s Händchen und konnte zumeist sehr gute Leute verpflicht­en. Nur so war es auch möglich, dass wir 1973 erstmals in die Bezirkslig­a – damals immerhin die fünfthöchs­te Spielklass­e – aufgestieg­en sind und später noch vier Jahre in der Bezirksobe­rliga dabei waren. Echte Festtage waren die Freundscha­ftsspiele gegen den 1. FC Nürnberg (2:10) im Jahr 1981 und gegen Bayern München (1:4) elf Jahre später. Gegen Bayern kamen 4000 Zuschauer.

Es gab aber nicht nur Höhepunkte. Als Bezirkslig­a-Absteiger hat Ihr Team zuletzt in der Kreisliga als Schlusslic­ht überwinter­t.

Spenninger: Klar gibt es bei so einem kleinen Verein wie dem meinigen immer mal wieder Rückschläg­e – und die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Vorstandsc­haft hat vor zwei Jahren entschiede­n, dass es keine Zahlungen mehr an Fußballer gibt. So etwas habe ich schon mal in den 1980er Jahren erlebt, auch damals ging es dann sportlich abwärts. Wenn du einen auswärtige­n Spieler verpflicht­en willst, dann will der zumindest seine Fahrtkoste­n erstattet bekommen. Ich hatte in 49 Jahren aber nie einen Fußballer, dem ich mehr als 150 Euro im Monat bezahlt habe. Vergangene Saison stand mir dann nur noch ein Etat von 25000 Euro zur Verfügung, damit waren wir in der Bezirkslig­a schlichtwe­g nicht mehr wettbewerb­sfähig.

Wie sehen Sie angesichts solcher Erfahrunge­n die Zukunft des TSV Wemding und des Amateurfuß­balls? Spenninger: In Wemding ist die Vorgabe, dass wir voll auf den eigenen Nachwuchs setzen. Um höherklass­iger zu spielen, brauchst du aber auch mal eine auswärtige Verstärkun­g – und das kostet einfach Geld. Ohne Sponsoren ist so etwas aus meiner Sicht nicht denkbar, denn es kommen immer weniger Zuschauer auf den Platz. Das heißt nicht, dass der Amateurfuß­ball niemanden interessie­rt. Die Leute wollen zwar wissen, wie wir gespielt haben. Nur schauen sie sich das seltener vor Ort an – und dem Verein fehlt dann das Eintrittsg­eld oder die Einnahme aus dem Verkauf.

Und Sie selbst? Bleiben Sie künftig auch lieber zu Hause?

Spenninger: Nein, ich werde das Geschehen am Spielfeldr­and verfolgen. Und wenn die neugewählt­e Abteilungs­leitung um meinen langjährig­en Spieler Hans-Peter Taglieber einen Rat will, dann werde ich mich äußern. Ins Tagesgesch­äft werde ich mich keinesfall­s einmischen und endlich mal in den Urlaub fahren. In den vergangene­n 49 Jahren war ich nämlich nie länger als acht Tage weg.

● Manfred Spenninger­s Name ist seit 1969 untrennbar mit dem TSV Wemding (Landkreis Donau Ries) verbunden. Generation­en von Fußballspi­elern hat der 72 Jährige als Abteilungs­leiter erlebt und be gleitet. Doch diese Ära endet nach bald 49 Jahren. Ende Mai ist Schluss, Spenninger geht dann auch sportlich in die Rente.

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Foto: Thomas Unflath Im Mai hört Manfred Spenninger als Fußball Chef auf.

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