China rächt sich an den USA
Die Volksrepublik erhebt Zölle auf 128 amerikanische Produkte. Das könnte erst der Anfang eines Streits sein, der auch die deutsche Wirtschaft mit Sorge erfüllt
Peking Der Handelskonflikt zwischen Washington und Peking eskaliert: Eineinhalb Wochen nach Inkrafttreten der umstrittenen USZölle auf Stahl und Aluminium folgt die Vergeltung aus China. 128 USProdukte wurden mit Zöllen zwischen 15 und 25 Prozent belegt, wie das chinesische Finanzministerium mitteilte. Betroffen sind demnach unter anderem Wein, Schweinefleisch und Früchte, die aus den USA nach China eingeführt werden. Peking hatte diese Vergeltungszölle, deren Umfang auf rund drei Milliarden US-Dollar beziffert wurden, schon zuvor angedroht.
China argumentiert, seine Zölle sollen „Verluste ausgleichen“, die durch die von den USA verhängten Maßnahmen entstünden. Das Finanzministerium forderte die USA dazu auf, seine „protektionistischen“und „gegen Regeln der Welthandelsorganisation verstoßenden“Maßnahmen rückgängig zu machen: „Chinesische Interessen wurden schwer beschädigt.“
Pekings Reaktion zeige, „dass China niemals Kompromisse eingehen und sich immer gegen unverhältnismäßig hohe Zölle revanchieren wird“, kommentierte die parteinahe chinesische Tageszeitung
Denkbar sind laut Beobachtern Zölle auf weitere US-Agrarprodukte wie Sojabohnen. Davon wären vor allem Landwirte betroffen, von denen viele als TrumpUnterstützer gelten. Auch zahlreiche US-Konzerne wie Apple, die in China produzieren, könnten ins Visier der chinesischen Regierung geraten.
Als Reaktion auf die wirtschaftliche Abschottung der USA unter Donald Trump hatte sich Chinas Führung immer wieder als Vorkämpfer für den Freihandel inszeniert – und betont, dass sie einen Handelskrieg verhindern will. Derzeit gelten in China jedoch im Durchschnitt deutlich höhere Zölle als in Europa und den USA, wo die Handelsschranken im Vergleich am niedrigsten sind. Auch machen ausländische Unternehmen immer wieder ihrem Ärger über den unfairen Wettbewerb in der Volksrepublik Luft.
Bislang sind die 28 EU-Staaten – ebenso wie Kanada, Mexiko, Australien und Argentinien – von den Zöllen ausgenommen. Die Ausnah- me ist aber bis zum 1. Mai befristet. US-Präsident Donald Trump erwartet Entgegenkommen der Europäer an anderer Stelle.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich zuversichtlich, „dass die EU und die USA bis zum Sommer zu einem vernünftigen Kompromiss finden können“, wie er dem sagte. Man sei sich mit der US-Administration einig, gemeinsam gegen Überkapazitäten auf dem weltweiten Stahlmarkt vorzugehen, die ihren Ausgangspunkt auch in China hätten. „Wir suchen nach einer einheitlichen Linie im Kampf gegen Dumpingpreise und den Diebstahl geistigen Eigentums. Und wir wollen Lösungen finden, die mit internationalen Handelsregeln vereinbar sind.“In der EU wird derweil befürchtet, dass noch mehr Stahl aus China auf den europäischen Markt kommt, was eine „Stahlschwemme“mit sinkenden Preisen und Jobverlusten auslösen könnte.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mahnte die Europäer, auch die eigene Politik unter die Lupe zu nehmen. „Es gab vonseiten der USA Behauptungen, dass die EU an einigen Stellen ihren Markt abschotten würde. Das muss geklärt werden und wenn es so wäre, dann wäre es recht und billig, auch vor der eigenen Haustür zu kehren“, sagte der SPD-Politiker.
Die deutsche Industrie wirft indes den Amerikanern eine gezielte Schwächung des internationalen Handelssystems vor. Das Programm der Regierung von US-Präsident Donald Trump sehe zwar eine Reform der Welthandelsorganisation WTO vor, „in der Praxis jedoch untergräbt Washington internationales Handelsrecht“, kritisierte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Zuletzt hätten die USA die überfällige Nachbenennung von WTO-Berufungsrichtern verhindert. Damit drohe eine Lähmung des Streitschlichtungssystems. Kempf sprach von einer „leichtfertigen Blockade“die im Verein mit „fragwürdigen Zollandrohungen und sogenannten Schutzzöllen“das auf Regeln gestützte internationale Handelssystem „an den Abgrund“führe.